Metropolflucht lässt Preise steigen

04.10.2021

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Mittel- und Kleinstädte legen zu

Aufgrund steigenden Immobilienkosten in den Großstädten ist laut Interhyp ein fortgesetzter Trend zu beobachten, dass Immobilienkäufer immer häufiger Mittel- und Kleinstädte ins Visier nehmen. Der Baufinanzierungsvermittler hat hierfür untersucht, wie viel Prozent der Menschen aus Metropolen von mehr als einer halben Mio. Einwohner beim Kauf auch eine Immobilie in einer Metropole wählen. „Ein Trend raus aus den Metropolen zeichnet sich schon seit vielen Jahren ab“, so Jörg Utecht. „Auch in der Corona-Krise hat sich dies fortgesetzt.“ Nachdem im Jahr 2019 noch 60 % der Metropolbewohner in einer Metropole kauften, waren es in diesem Jahr noch 57 %. Vor allem Klein- und Mittelstädte rücken immer mehr in den Fokus: Während 2019 noch 17 % der Metropolbewohner eine Immobilie in einer Mittelstadt erwarben, waren es in diesem Jahr bereits 19 %, in den Kleinstädten erwarben in diesem Jahr 15 % der Metropolbewohner, ebenfalls zwei Prozentpunkte mehr als vor zwei Jahren.

Vor allem die sieben in der Interhyp-Untersuchung betrachteten Großstädte haben eine deutliche Metropolflucht zu verzeichnen. Nachdem im Jahr 2019 noch 56 der Hamburger in einer Metropole kauften, waren es in diesem Jahr nur noch 49 %. In Frankfurt sank der Anteil der Metropolkäufer sogar um zehn Prozentpunkte auf 35 %, in Stuttgart sogar um 14 Prozentpunkte auf 36 %. Weniger stark zugenommen die Metropolflucht in Köln, wo statt 54 % im Jahr 2019 nur noch 49 % in einer Metropole kaufen, in München sank der Anteil von ebenfalls 54 % 2019 auf 51 % in diesem Jahr. In Berlin kauften sowohl 2019 als auch 2021 65 % der Immobilienkäufer in einer Metropole. Lediglich in Leipzig gibt es in diesem Jahr mehr Immobilienkäufer, die in einer Metropole kauften als vor zwei Jahren: Nachdem 2019 59 % der Leipziger eine Immobilie in einer Metropole erwarben, waren es in diesem Jahr 62 %. In allen betrachteten Städten war die Metropole der Wahl dann meist die des Wohnortes, zum Teil aber auch eine andere Metropole in Deutschland. „Außer in Berlin und Leipzig gibt es in den betrachteten Metropolen einen zunehmenden Trend, beim Immobilienkauf in mittelgroße Städte auszuweichen“, erläutert Jörg Utecht.

Steigende Preise in Nähe von Metropolen

Aufgrund des abnehmenden Interesses in Metropolen zu leben, steigen die Preise in deren Umland. So müssen Immobilienkäufer, die statt in Stuttgart lieber in Esslingen ein Objekt erwerben, im Schnitt ca. 573.000 Euro bezahlen, 25 % mehr als noch im vergangenen Jahr. Noch teurer ist das Ausweichen aus der Neckarmetropole nach Tübingen: Hier werden 582.000 Euro fällig, 9 % mehr als 2020. Auch im Umfeld von Frankfurt gibt es deutliche Preissteigerungen: So werden in Offenbach mittlerweile 553.000 Euro fällig – 27 % mehr als im Vorjahr. Deutlich moderater fielen die relativen Preissprünge hingegen in der Metropolregion München aus. Hier ist hingegen das absolute Preisniveau deutlich höher: Im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen müssen Immobilienkäufer inzwischen durchschnittlich 983.000 Euro bezahlen, 11 % mehr als im Vorjahr. Über der Millionenmarke liegt Starnberg, wo im Schnitt 1,242 Mio. Euro fällig werden, 2 % mehr als im Vorjahr. Um einiges niedriger liegt hingegen das Preisniveau im westlichen Teil der Metropolregion München: In Augsburg werden durchschnittlich 481.000 Euro fällig, 9 % mehr als im Vorjahr. Über fallende Preise können sich Immobilienkäufer im Landkreis Landsberg am Lech freuen: Hier werden mit durchschnittlich 822.000 Euro 5 % weniger fällig als im Vorjahr. Vor zwei Jahren war der Immobilienerwerb hier jedoch noch deutlich günstiger: Zwischen 2019 und 2020 stiegen die Immobilienpreise um satte 42 %. Steigende Preise verzeichnet auch die Umlandgemeinden von Hamburg, Berlin und Köln: So werden in Pinneberg mit 505.000 Euro mittlerweile 12 % mehr fällig als im Vorjahr, in Potsdam sind die Durchschnittspreise um 17 % auf 609.000 Euro gestiegen. Noch stärkere Preissteigerungen gab es im Kreis Düren, westlich von Köln: Hier werden mit 425.000 Euro 22 % mehr fällig als im Vorjahr. Eine 20 %-ige Preissteigerung gab es in Halle an der Saale. Jedoch ist die Stadt westlich von Leipzig mit durchschnittlich 360.000 Euro noch relativ günstig.

Mehr Eigenkapital, geringere Anfangstilgung

Egal ob in der Metropole oder im Umland: Durch die Preissteigerungen wird für Normalverdiener der Immobilienkauf immer beschwerlicher und es wird mehr Eigenkapital benötigt. Laut Interhyp bringen Immobilienkäufer inzwischen durchschnittlich 130.000 Euro Eigenkapital mit, 14.000 Euro als im Vorjahr. „Der hohe Eigenkapitalbedarf aufgrund der hohen Kaufpreise ist eine Hürde. Es braucht politische Weichenstellungen, um die Kaufnebenkosten zu reduzieren und den Erwerb von Wohneigentum zu erleichtern“, so Jörg Utecht.

Gegensätzlich zum Eigenkapital entwickelt sich hingegen die Anfangstilgung: So lag diese im vergangenen Jahr mit 3,1 % um 0,2 Prozentpunkte unter dem Vorjahreswert. Auch die durchschnittliche Beleihung ist gesunken und lag 2020 mit 81 % um zwei Prozentpunkte unter dem Wert von 2019.

Die Untersuchung zeigt außerdem, dass die Immobilie immer häufiger rein aus Kapitalanalagegründen gekauft wird: Dies war bei 27 % der von Interhyp untersuchten Abschlüsse der Fall, ein Anstieg um zwei Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr. (ahu)