Skepsis gegenüber EZB
30.05.2016
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Private Haushalte sehen sich als Verlierer der Niedrigzinsen. Die Zinspolitik bewirkt ein Umdenken bei Geldanlagen. Aktien gewinnen an Attraktivität.
(fw/rm) Mehr als die Hälfte der Deutschen ist der Meinung, dass vor allem die europäischen Staatskassen vom andauernden Niedrigzinsumfeld profitieren. Dabei werden Deutschland (57 Prozent) sowie die Krisenstaaten im Euro-Raum (55 Prozent) als die größten Profiteure gesehen. Auch private Unternehmen können nach Ansicht der Befragten Vorteile aus der Zinssituation ziehen, dies sagen 54 Prozent. Privatpersonen hingegen sind die Verlierer der Zinspolitik und leiden nach Ansicht der Befragten unter den niedrigen Zinsen. Dies findet mehr als jeder Zweite (56 Prozent). Auch die Banken sind nach Ansicht von 39 Prozent der Befragten davon besonders betroffen. Dies sind Ergebnisse aus dem aktuellen Anlegerbarometer von Union Investment, einer repräsentativen Befragung deutscher Finanzentscheider in privaten Haushalten. Die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) ist im Alltag der Menschen angekommen und sorgt größtenteils für Skepsis. Knapp drei Viertel der Befragten (72 Prozent) haben gar kein oder nur wenig Vertrauen in die europäischen Währungshüter. Mit Blick auf die eigene finanzielle Situation machen sich 40 Prozent Sorgen über das, was sie über die EZB gelesen oder gehört haben. Dies sorgt dafür, dass sich immer mehr Sparer mit Alternativen für ihre Geldanlagen beschäftigten. 41 Prozent der Sparer halten es mittlerweile für sinnvoll, zumindest einen kleineren Teil ihres Geldes auch in chancenreicheren Anlagen anzulegen. Das sind 5 Prozent mehr als noch Ende 2015.
Umdenken bei der Geldanlage verfestigt sich
„Der gefühlte Leidensdruck der Anleger sorgt offenbar dafür, dass sie sich mit Alternativen für ihre Geldanlage beschäftigen. Diese Entwicklung scheint sich langsam aber stetig zu verfestigen“, kommentiert Giovanni Gay, Geschäftsführer bei Union Investment, die Ergebnisse des Anlegerbarometers. Bezüglich der Einordnung der EZB-Geldpolitik und deren Auswirkungen auf die eigenen Geldanlagen spielt die Beratung eine wichtige Rolle. Jedem Zweiten ist ein persönliches Gespräch mit einem Bankberater wichtig, um in der Menge unterschiedlichster Anlagelösungen die Richtige zu finden. „Diese Zahl unterstreicht die Bedeutung der Beratung bei der Geldanlage. Vorrangiges Ziel sollte es sein, die Sorgen und Ängste der Menschen ernst zu nehmen, aber zugleich Wege zu mehr Ertrag aufzuzeigen. Nur so kann eine Evolution des Sparens angestoßen werden“, betont Gay.
Aktien gewinnen an Attraktivität
Auf der Suche nach geeigneten Geldanlagen rücken die Deutschen näher an die Aktie. Gut ein Drittel (36 Prozent, Vorquartal 35 Prozent) der Befragten findet sie attraktiv. Die großen Verlierer in der Anlegergunst sind Tagesgeld und Lebensversicherungen. Nur noch 22 Prozent (Vorquartal 31 Prozent) bzw. 15 Prozent (Vorquartal 22 Prozent) der Befragten schätzen diese Anlageformen. Gleiches gilt für Festgeld und Sparbuch. Auch hier ist die Attraktivität im freien Fall und sinkt von 23 auf 17 Prozent bzw. von 19 auf 14 Prozent. Das exakte Gegenteil gilt für Geldanlagen in Immobilien, die in der Attraktivität nochmals um vier Prozentpunkte auf 74 Prozent zugelegt haben. Damit stehen sie an der Spitze der Beliebtheit, gefolgt von Investments in Gold mit 55 Prozent (Vorquartal 44 Prozent).
Optimismus für Aktienkurse, Pessimismus für Zinsniveau
Neben der gestiegenen Attraktivität der Aktien sind die Anleger auch optimistisch mit Blick auf deren künftige Kursentwicklung. Drei Viertel der Umfrageteilnehmer gehen davon aus, dass die Kurse stabil bleiben oder leicht steigen. Im Vorquartal waren lediglich 48 Prozent dieser Meinung. Beim Zinsniveau ist für viele Sparer das Ende der Talfahrt noch immer nicht erreicht. Knapp ein Viertel (23 Prozent, Vorquartal 13 Prozent) geht von weiter sinkenden Zinsen aus, 63 Prozent (Vorquartal 64 Prozent) glauben, das Zinsniveau bleibt stabil. Mit steigenden Zinsen rechnen lediglich 11 Prozent (Vorquartal 19 Prozent). Bei der Einschätzung der eigenen finanziellen Situation behalten die Optimisten eindeutig die Oberhand. 89 Prozent (Vorquartal 91 Prozent) erwarten, dass ihre Lage gleich bleibt oder sich leicht verbessert. Das sind genau so viele wie im Vorquartal. Etwas weniger optimistisch, aber dennoch überwiegend positiv sind auch die Erwartungen an die wirtschaftliche Situation in Deutschland: 76 Prozent (Vorquartal 61 Prozent) glauben, dass sich die Wirtschaftslage in Deutschland verbessert bzw. stabil bleibt. Seit Anfang 2001 ermittelt das Marktforschungsinstitut Forsa im Auftrag von Union Investment quartalsweise das Anlegerverhalten. Befragt werden 500 Finanzentscheider in privaten Haushalten im Alter von 20 bis 59 Jahren, die mindestens eine Geldanlage besitzen. Für das zweite Quartal erhob Forsa die Daten von 2. bis 17. Mai 2016. Bei Umfragewerten, die sich nicht zu 100 Prozent addieren, gibt die Differenz den Anteil der unschlüssigen Befragten an. www.union-investment.de