Warum Kupfer heiß begehrt ist

30.04.2024

Benjamin Louvet. Foto: Ofi Invest Asset Management

„Kupfer steht vor einer Trendwende. 2024 wird aller Voraussicht nach die Nachfrage und damit auch der Preis deutlich steigen“, berichtet Benjamin Louvet, Head of Commodities bei Ofi Invest Asset Management in seinem Gastbeitrag.

Die Kupferproduktion rückt immer mehr in das Interesse der Investoren. So kam gerade die Meldung, dass der australische Bergbaukonzern BHP Billiton seinen Konkurrenten Anglo American in großen Teilen übernehmen und damit zum größten Kupferproduzenten der Welt aufsteigen will.

Der Kupferpreis stand zwar 2023 unter Druck, hat sich aber trotz des Produktionsrückgangs in der Schwerindustrie in Europa, den USA und Asien und auch trotz des Zusammenbruchs des chinesischen Immobiliensektors und des Abbaus der Metallvorräte aus Coronazeiten gut gehalten. Nun könnte jedoch ein neuer langfristiger Trend beginnen.

Ohne Kupfer keine erneuerbaren Energien

Die Kapazitäten von erneuerbaren Energien, allen voran Windkraft und Photovoltaik, haben die Nachfrage nach Kupfer in die Höhe getrieben. Kupfer, der Alleskönner der erneuerbaren Technologien, ist für die Herstellung von Windturbinen, Solarzellen, Elektroautos und Stromnetzen unerlässlich. Ein Beispiel: Für jede Windturbine werden zwischen 950 Kilogramm bis 5 Tonnen Kupfer benötigt.

Da erneuerbare Technologien extrem metallintensiv sind, hat die höhere Nachfrage aus diesen Bereichen die schrumpfende Nachfrage aus den traditionellen Sektoren mehr als ausgeglichen. So stieg die Kupfernachfrage 2023 in China um über 9 % und weltweit um 4 %, trotz des verlangsamten Wachstums.

Knappes Angebot am Weltmarkt

Angesichts dessen, dass die Lagerbestände auf einem historischen Tiefstand sind, sind unserer Meinung nach alle Faktoren gegeben, um die Kupferpreise in den kommenden Monaten und Jahren stark steigen zu lassen. Auf der Angebotsseite rechneten Experten mit einem Kupferdefizit erst nach 2025, da eine Reihe von Kupferminen in diesem Jahr ihre Produktion aufnehmen sollten. Tatsächlich dürfte das Defizit jedoch bereits in diesem Jahr auftreten, da die Kupferindustrie mit einer Reihe von Herausforderungen konfrontiert ist. Eine ist der Rückgang der Produktion in Chile, wo eine Reihe von geologischen Problemen dazu geführt hat, dass die im letzten Jahr prognostizierten Produktionsmengen nicht erreicht werden konnten. Eine weitere ergab sich, als der Oberste Gerichtshof Panamas die Erteilung eines Betriebsvertrags für die Mine Cobre Panama an First Quantum Mineral für verfassungswidrig erklärte. Die betreffende Mine, auf die etwa 2 % der weltweiten Kupferproduktion entfielen, ist seit November 2023 geschlossen.

80 neue Kupferminen werden benötigt

Die Internationale Energieagentur (IEA) schätzt, dass zur Deckung des durch die Energiewende entstehenden Kupferbedarfs 80 neue Kupferminen eröffnet werden müssten. Dies ist ein schwieriges Unterfangen. Die Errichtung einer Mine benötigt im Durchschnitt 17 Jahre. Und derzeit ist kaum ein Dutzend neuer Kupferminenprojekte in Planung.

Immer mehr Länder, vor allem in Europa, haben erkannt, dass ein unterentwickeltes Stromnetz alle Bemühungen um die Energiewende zunichtemachen könnte. Es ist sehr wahrscheinlich, dass viele Länder ihre Netzinvestitionen beschleunigen werden, was zu einer zusätzlichen Nachfrage nach Kupfer führen wird. China arbeitet bereits in diese Richtung. Das Land hat im vergangenen Jahr mehr als 70 Milliarden US-Dollar in die Modernisierung seines Netzes investiert und plant für dieses Jahr ebenso viel. Allein die Investitionen in das chinesische Stromnetz werden sich bis 2030 voraussichtlich auf 500 Milliarden US-Dollar belaufen.

Jedes Gigawatt für KI benötigt 50.000 - 65.000 Tonnen Kupfer

Und dann wäre da noch die künstliche Intelligenz. Die Entwicklung der KI und die dafür notwendigen Rechenzentren benötigen enorme Ressourcen, allen voran Kupfer. Wir schätzen, dass jedes GW der für KI entwickelten Leistung zwischen 50.000 und 65.000 Tonnen Kupfer verbraucht. Wenn man davon ausgeht, dass in diesem Jahr in den USA 5 GW an zusätzlicher Leistung für die künstliche Intelligenz benötigt werden und die USA etwa die Hälfte des KI-Marktes ausmachen, würde dies einen zusätzlichen Kupferbedarf von mehr als 500.000 Tonnen weltweit bedeuten, d. h. mehr als 2% der weltweiten Nachfrage auf einem bereits angespannten Markt.

Wir denken also, dass 2024 das "Jahr 1" eines nachhaltigen Anstiegs der Kupfernachfrage und der Preise sein wird. Laut IFP Énergies Nouvelles und IRIS dürften 90 Prozent der bisher entdeckten Kupferreserven allem aufgrund des hohen Bedarfs an Kupfer für die Energiewende bis 2050 verbraucht sein.“

Marktkommentar von Benjamin Louvet, Head of Commodities bei Ofi Invest Asset Management.