Erste-Hilfe-Koffer für heikle Gespräche

11.03.2025

Wirtschaftspsychologin Sabine Prohaska - Foto: seminarconsult.at

Nicht nur Führungskräfte, auch Projektleiter und Verkäufer müssen oft Gespräche führen, bei denen sie vorab wissen: Die können heikel werden bzw. aus dem Ruder laufen. Dann ist es hilfreich, für den Bedarfsfall Sätze parat zu haben, die Konflikte auflösen und aus Sackgassen führen.

Schwierige Gespräche müssen Führungskräfte, aber auch Projektleiter und Verkäufer in ihrem Arbeitsalltag oft führen. So zum Beispiel, wenn es gilt, einer Person eine kritische Rückmeldung zu geben. Oder einen Konflikt im Team zu lösen. Oder eine heikle Verhandlung mit Kunden zu führen.

All diese Aufgaben stellen für die Betroffenen stets auch eine emotionale Herausforderung dar. Denn in ihnen schaltet unser Gehirn oft in den „Kampf-“ oder „Flucht-Modus“. Wir neigen in ihnen also wie in einer Bedrohungssituation dazu, entweder zu fliehen oder anzugreifen. Das heißt wiederum:

  • Rationale Gedanken und Überlegungen rücken in den Hintergrund. Und:
  • Wir sind aufgrund unserer emotionalen Anspannung nicht mehr so flexibel wie gewohnt im Formulieren guter, der Situation angemessener Fragen und Antworten.

In heiklen Gesprächssituationen nicht den Kopf verlieren

Wie gelingt es uns in solchen Stress-Situationen, in die wir – mal vorsehbar, mal unverhofft – geraten, die innere Ruhe zu bewahren und die Dynamik weiterhin positiv zu beeinflussen? Unter anderem, indem wir im Gespräch der Situation angemessene, zielführende Formulierungen verwenden. Also sollten wir für solche Situationen passende Sätze parat bzw. verinnerlicht haben.

Als Coach und Trainerin werde ich oft gefragt: „Gibt es ein Rezept für schwierige Gespräche?“ Zumindest ein Patentrezept gibt es nicht, denn sowohl die an solchen Gesprächen beteiligten Personen als auch die jeweiligen Situationen und Konstellationen sind sehr verschieden. Dessen ungeachtet wünschen sich jedoch viele Menschen erprobte Ansätze, die ihnen im Bedarfsfall Sicherheit geben und weiterhelfen.

Wie sage ich das bloß? Acht zielführende Sätze!

Deshalb habe ich nachfolgend acht Sätze aufgelistet, die sich im Führungs- und Arbeitsalltag bewährt haben, unter anderem, weil sie auf eine partnerschaftliche Problemlösung abzielen. Deshalb werden sie auch als empathisch empfunden und sind sie vielseitig einsetzbar. Sie helfen zudem, Vertrauen aufzubauen, Spannungen abzubauen und Gespräche in eine produktive Richtung zu lenken.

Satz 1: „Was wäre für Sie in dieser Situation eine akzeptable Lösung?“

  • Situation: Der Gesprächspartner blockiert oder zeigt Widerstand.
  • Weshalb der Satz hilft: Oft neigen wir dazu, andere Menschen von unserer Lösung überzeugen zu wollen und diese sozusagen als „alternativlos“ zu präsentieren. Doch Druck bewirkt meist Gegendruck und erzeugt häufig Widerstand. Dieser Satz zeigt, dass Sie bereit sind, die Perspektive des anderen zu berücksichtigen und signalisiert Offenheit. Indem Sie Ihren Gesprächspartner in den Lösungsprozess einbinden, fördern Sie eine konstruktive Zusammenarbeit und schaffen Sie den Raum für gemeinsame (neue) Ideen zur Problemlösung.

Satz 2: „Lassen Sie uns kurz innehalten: Mir ist es wichtig, dass wir gemeinsam eine konstruktive, tragfähige Lösung finden.“

  • Situation: Ein Gespräch droht zu eskalieren oder wird hitzig.
  • Weshalb der Satz hilft: Dieser Satz wirkt wie ein „Stoppsignal“ für eine eskalierende Dynamik. Er lenkt den Fokus auf das Ziel des Gesprächs und hilft, die Situation zu beruhigen. Zugleich vermittelt er den Wunsch nach Zusammenarbeit.

Satz 3: „Ich schätze Sie und Ihre Arbeit sehr. Deshalb möchte ich folgenden Punkt offen ansprechen.“

  • Situation: Wenn heikle Themen angesprochen werden müssen, die die Beziehung belasten könnten.
  • Weshalb der Satz hilft: Dieser Satz zeigt, dass Ihre kritische Rückmeldung nicht auf einer mangelnden Wertschätzung Ihres Gegenübers basiert. Indem Sie zunächst Ihre Anerkennung ausdrücken, schaffen Sie die Grundlage für ein offenes, zielführendes Gespräch, bei dem Ihr Gesprächspartner sich nicht angegriffen fühlt.

