Held in zwei Cockpits

22.05.2019

Foto: © Eibner Europa - imago images

Die zweite Katastrophe

Bei vollem Bewusstsein wurden ihm die Lungen abgesaugt. Eine unglaublich schmerzhafte Prozedur. Zur noch schnelleren Genesung sprang er mit offenen Wunden am Kopf in Salzwasser. So ermöglichte er mit eisernem Willen sein Formel 1-Comeback in Rekordzeit – nach gerade einmal 42 Tagen Behandlung. Letztlich wurde er trotz fast tödlichem Horror-Crash mit nur einem einzigen Punkt Rückstand WM-Zweiter und im Jahr darauf erneut Weltmeister. Eine unfassbare Geschichte, die Hollywood mit „Rush“ sogar erfolgreich verfilmte.

Doch das Renncockpit blieb nicht die einzige Wirkungsstätte, in der er heldenhafte Taten vollbrachte. 1979 gründete er seine eigene Fluggesellschaft „Lauda Air“. Weil er von Beginn an den Service perfektionierte und Details optimierte, setzte die neue Airline zum Höhenflug an. Im Jahr 1991 folgte dann der Schock. Ein Flieger der Lauda Air verunglückte in Thailand. Alle 223 Passagiere starben.

Zurück nach Wien mit einem Popstar

In dieser schwarzen Stunde tat Niki Lauda alles für die Aufklärung. Er inspizierte persönlich den Unfallort, suchte mit Beharrlichkeit nach dem Fehler und fand ihn: ein Konstruktionsfehler der Boeing. Daraufhin änderte der amerikanische Flugzeughersteller die Bauweise und erhöhte somit die Sicherheit der Luftfahrt. Experten gehen davon aus, dass Niki Laudas Engagement auf diese Weise viele weitere mögliche Unglücke verhinderte.

So knallhart er als Rennfahrer und Geschäftsmann war, so hilfsbereit war er auch. Während des Bürgerkriegs von Ruanda flog er selbst und auf eigene Kosten eine Maschine von Air Lauda in das gefährliche Krisengebiet – vollgepackt mit Hilfsgütern wie Medikamenten und Nahrungsmitteln. Ein anderer Hilfsflug der besonderen Art bleibt ebenfalls unvergessen: 1998 brachte er den Leichnam seines befreundeten Landsmannes von der Dominikanischen Republik zurück in die Wiener Heimat. Sein Name: Falco. Lauda wählte sogar den Namen der Maschine für seinen Freund mit Bedacht: James Dean, nach dem Hollywood-Idol des Sängers.

Servus, Niki!

So wurde Niki Lauda zum Helden in zwei Cockpits: im Rennwagen und im Flugzeug. Zur Ruhe gesetzt hat er sich nie, auch nicht im Motorsport. Als Ferrari-Berater holte er in den 90ern Michael Schumacher nach Maranello und ebnete damit den Weg für die größte Erfolgsgeschichte der Formel 1. Außerdem unterhielt und informierte er über 20 Jahre bis 2017 die Fans als RTL-Experte. In seiner letzten Rolle brillierte er als Anteileigner und Aufsichtsratschef des bis heute übermächtigen Mercedes-Formel-1-Teams.

Am 20. Mai 2019 trat er endgültig ab, der Gigant Lauda. Sein Körper war nach all den Schlachten einfach zu erschöpft. Wir von finanzwelt ziehen unser Kapperl vor einem Großen, einem Helden. Servus, Niki!