Niedrige Zinsen richtig nutzen

07.10.2014

Die niedrigen Zinsen für Baugeld sind eine große Chance für Häuslebauer und Immobilieninvestoren. Wer die aktuelle Lage richtig zu nutzen weiß, kann die aktuellen Konditionen als ein Geschenk des Himmels nehmen.

Die günstigen Sätze bringen allerdings auch einige Gefahren mit sich, über die sich die Kreditkunden klar werden müssen, denn es kommt in der aktuellen Marktlage darauf an, die Risiken der drohenden Zinsfalle klar zu erkennen und mit den richtigen Mitteln zu begrenzen. Wir sprachen darüber mit Robert Annabrunner, Bereichsleiter Vertrieb Drittvertrieb von der auf Immobilienfinanzierungen spezialisierten Postbank-Tochter DSL Bank.finanzwelt: Die Zinsen sind für Schuldner derzeit so günstig wie schon lange nicht mehr, man könnte fast von Schlussverkaufspreisen sprechen. Ist der Kunde gut beraten, soviel Kredit aufzunehmen wie nur irgendwie möglich?

Annabrunner: Dem muss ich gleich widersprechen: Nach unseren Beobachtungen kann man nicht so ohne weiteres von Schlussverkauf sprechen. Bei den Ein- und Zweifamilienhäusern stagnieren die Neubauzahlen. Auf dem Markt für Eigentumswohnungen sieht es anders aus, da ist klar ein Boom erkennbar, weil diese Objekte auch als Kapitalanlage gesucht werden – sowohl von den privaten Kleinanlegern als auch von den institutionellen Anlegern. Hier sehen wir auch klare Umschichtungen von Mitteln aus anderen Assetklassen in den Immobilienmarkt. Das hat übrigens auch dazu beigetragen, dass die durchschnittliche Quote der Eigenmittel bei den Finanzierungen sogar gestiegen ist. Außerdem sehen wir auch eine verstärkte Nachfrage nach Mitteln für Sanierungen, Wärmedämmung oder zum barrierefreien Ausbau. Hier beraten wir auch gezielt über die Förderungsmöglichkeiten durch entsprechende Programme der KfW.

finanzwelt: Welche Risiken geht der Kreditnehmer ein? Wie grenzt man ab, wer wie viel Risiko tragen kann?

Annabrunner: In der augenblicklichen Lage steht die „Zinsfalle" natürlich obenan: Bei den momentan niedrigen Sätzen kann mit einer gegebenen Rate ein relativ großer Kredit bedient werden. Wenn dann nach Ablauf der ersten Zinsfestschreibung (normalerweise nach 10 Jahren) die Sätze um 2 oder 3 Prozentpunkte steigen (etwa von 2 bis 3 % aktuell auf 5 bis 6 %), kann leicht die Situation entstehen, dass die monatlich fällige Rate deutlich steigt: Gerade nach den ersten 10 Jahren kann der Effekt gestiegener Zinsen deutlich höher ausfallen als die Erleichterung durch die bereits geleistete Tilgung. Und dann bleibt natürlich auch immer die Einkommensseite. Eine Veränderung der persönlichen Situation( Arbeitsplatzverlust etc.) kann auch soliden Kalkulationen leicht den Boden entziehen, wenn dann das laufende Einkommen nicht mehr die laufenden Raten deckt. Die Höhe des als Sicherheit anzusehenden Eigenkapitals und Abschätzung des Einkommens sind hier Schlüsselgrößen bei der Beurteilung der Kunden: Ein Beamter steht anders da als etwa ein Freiberufler.

finanzwelt: Welche Möglichkeiten der Absicherung können dem Kunden angeboten werden?

Annabrunner: Die erste Stufe der Absicherung besteht aus unserer Sicht in einer qualifizierten Beratung des Kunden. Die Beispielrechnung für einen Tilgungsplan über die erste Zinsfestsetzung hinaus liefert eine gute Grundlage, auf die dann Sicherheitspolster und die richtige Zinsfestschreibung abgestimmt werden. Dazu gehören höhere Tilgungsanteile, um den aktuellen Zinsvorteil in zusätzliche Werte umzumünzen. Je geringer die Restschulden sind, desto leichter lassen sich gestiegene Zinsen, aber auch etwa veränderte Umstände bewältigen, die zum Verkauf zwingen. Ähnlich wirkt das Eigenkapital. In dieser Hinsicht ist die Sicherheit für die Bank auch ein Stück Absicherung für den Kunden.

(mk)

Interview mit Robert Annabrunner - Printausgabe 05/2014