Satz 4: „Ich habe das Gefühl, dass etwas Wichtiges noch unausgesprochen ist. Ist das so und möchten Sie hierüber sprechen?“ 

  • Situation: Wenn Sie spüren, dass Ihr Gesprächspartner zögert oder sich unwohl fühlt.
  • Weshalb der Satz hilft: Dieser Satz schafft Raum für eine ehrliche Kommunikation. Er zeigt, dass Sie auch die nonverbale bzw. emotionale Gesprächsebene wahrnehmen und bereit sind, zum Beispiel auch über solche persönlichen Dinge wie (diffuse) Ängste und Befürchtungen, Hoffnungen und Erwartungen zu sprechen. Das löst oft Spannungen und Blockaden und führt zu einem tiefergehenden Dialog.

Satz 5: „Ich möchte gerne sicherstellen, dass wir beide vom Gleichen sprechen und dasselbe meinen. Wie sehen Sie das?“

  • Situation: Wenn es um wichtige Entscheidungen oder potenzielle Missverständnisse und divergierende Interessen geht.
  • Weshalb der Satz hilft: Dieser Satz signalisiert ein aktives Zuhören und sorgt für Klarheit. Eventuelle Missverständnisse – zum Beispiel aufgrund der unterschiedlichen Position/Funktion – können erkannt und aus dem Weg geräumt werden, bevor sie zu größeren Problemen führen.

Satz 6: „Lassen Sie uns eine kurze Pause machen, um unsere Gedanken zu sortieren, und danach ruhig, mit einem klaren Kopf weitersprechen.“

  • Situation: Ein Gespräch wird zu emotional oder ist festgefahren.
  • Weshalb der Satz hilft: Eine Pause schafft Raum, um sich zu sammeln und die Emotionen zu beruhigen. Beide Seiten können anschließend mit neuer Energie und einem klaren Fokus weitermachen. Die Problemlösung wird nicht vertagt.

Satz 7: „Was wäre für Sie in dieser Situation der ideale nächste Schritt?“

  • Situation: Wenn jemand Verantwortung übernehmen soll und Sie die Eigeninitiative Ihres Gesprächspartners fördern möchten.
  • Weshalb der Satz hilft: Dieser Satz fordert Ihren Gesprächspartner auf, aktiv mitzudenken und konkrete Vorschläge zu machen. Das Wort „Schritt“ ist dabei besonders hilfreich, da es ein Aktiv-werden sowie zielorientiertes in Bewegung kommen signalisiert. Es regt dazu an, handlungsorientiert zu denken statt sich in abstrakten, diffusen Konzepten zu verlieren. Das fördert die Eigenverantwortung und -initiative und klärt die Erwartungen auf eine umsetzbare Art und Weise.

Satz 8: „Ich verstehe, dass das im Moment schwierig ist. Was können wir tun, um es für Sie einfacher zu machen?“

  • Situation: Wenn der Gesprächspartner mit einer Herausforderung zu kämpfen hat.
  • Weshalb der Satz hilft: Empathie gepaart mit einer gezeigten, konkreten Hilfsbereitschaft senkt den Druck, der auf Ihrem Gesprächspartner lastet, ohne ihn aus der Verantwortung zu entlassen. Das Wörtchen „Wir“ in dem Satz impliziert, dass die Situation nicht einseitig bearbeitet wird. Es zeigt, dass Sie die Herausforderung als solche wahrnehmen und deshalb aktiv Unterstützung anbieten. Zugleich bindet es den Partner in den Prozess ein und fordert ihn auf, (Mit-)Verantwortung zu übernehmen und nach praktikablen Lösungen zu suchen.

So setzen Sie die Rettungssätze erfolgreich ein

  • Tipp 1: Passen Sie die vorgenannten exemplarischen Formulierungen Ihrem Stil und der jeweiligen Situation an. Authentizität zählt!
  • Tipp 2: Kombinieren Sie die Sätze mit aktiven Zuhörtechniken, um den Dialog weiter zu stärken. 
  • Tipp 3: Übung macht den Meister; überlegen Sie, in welchen Situationen bzw. Gesprächen Sie einen dieser Sätze ausprobieren könnten.

Das Lernen hilfreicher Satzformulierungen ähnelt dem Erlernen von Schlüsselsätzen in einer neuen Sprache. Anfangs fühlt es sich oft ungewohnt an, doch je häufiger Sie die Sätze benutzen, desto natürlicher werden sie für Sie. So wie beim Sprachenlernen ermöglichen Ihnen diese „kommunikativen Werkzeuge“, in herausfordernden Situationen flexibel zu reagieren und sicher aufzutreten. Und ebenso wie beim Erlernen einer neuen Sprache gilt: Übung und Wiederholung sind der Schlüssel zum Erfolg.

Ein Gastbeitrag von Sabine Prohaska, Inhaberin des Beratungsunternehmens seminar consult prohaska