Nicht unterschätzen: Die Stolperfallen der Dienstunfähigkeit
03.05.2023
BU-Experte Philip Wenzel von BSC erklärt unter anderem, warum eine DU-Klausel sinnvoll, aber nicht unbedingt notwendig ist und worauf man noch so bei der Dienstunfähigkeit achten sollte.
Ich persönlich versteh ja total, warum es 2-in-1-Shampoos gibt. Denn ich würde nur ungern ein Tutorial anschauen, um zu verstehen, wann ich Shampoo und wann ich Spülung verwenden soll oder wie das mit der Pflege überhaupt ist. Auch bei der Berufsunfähigkeits-Versicherung ist es mittlerweile so, dass es viele Sachen einfach inklusive gibt. Bei ein paar Versicherern ist sogar die Dienstunfähigkeits-Klausel immer mit drin. Da die aber nur Beamte brauchen, stellt sich mir die Frage, ob eine DU-Klausel nix kostet oder ob das dann einfach jeder im Kollektiv mitbezahlt. Um das genauer zu beantworten, untersuche ich mal, was BU und was DU ist.
Unterschied BU und DU
Berufsunfähig bin ich, wenn ich aus gesundheitlichen Gründen nur noch zur Hälfte meinen Beruf ausüben kann. Mein Beruf ist genau das, was ich jeden Tag so im Durchschnitt mache. Mal angenommen, ich bin Frisör, aber in meinem Salon muss ich auf Rollschuhen arbeiten, dann bin ich berufsunfähig, wenn ich nicht mehr Rollschuh fahren kann. Der BU-Versicherer darf nicht von mir verlangen, dass ich ohne Rollschuhe Haare schneide. Der Prognosezeitraum liegt in der Regel bei sechs Monaten. Und der fingierte Prognosezeitraum auch. Der fingierte Prognosezeitraum ist wichtiger. Denn meistens ist es sehr schwierig zu beweisen, dass ich in den kommenden sechs Monaten berufsunfähig sein werde. Viel einfacher ist es zu beweisen, dass ich die letzten sechs Monate berufsunfähig war. Und wegen der Fiktion tut der Versicherer dann so, als wäre ich von da an dauerhaft berufsunfähig. Und zu guter Letzt beginnt die Berufsunfähigkeit zu dem Zeitpunkt, den ich behaupte. Selbstverständlich muss ich das beweisen können. Deshalb ist dies oft der Beginn einer Krankschreibung. Das Blöde an einer Berufsunfähigkeits-Versicherung ist, dass ich im Leistungsfall beweisen muss, dass ich berufsunfähig bin. Und dazu muss ich die Krankheit nachweisen, die zur Berufsunfähigkeit führt und außerdem, dass ich nur noch zur Hälfte arbeiten kann oder ein sinnvolles Arbeitsergebnis nicht mehr möglich ist. Dazu muss ich eine Tätigkeitsbeschreibung erstellen, die meine durchschnittlichen Tätigkeiten plausibel darstellt. Das ist nicht trivial. Und wenn etwas unklar ist, dann wird der Versicherer darüber vermutlich diskutieren wollen. Dienstunfähigkeit liegt für Landesbeamte nach § 26 Beamtenstatusgesetz dann vor, wenn ich innerhalb von sechs Monaten drei Monate dienstunfähig war und keine Aussicht besteht, in den kommenden sechs Monaten wieder voll dienstfähig zu werden. Das bedeutet schon mal, dass es hier keine Fiktion gibt. Der Prognosezeitraum und der fingierte Prognosezeitraum müssen beide erfüllt sein. Der Klugscheißer spricht hier von einer kumulativen Verknüpfung. Wenn ich also dem Dienstherrn nicht nachweisen kann, dass ich in den kommenden sechs Monaten krank bleibe, dann bin ich nicht dienstunfähig. Hinzu kommt, dass der Dienstherr mich zu Fortbildungen zwingen kann, um mich innerhalb meines Amtes zu versetzen. Diese Tätigkeit kann auch geringerwertig sein. Es ist also nicht der zuletzt ausgeübte Beruf versichert, sondern alle Berufe, die meinem Dienstherrn so einfallen. Aber ich muss weiter meinem Dienstherrn dienen. Wenn ich beim Land verbeamtet bin, kann ich in der Regel nicht vom Lehrer zum Sekretär werden, da das Sekretariat meistens aus Kommunalbeamten und nicht aus Länderbeamten besteht. Außerdem bin ich dienstunfähig ab dem Zeitpunkt der Entlassung oder Ruhestandsversetzung. Es gibt hier keine Leistung rückwirkend zum Beginn der Krankheit. Aus dieser Perspektive lässt sich leicht erklären, dass eine DU-Klausel kein Geld kostet.
Warum ist die DU-Klausel so wichtig für Beamte?
Das liegt in erster Linie daran, dass die Beweisführung so einfach ist. Die Entlassungsurkunde oder die Ruhestandsversetzung reichen in der Regel zusammen mit einem amtsärztlichen Zeugnis aus, damit der Versicherer leistet. Das ist dann eine sogenannte echte DU-Klausel. Eine fast echte Klausel dürfte prüfen, ob es nur medizinische Gründe für die DU gibt und eine unechte darf widerlegen, dass eine DU vorliegt. Aber das nur am Rande. Und wenn wir uns erinnern, dass gut 40 % der Anträge auf BU-Rente im Sande verlaufen, weil der Kunde sich nicht mehr meldet, dann erkennt jeder sofort den Mehrwert einer DU-Klausel. Wenn ich aber einen Lehrer mit einer BU-Versicherung günstiger versichern kann als mit einer Versicherung mit DU-Klausel, dann sollte ich schon mal diskutieren, ob der Lehrer sich nicht lieber das Geld spart und sich davon im Leistungsfall einen Experten leistet. Der kostet dann vielleicht ein paar Euro, aber wenn wir bei einem Beamten Leistung wegen Berufsunfähigkeit beantragen, dann können wir das rückwirkend zum Eintritt der Erkrankung. Und da hier schon mindestens sechs Monate – in der Praxis sind das eher 12 bis 24 Monate – vergangen sein müssen, bevor der Beamte in den Ruhestand versetzt wird, kann der Experte gern diese Rentenleistung haben. Die Beiträge über die Laufzeit sind immer noch gespart. Unterm Strich hilft eine echte DU-Klausel, um unkompliziert an sein Geld zu kommen. Ich rate allerdings, nicht voreilig eine bestehende BU-Versicherung zu kündigen, wenn diese deutlich günstiger ist und vor allem dann nicht, wenn zwischenzeitlich Vorerkrankungen anzugeben sind. Da muss aber jeder Vermittler für sich entscheiden, ob er es sich im Leistungsfall zutraut oder ob er einen Experten kennt, der helfen kann. Bei mir ist es trotz allem immer noch so, dass die allermeisten Beamten sich mit einer DU-Klausel wohler fühlen. Und das ist dann auch ok mit mir.
Philip Wenzel
Biometrie-Experte
Spezialist für Arbeitskraftabsicherung
BSC GmbH