AfW Positionen zur Bundestagswahl
10.08.2021
Rechtsanwalt Norman Wirth, Geschäftsführender Vorstand Bundesverband Finanzdienstleistungen AfW e.V. / Foto: © AfW
Die Bundestagswahl rückt näher.
Die Sehnsucht nach einfachen Lösungen, die den Wahlberechtigten Patentlösungen vorgaukeln, hat die Wahlprogramme und dort leider auch unsere Branche erreicht. Der AfW hat hier eine klare grundsätzliche Position: Alle von solchen nur scheinbar einfachen Patentlösungen betroffenen Personen bzw. Verbraucher:innen müssen beraten werden (können). Oder, um es konkreter zu formulieren: Beratungsfreie Produkte in der Altersvorsorge darf es nicht geben.
Es ist aus unserer Sicht vollkommen unverständlich, dass unsere Branche in den letzten 15 Jahren eine Regulierung nach der anderen durchlaufen hat, die stets den Verbraucherschutz durch verbesserte Beratungs- und Dokumentationsleistungen als Ziel hatte und nun der Gesetzgeber allen Bürger:innen Finanzdienstleistungsprodukte faktisch beratungsfrei andienen möchte. Wir glauben an die mündigen Bürger:innen/Verbraucher:innen, deren Bedürfnisse so individuell sind, dass Standardlösungen hier schlicht nicht passen. Insbesondere nicht, wenn der Staat diese Produkte entwickelt und managed.
Als Bundesverband Finanzdienstleistung glauben wir hingegen an den Wettbewerb und seine Innovationskraft. Einheitslösungen führen über kurz oder lang zu Stillstand. Welchen Anreiz gäbe es für staatliche Einheitslösungen, Produktinnovationen voranzutreiben oder Kosten zu sparen? Wettbewerb hingegen führt zu Innovationen und Kostenwettbewerb – ob in den Altersvorsorgesystemen oder bei der Krankenversicherung.
In der Altersvorsorge brauchen wir ein gefördertes Produkt, was die sinkenden Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung, zumindest abmildern kann. Die Politik hat gerade sehenden Auges die Riester-Rente zerstört, was für 16 Millionen Deutsche, die einen Riester-Vertrag haben, ein Schlag ins Gesicht bedeutet. Aber: diese Haltung zerstört auch das Vertrauen in ein mögliches Nachfolgeprodukt – wie immer es auch heißen mag. Sollte die Riester-Rente tatsächlich abgeschafft werden - was wir für einen eklatanten Fehler halten würden - bräuchte es unbedingt eine Alternative. Aber eine, die weniger bürokratisch ist und die weiter auf Beratung setzt. Ein rein digitales Produkt mit Opt-Out-Möglichkeit lehnen wir aus den bereits oben genannten Gründen ab.
Auch das Thema Bürgerversicherung sehen wir sehr kritisch. Der PKV-Verband hat ermittelt, dass die Versorgung von Patienten:innen in Ländern mit einer „Einheitskasse“ wie Großbritannien, Frankreich oder den Niederlanden deutlich schlechter als in Deutschland ist. Und wenn die Beitragsbemessungsgrenze wegfallen sollte, kämen höhere Kosten auf die Arbeitgeber:innen zu. Nichts, was wir in Pandemiezeiten und in einer Erholung davon gebrauchen könnten.
Weiter auf Seite 2