Die Lage der Weltwirtschaft hellt sich auf

18.09.2016

Christian Heger, Chief Investment Officer HSBC Global Asset Management / Foto: © HSBC

ASSET ALLOCATION: Die US-Wirtschaft zieht wieder auf, die Stimmung in der Eurozone ist trotz Brexit Votums gut und steigende Rohstoffpreise kommen Brasilien und Russland zugute.

Viele Anleger sehen mit Skepsis auf die weltweit steigenden Aktienkurse mit teilweise neuen Rekordhöhen. Entfernen sich die Börsen von den realwirtschaftlichen Daten? In der Tat mahnt der Blick auf die Unternehmensgewinne zur Vorsicht. So mussten die 500 im S&P-Index enthaltenen US-Unternehmen im zweiten Quartal einen Gewinnrückgang von drei Prozent hinnehmen. In Europa fiel der negative Gewinntrend sogar noch stärker aus. Mittlerweile sind die Gewinne der börsennotierten europäischen Unternehmen niedriger als vor drei Jahren.

Sonderfaktoren lassen Gewinne sinken

Die mangelnde weltweite Gewinndynamik ist auch Folge einiger Sonderfaktoren. In den USA und ebenso in Europa hat der starke Einbruch der Rohstoffpreise die Gewinne im Energie- und Rohstoffsektor deutlich sinken lassen. Hier haben sich die Perspektiven aber wieder aufgehellt. Die stark rückläufigen Investitionen im US-Ölbereich verbessern insbesondere im Energiesektor das Angebots-Nachfrage-Verhältnis. Ohne diesen zyklischen Sektor weisen die US-Unternehmen einen leicht steigenden Gewinntrend aus, der allerdings auch Folge großer Aktienrückkaufprogramme ist.

In Europa drücken zudem die schwachen Ergebnisse aus dem Finanzbereich den Ergebnistrend. Negativzinsen und schwaches Kreditwachstum lassen hier keinen schnellen Trendwechsel erwarten. Für die übrigen Sektoren bleibt es bei dem Bild der letzten Jahre: Das wirtschaftliche Umfeld erlaubt allenfalls leicht steigende Gewinne, ein Gewinneinbruch steht nicht bevor.

Die Situation der Weltwirtschaft hellt sich zudem leicht auf. Trotz Brexit-Votums haben sich die Stimmungsindikatoren in der Eurozone im August oberhalb der Marke von 50 verfestigt. Ein guter Arbeitsmarkt und anziehende Investitionenrücken in den USA die Wachstumsrate von rund zwei Prozent nach enttäuschenden 1,2 Prozent im ersten Halbjahr wieder in Reichweite. Russland und Brasilien dürften dank steigender Rohstoffpreise die Rezession spätestens 2017 hinter sich lassen.

Trotz einer moderat wachsenden Weltwirtschaft gibt die Gewinndynamik allein aber nur wenig Spielraum für steigende Aktienkurse. Vielmehr stellt sich die Frage, ob die Bewertung noch Potenzial bei Neukäufen übrig lässt. Traditionelle Bewertungskennzahlen wie Kurs-Gewinn-Verhältnis oder Kurs-Buchwert-Verhältnis dürften viele Anleger eher skeptisch stimmen. Schließlich liegen die aktuellen Werte allenfalls auf, meist aber oberhalb der historischen Durchschnitte.

Aktien mit hohen Risikoaufschlägen

Risikoprämienmodelle, die das Zinsniveau mit einbeziehen, zeichnen jedoch ein anderes Bild. Angesichts rekordtiefer Zinsen um die Null weisen viele Aktienmärkte immer noch einen ungewöhnlichen hohen Risikoaufschlag aus. Bereits die durchschnittliche Dividendenrendite europäischer Aktien überschreitet die Rendite von Euroland-Staatsanleihen um ein Vielfaches. Zumindest solange das weltweite Niedrigzinsumfeld anhält, haben sich die Aktienmärkte daher noch nicht von ihrem fundamentalen Umfeld gelöst. Insbesondere europäische und asiatische Aktien haben weiter Kursspielraum. Die aktuelle Korrekturphase bietet daher eine Zukaufgelegenheit. 

Kolumne von Christian Heger, HCSBC

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