Preisbremse nicht klug durchdacht

20.08.2014

Oliver Weinrich

**Die Mietpreisbremse wurde in den Koalitionsvertrag aufgenommen und zunächst sprangen alle auf den Zug auf. Nun sollen Neubauten von der Mietpreisbremse ausgeschlossen werden. Darüber und über aktuelle Trends und Chancen am Immobilienmarkt sprach finanzwelt mit **Oliver Weinrich, Vorstand Drescher & Cie Immo Consult AG.

finanzwelt: Der Trend zu Betongold hält an und damit kommt die Frage wieder auf, ob wir eine Immobilienblase sehen könnten. Vor allem in Städten mittlerer Größe laufe derzeit der Wohnimmobilienmarkt heiß. Übertriebene Sorge oder sind Vorboten erkennbar?

Weinrich: Das aktuelle, von finanzieller Repression geprägte Kapitalmarktumfeld mit seinen Niedrigzinsen, begünstigt die Anlage in deutsche Wohnimmobilien. Erstmalig seit vielen Jahren steigen Mieten und Kaufpreise auf breiter Front. Viele Investoren unterstellen allerdings dieses Szenario auf ewig und treffen zu wenig Risikovorsorge, um später für ein höheres Zinsniveau gewappnet zu sein. Wir glauben aber nicht, dass wir für deutsche Wohnimmobilien generell von einer Blase sprechen können. Dass die Mittelstädte jetzt auch eine Entwicklung der Großstädte teilweise nachvollziehen, ist natürlich und richtig. Wir sehen die vorhandenen Übertreibungen in einigen Städten aber durchaus skeptisch.

finanzwelt: In der Bundesregierung brodelt der Streit über die geplante Mietpreisbremse. Viel Lärm um nichts oder ist die Bremse ein effizientes Mittel?

Weinrich: Eine Öffentliche Hand, die sich in den letzten Jahrzehnten konsequent aus der öffentlichen Wohnungsbauförderung zurückgezogen hat, kann ich da nicht recht ernst nehmen. Denken Sie beispielsweise an die Verkäufe vieler kommunaler Wohnungsbestände an Privatinvestoren und die Abschaffung der degressiven AFA für Neubauten. Sie hat in der Konsequenz dazu geführt, dass in den wirtschaftlich dynamischen Ballungszentren viel zu wenig neu gebaut wurde. Weil die Mietpreise lange Zeit stagnierten, war das kein Problem. Nun ziehen seit einiger Zeit die Mietpreise an den Hot Spots an und man setzt sich gleich mit einer Mietpreisbremse an die Spitze der populistischen Bewegung. Das Gesetz bekämpft aus meiner Sicht aber nur die Wirkungen, nicht die Ursachen. Im Gegenteil. Schon jetzt ist die Verunsicherung auf der Investorenseite spürbar und kann unseres Erachtens zum Gegenteil des Gewollten führen. Deswegen diskutiert die Politik schon eine generelle Ausnahme des Wohnungsneubaus von der Mietpreisbremse. Noch besser wäre allerdings, Neubau und Sanierung zielgerichtet dort zu fördern, wo die Knappheit am größten ist. Gut gemeint ist hier leider nicht gut gemacht.

finanzwelt: Auch am Gewerbeimmobilienmarkt stehen die Zeichen auf Grün. In- und ausländische Investoren haben im 1. Halbjahr bundesweit gut 17 Mrd. Euro in Büroimmobilien, Einzelhandelsobjekte, Logistikflächen und Hotels angelegt. Wo sehen Sie hier attraktive Nischen?

Weinrich: Wir finden unter antizyklischen Aspekten derzeit Büroinvestments in den Niederlanden spannend. Der Markt leidet an einem Überangebot von Flächen und am großen Verkaufsdruck. Denken Sie zum Beispiel an die vielen deutschen Offenen Fonds in Abwicklung, die dort verkaufen müssen. Sie sollten aber einen erfahrenen Partner vor Ort haben, der das Geschäft versteht. Darüber hinaus finden wir Value-Add-Ansätze, also die gezielte Optimierung und Neuvermietung nicht mehr zeitgemäßer Bestandsimmobilien, derzeit für sehr interessant. Dabei kommt es sehr auf den Track-Record des Managers in diesem spezifischen Segment an. (ah)

Interview mit Oliver Weinrich - Onlineausgabe 03/2014