Studie: Pflege war und ist ein Frauenthema
07.02.2013
Der Ruf nach Gleichberechtigung ist groß. Im Pflegebereich gilt dies nicht. Hier müssen und sollen Frauen verstärkt das Betreuen dauerhaft Erkrankter übernehmen. Das lässt sich zumindest aus einer aktuellen Studie der AXA Versicherung in Kooperation mit dem F.A.Z.-Institut ableiten. Die Autoren folgern, dass die häusliche Pflege von Familienangehörigen nach wie vor Frauensache ist. Zudem werden Frauen statistisch gesehen häufiger zum Pflegefall.finanzwelt hakte nach und sprach mit Constanze Hintze, Geschäftsführerin der Svea Kuschel + Kolleginnen, Finanzdienstleistungen für Frauen GmbH in München.
finanzwelt: Die häusliche Pflege von Familienangehörigen ist nach wie vor Frauensache. Was sind nach Ihrer Ansicht die entscheidenden Gründe für diese Feststellung?
Constanze Hintze: Die Zahlen, die durch die jüngste Studie der AXA Versicherung untermauert werden, sprechen hier eine eindeutige Sprache. Es gibt viele Gründe, die für diesen Befund sprechen. Zum einen ist das familiäre Verantwortungsbewusstsein bei Frauen vergleichsweise stark ausgeprägt, Stichwort Familienbande. Viele Frauen möchte Angehörige nicht einem Fremden anvertrauen. Viele Frauen denken zudem, dass sie das besser können. Zudem fühlen sich viele Frauen auch ganz wohl in ihrer "aufopfernden Rolle" und sie bekommen Anerkennung.
finanzwelt: Die aktuelle Studie der AXA Versicherung in Zusammenarbeit mit dem F.A.Z.- Institut belegt: Frauen sind auch häufiger selbst auf Pflege angewiesen - sie machen 68 Prozent aller Pflegebedürftigen aus. Gibt es eine kausale Erklärung, wonach die dauerhafte Pflege eines Erkrankten zum eigenen Krankwerden beitragen könnte beziehungsweise die psychische und physische Leistungsgrenze überschritten wird?
Constanze Hintze: Die körperliche Belastung durch die Pflege einer nahestehenden Person ist nicht zu unterschätzen. Frauen in ihrer Konstitution sind hier immens gefordert und teilweise überfordert. Gleichzeitig sollte man nicht vergessen zu erwähnen, welche Anforderungen die Pflege eines dauerhaft Erkrankten an die Psyche des Pflegenden stellt.
finanzwelt: Ein weiterer Aspekt: Männer vertrauen eher auf familiäre, Frauen auf professionelle Unterstützung. So gehen 70 Prozent der befragten Männer davon aus, dass ihre Lebenspartnerin sie im Fall einer Pflegebedürftigkeit unterstützt, während Frauen dies von ihrem Partner nur zu 56 Prozent annehmen. Sehen Sie diese Befunde in Ihrer täglichen Anlageberatung bestätigt?
Constanze Hintze: Ja, dies kann ich tendenziell so bestätigen. Allerdings kenne ich aus meinem Berufsalltag auch zahlreiche Fälle, in denen Männer sich ganz offen die Frage stellen, ob sie die Pflege von ihrer Partnerin erwarten können und feststellen: Nein, das möchte ich meiner Frau nicht zumuten. Dass Männer es zum Teil als eine Art der Selbstverständlichkeit ansehen, dass sie im Fall der Pflegebedürftigkeit von ihrer Partnerin unterstützt werden, hat natürlich auch etwas mit der klassischen Rollenverteilung (Mann-Frau) und der öffentlichen Darstellung zu tun: es sind Frauen (Krankenschwestern, Nonnen), die pflegen, selten sehen wir männliche Pflegekräfte.
finanzwelt: Wo besteht konkreter Handlungsbedarf im Bereich der Pflegeversicherung?
Constanze Hintze: Nach meiner Meinung ist der Bereich der Pflege als Vorsorgethema noch nicht allgegenwärtig. Bei der Berufsunfähigkeit (BU) ist es mittlerweile bekannt, dass sie ein Muss ist. Das sollte auch bei der Pflegevorsorge so sein. Die Pflegevorsorge ist nun einmal ein Thema, dass von allen Beteiligten gerne nach hinten geschoben wird. Zudem würde ich mir mehr Produktklarheit und Vereinfachung wünschen. Meine Idee wäre, die BU-Policen zu Pflege-Policen weiterzuentwickeln. Hier ist eindeutig die Versicherungswirtschaft gefordert.
Weitere Ergebnisse der Studie können Sie auf der Homepage der AXA Versicherung einsehen.