Landflucht: Das Ziel sind Megastädte
30.11.2015
Mobilität von Menschen, Wanderungen in wirtschaftlich starke Zentren, all dies löst einige Fragen zur nahen Zukunft aus. Die Allianz veröffentlicht einen Bericht mit Erwartungen für das Jahr 2030.
2015-12-01 (fw/db) Im Rahmen eines aktuellen Berichts der Allianz SE mit dem Titel "Leben in der Megastadt" zeigt der größte Erstversicherer der Welt wie sich globale Trends rund um städtische Zentren in nur weiteren 14 Jahren entwickeln können.
„Leben in der Megastadt: Wie die größten Städte der Welt unsere Zukunft prägen“
„Bis zum Jahr 2030 werden zwei Drittel der Menschen in Städten, viele davon in sogenannten ‚Megastädten‘ mit mehr als zehn Millionen Einwohnern, leben. Dort entstehen die Trends von morgen und dort müssen wir Antworten auf enorme Herausforderungen finden. Nämlich, wie schaffen wir ein Gleichgewicht zwischen Wachstum, Lebensqualität und Klimaschutz“, prognostiziert Axel Theis, Mitglied des Vorstands der Allianz SE verantwortlich für Global Insurance Lines and Anglo Markets
Schon heute gibt es 29 Mega-Großstädte, Tendenz steigend. Die Bewohner, Gebäude und Infrastrukturen konzentrieren sich extrem auf immer kleinerem Raum. Viele dieser Städte befinden sich in tiefer gelegenen Küstengebieten, die die Folgen von Extremwetterlagen und Klimawandel besonders zu spüren bekommen. Gleichzeitig steigt die Lebenserwartung der Menschen in vielen Ländern der Welt, vor allem in Asien. 2030 werden 15 Prozent der Weltbevölkerung älter als 60 Jahre sein. Dieser Prozess erfasst auch die Megastädte.
Der Bericht der Allianz greift Implikationen dieser Entwicklung auf und beschreibt die Rolle der Versicherung.
„Durch die sich wandelnden Lebensbedingungen in großen Metropolen entstehen neue Bedürfnisse, die wir als Versicherer bedienen müssen, zum Beispiel was das Risikomanagement von Naturkatastrophen angeht, oder die Unterstützung von Infrastrukturprojekten“, so Experte Theis.
Explosionsartiges Wachstum der Megastädte
Die urbanen Räume wachsen rasant und sprengen viele Dimensionen. Überschritten 1950 nur New York und Tokio die 10-Millionen-Einwohner-Marke, werden es 2030 schon über 40 Städte sein. 2020 könnte die Gegend rund um das chinesische Shanghai sogar bereits eine „Gigastadt“ sein – mit 170 Millionen Einwohnern mehr als doppelt so groß wie Deutschland.
„Momentan ist das Wachstum der Megastädte vor allem ein asiatisches Phänomen. Sechs der zehn einwohnerstärksten Städte befinden sich in diesem Teil der Erde. Laut Schätzungen der OECD wächst die Mittelklasse in Asien bis 2020 auf 1,75 Milliarden Menschen. Bis Ende 2014 stammten 11 Prozent unseres für Kunden verwalteten Vermögens aus dieser Region. Der Anteil wird zunehmen“, sagt Jay Ralph, Mitglied des Vorstands der Allianz SE und unter anderem verantwortlich für die globale Vermögensverwaltung.
Woher kommt die Anziehungskraft? Gerade junge Menschen zieht die Aussicht auf Jobs und bessere Infrastruktur in die Städte. Durch die Wanderungsbewegung konzentrieren sich in den Städten Talente, Chancen, und Investments. Nach der OECD ist es daher nur eine Frage der Zeit, bis die Metropolen mehr Wirtschaftskraft haben als ganze Länder.
In der Megastadt der Zukunft werden immer mehr Menschen in kleineren Haushalten leben, denn vielerorts löst sich der traditionelle Familienverbund zunehmend auf. Die Nachfrage nach Wohnraum wird deshalb deutlich ansteigen. Mit innovativer Technologie, zum Beispiel Häusern, die aus 3D-Druckern kommen, lässt sich diese Herausforderung angehen.
Kurze Distanzen sind das A und O
Viele Forscher sehen die Stadt der Zukunft vor allem als kompaktes Gebilde, das geprägt ist von kurzen Wegen.
„Die ideale Stadt besteht aus vielen autonomen Zentren. Die Menschen wohnen und arbeiten in ihren Vierteln und sparen dadurch viel Zeit und Energie. Weniger Autos lassen mehr Platz für Fußgänger und ein Netzwerk an Grünanlagen verbindet die Nachbarschaften. So ein Aufbau verbessert das Klima und lässt mehr Platz für Freizeitaktivitäten und die Produktion von Lebensmitteln“, sagt Thomas Liesch von Allianz Climate Solutions.
Unter dem Gesichtspunkt der Widerstandsfähigkeit haben Wissenschaftler, Politiker und Wirtschaftsvertreter die Vision der Smart City entwickelt. Das Nervensystem der intelligenten Stadt von morgen basiert auf dem Internet: Stromversorgung, öffentlicher Verkehr, Ver- und Entsorgungssysteme sind elektronisch vernetzt. Häuser produzieren ihren Strom selbst und speichern ihn auch, zum Beispiel über leistungsstarke Batteriespeicher. So entsteht ein dezentrales Energieproduktions- und Speichersystem, das im Ernstfall auch die Auswirkungen von Stromausfällen mindert. Verkehrsleitsysteme reagieren auf Echtzeitdaten, reduzieren den Verkehr und leiten ihn bei Bedarf um. Arbeitsplatz und Zuhause verschmelzen. Lieferketten werden optimiert.
Ob diese Planung Realität wird, vermag niemand mit absoluter Sicherheit zu sagen. Es gibt kein Patentrezept, nach dem das Leben in der Stadt der Zukunft funktioniert, wohl aber zahlreiche interessante Ideen und Ansätze für die Bewältigung der drängendsten Herausforderungen in der nahen Zukunft.
Dietmar Braun