Herausstechen aus der Masse
06.02.2025
Carsten Böhme - Foto: Copyright Trencavel Cie
Was bewegt die Branche? Wie gelingt gute Kommunikation? Carsten
Böhme ist Gründer und CEO der Beratungsgesellschaft Trencavel Cie. Wir sprachen mit ihm über Trends und sein Unternehmen.
finanzwelt: Das Branchentreffen in Mannheim liegt hinter uns. Welche Eindrücke nehmen Sie mit?
Carsten Böhme: Die Stimmung in der Branche scheint besser als viele Unternehmensergebnisse und die geopolitischen Spannungen es suggerieren bzw. erwarten lassen. Der über die Jahre kontinuierlich anhaltende Margendruck scheint bei all den Rekordkursen an den Börsen in den Hintergrund zu treten. Gleichzeitig sind Gesprächs- und Informationsbedarf sehr hoch. Die Präsentationen waren sehr gut besucht, die Stände voll. Die Branche hat also viel zu tun und kann mit zumeist guter Performance im Rücken angenehme Beratungsgespräche führen.
finanzwelt: Was hat Sie überrascht (ggf. auch an thematischen Schwerpunkten)?
Böhme: Es ist nicht wirklich überraschend, aber doch frappierend: Das Thema ESG ist genauso schnell wieder verschwunden, wie es in Mannheim vor ein paar Jahren plötzlich aufgepoppt war. Es wird spannend zu beobachten, wo sich das Pendel aber letztendlich hinbewegt.
finanzwelt: Als Kommunikations- und Positionierungsprofi, wo erkennen Sie die zentralen Herausforderungen für die Anbieter?
Böhme: Die größte Herausforderung erlebt man unmittelbar, wenn man das Kongress-Zentrum betritt: Wie schaffe ich es als Anbieter differenziert und deutlich wahrgenommen zu werden? Der Markt — nicht nur die Messehalle — ist überfüllt, sowohl was die Anbieter als auch die Vielzahl der Produkte betrifft. Die zweite Herausforderung liegt bei den aktiven Häusern, die sich dem Druck der ETF’s erwehren müssen. Was ist der konkrete Mehrwert? Wird er wahrgenommen?
finanzwelt: Nach einer Auszeit sind Sie mit eigenem Unternehmen wieder am Markt. An wen richten Sie sich? Gibt es einen “USP”?
Böhme: Bei Trencavel Cie. richten wir den Fokus auf die beiden Kernthemen Reputation- und Change-Management. Auf einem überfüllten Marktplatz, wie es die Asset Management-Branche nun einmal ist, entscheidet die eigene, am Markt wahrgenommene Reputation maßgeblich über den Erfolg — sowie die Anpassungsfähigkeit an neue Herausforderungen, wie zum Beispiel die Integration künstlicher Intelligenz. Dabei betrachten wir die gesamte Wertschöpfungskette und geben strategische Impulse für die Unternehmensstrategie, das Business Development inklusive des Vertriebs bis hin zur eigentlichen internen und externen Kommunikation. Der USP liegt sicherlich in über 30 Jahren Erfahrungen, mit den unterschiedlichsten Aufgabenstellungen: Wir verstehen die Branche, den Vertrieb, die KI-Technologie und die Kommunikation.
finanzwelt: Ueberall greift die Technologisierung um sich. KI im Fondsmanagement. Wo stehen wir hier?
Böhme: Mannheim hat gezeigt, dass wir hier sicherlich noch in der Breite am Anfang der Entwicklung stehen. Einige wenige Anbieter boten konkrete neuartige KI-Lösungen — die meisten jedoch, wenn man genauer hinschaut, allenfalls Effizienzverbesserung bekannter Investmentprozesse. Da ist KI mehr ein Buzz-Word als technologische Kompetenz. Allerdings sollten sich die Anbieter und Investoren nicht täuschen lassen: Nur weil in Mannheim mit dem Retail-Fokus KI im Fondsmanagement eine untergeordnete Rolle gespielt haben mag, heißt das nicht, das im Hintergrund die Entwicklungen nicht sehr viel weiter sind. Es gibt bereits am Markt 100% KI gesteuerte Fonds, zum Beispiel den Omphalos Fund, die einen überzeugenden 3‑Jahres-Track-Record vorweisen können. Hier sind die Lernkurven dann sehr viel weiter als es der Rundgang in Mannheim vermuten lässt. Allerdings sind diese Produkte für Qualifizierte Investoren aufgelegt und daher nicht auf einer Retail-Messe erlebbar. Ich erwarte, dass sich spätestens in 3 Jahren neben den aktiven Fonds und ETFs auch KI-Fonds als eigenständige Produktkategorie etabliert haben werden. (ah)