Die Börse gewöhnt sich selbst an Krieg

18.03.2022

Gottfried Urban, Urban & Kollegen Vermögensmanagement, Altötting / Foto: © Urban & Kollegen Vermögensmanagement

Die Muster in Krisenzeiten wiederholen sich. Die Börsen reagieren auf neue Schocks - wie Putins Einmarsch in die Ukraine - mit sofortigen Kursabschlägen. Doch so zynisch es klingen mag: Gibt es keine wirklich neuen negativen Ereignisse, tritt ganz schnell ein Gewöhnungseffekt ein. Neue Tiefstkurse werden wir also erst wieder sehen, wenn Unvorhergesehenes passiert. Im Moment wird jede kleine positive Meldung mit einem Kurssprung belohnt.

Der größte Kurseinbruch passierte beim ersten Schock im Ukraine-Konflikt. Es trat die äußerst geringe Wahrscheinlichkeit ein, dass Russland einen Angriffskrieg beginnt. Eine gute Woche später neue Markttiefs: Putins deutete die Möglichkeit des Einsatzes von Atomwaffen an und löste damit Angst vor einer weiteren Eskalation aus.

Die Invasion Russlands in die Ukraine erschüttert die bisherige Friedenspolitik nachhaltig. Bei allem, was wir heute wissen, wird sie die globale Wirtschaft aber nicht ebenso nachhaltig in ihren Grundfesten erschüttern. Die internationale, westlich geprägte Staatengemeinschaft wird wirtschaftliche Einbußen mit fiskalpolitischen Stützungsmaßnahmen so weit wie möglich kompensieren.

Kaufen in Phasen der Unsicherheit

Im Moment hoffen wir vor allem auf ein Ende des Blutvergießens. Wer aber keine weitere Eskalation über das in den Medien verbreitete Szenario hinaus erwartet, der sollte die Chancen nutzen, die sich jetzt bieten. Orientierung im aktuellen Umfeld kann ein Zitat von Investmentguru Warren Buffet geben: „Die Zukunft ist niemals klar: Schon für ein bisschen Gewissheit muss man einen hohen Preis zahlen. Unsicherheit ist deshalb der Freund von Langfristinvestoren“.

Wer regelmäßig über einen Wertpapiersparplan in ein breit gestreutes Investmentprodukt investiert, nutzt schon automatisch die Kursrücksetzer in Krisenzeiten und verbilligt damit seinen durchschnittlichen Einstandspreis. Einmalige Zuzahlungen beim Investmentsparplan oder die Aufstockung bestehender Depotbestände sind jetzt überlegenswert.

Dabei sollte man die Grundregeln des Investierens beachten. Mittel- und langfristig gut aufgestellt ist man mit Aktien und Aktienfonds, die bei steigender Inflationserwartung eine gewisse Preissetzungsmacht haben. Beispielhaft seien genannt: Infrastrukturfonds, Aktienfonds mit Schwerpunkt auf Produkten des täglichen Bedarfes und niedrig bewertete Digitalunternehmen mit wenig Rohstoffabhängigkeit. Ergänzen lässt sich der Reigen um ökologische Investments und Rohstoffthemen.

Bank-Aktien bergen Risiken

Bei allen Investments sollten eher konservative Bewertungsansätze gelten. Kurzfristig sollte weniger im Bereich des Verarbeitenden Gewerbes investiert werden, denn Rohstoff- und Lieferkettenprobleme belasten. Auch die Korrekturen der hohen Bewertungen vieler Wachstumsunternehmen sind wahrscheinlich noch nicht ganz abgeschlossen. Im Bankensektor drohen bei einem hohen Russland-Anteil Abschreibungsrisiken.

Kolumne von Gottfried Urban, Vermögensverwaltung Urban & Kollegen, Altötting