„Der Mensch ist das Maß aller Dinge“
25.04.2022
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Wie gelingt die Umsetzung?
In der Theorie herrscht also noch Uneinigkeit. Trotzdem ist klar: Für eine Ausrichtung auf Nutzer und ihre Bedürfnisse, muss man diese gut kennen. Gleichzeitig müssen gesellschaftliche Entwicklungen und andere äußere Einflüsse berücksichtigt werden. Nachhaltigkeit und Digitalisierung sind dabei nur die zwei prominentesten Aspekte. Ein Immobiliensegment, das schon länger nutzerorientiert arbeitet, ist der Bereich der Pflegeimmobilien. Ob dabei der „Human Centric“-Gedanke im eigentlichen Sinne eine Rolle spielt, sei erstmal dahingestellt. Senioren haben aber ganz bestimmte Bedürfnisse, die ihre Lebensräume erfüllen müssen, um ihnen das Leben dort überhaupt zu ermöglichen. Laut Verifort Capital-CSO Rauno Gierig gehe die Bedarfsentwicklung schon länger weg von stationären Pflegeeinrichtungen hin zu alternativen Pflegeformen. Die Bewohner wünschen sich mehr Selbstständigkeit, was man ihnen auch ermöglichen wolle. „Wichtig ist, dass am Ende die Immobilien der Betreuung dienen, und nicht die Ausgestaltung der Pflege an den Immobilien ausgerichtet werden muss. Die Bewohner müssen sich wohlfühlen, entsprechend dürfen solche Einrichtungen nicht steril wirken, sondern mehr wie ein Ort, an dem gelebt wird. Hier geht es auch um Details wie die Möbel- oder Farbauswahl. Auch ein Pflegeheim kann Teppiche und Loungesessel haben!“, so Gierig. Vom Standort und seiner Anbindung über eine offene Raumgestaltung und Gemeinschaftsflächen bis hin zum Interieur gehe es immer um die Frage: Wo fühlen sich Menschen wohl?
Ein weiteres Praxis-Beispiel sind die sogenannten „Your Urban Managed Apartments“ der immero Real Estate Group. YUMA sind möblierte Design-Apartments, die voll digital gemanagt und vermietet werden. Sie bieten außerdem ein breites Spektrum an zusätzlichen Leistungen und eine modulare Möblierung, mit der ein Apartment schnell zum Homeoffice wird. Dr. Carsten Schäfer, Gründer und CEO immero Real Estate Group, erklärt: „Das Konzept für unsere YUMA-Apartments ist aus der aktuellen Entwicklung der Arbeitswelt und der aktuellen soziologischen Entwicklung entstanden. Wir haben uns angeschaut, wie sich Mobilität, Zusammenarbeit, temporäres Wohnen und somit auch Aufenthaltsmobilität im beruflichen Kontext im 21. Jahrhundert entwickeln.“ Daraus habe immero eine entsprechende Zielgruppendefinition abgeleitet. Mobile Berufstätige, moderne Nomaden, Professionals und andere urbane Nutzer stehen im Fokus. „Das Konzept haben wir dann um die Anforderungen dieser Zielgruppe herumentwickelt.“ Damit und dem Leitsatz: „YUMA passt sich deinen Bedürfnissen an – nicht umgekehrt!“ entspricht das Konzept ziemlich genau dem „human centered“-Gedanken.
Aus alt mach neu
Eine größere Herausforderung für die Entwicklung stellt der Altbestand an Immobilien dar. Auch er muss auf neue Bedarfe angepasst werden. „So etwas ist immer eine Herausforderung für Bestandsobjekte. Auf dem Level Gebäudelayout lässt sich in der Regel nicht so viel machen. Aber dennoch gibt es viele Möglichkeiten, ältere Objekte besser auf die Nutzerbedürfnisse auszurichten“, meint Rauno Gierig. Neue oder modulare Möblierung, Einrichtung, Designelemente und neue Farben seien eine Lösung, ebenso wie ein modernisiertes Bad. „Es gibt also durchaus viele Möglichkeiten, auch Bestandsimmobilien ‚fit‘ zu machen.“ Dr. Carsten Schäfer bewertet die Umsetzung von modernen Konzepten im Bestand ebenfalls als anspruchsvoll. Grundrisse seien naturgemäß weniger flexibel und das Bauen entsprechend schwieriger. „Trotzdem wird Bestandsrevitalisierung in den nächsten Jahren zunehmend an Bedeutung gewinnen. Ich denke hier etwa an die Obergeschosse von Handelsimmobilien oder freiwerdende Hotelimmobilien, mit denen wir uns bei YUMA beschäftigen. Bei solchen komplexen Aufgaben benötigt man erfahrene Teams. Sicherlich kann auch hier das Anwenden von digitalen Prozessen sehr hilfreich sein, und die Effizienz als auch die Effektivität solcher Projekte steigern“, so der immero-CEO. Seiner Meinung nach wird „Human Centered Design“ an Bedeutung gewinnen und einen kritischen Erfolgsfaktor ausmachen: „Die Immobilienbranche muss sich darauf einlassen und verstärkt in integrierten Geschäftsmodellen denken. Das isolierte Betrachten von Projekten aus einer rein immobilienwirtschaftlichen Perspektive ist nicht mehr ausreichend. Hier findet eine Evolution in der Branche statt.“ (lb)