(Natur-)Katastrophen-Bilanz 2014

06.01.2015

Wie jedes Jahr zum Jahresstart zog der größte deutsche Rückversicherer Bilanz über die globalen Großschäden durch Naturkatastrophen. Der Gesamtschaden sank, ein Risikoforscher sagt warum.

2015-01-07 (fw/db) Das Ausbleiben von sehr schweren Katastrophen und eine ruhige Hurrikan-Saison im Nordatlantik haben die Schäden aus Naturkatastrophen 2014 deutlich niedriger ausfallen lassen meldet der Rückversicherer Munich Re. Das teuerste Ereignis gemessen am Gesamtschaden war mit 7 Milliarden US-Dollar der Zyklon Hudhud in Indien. Rund 7.700 Menschen kamen bei den Naturkatastrophen ums Leben. Die Gesamtschäden sanken von 140 Milliarden in 2013 um 30 Milliarden auf 110 Milliarden US-Dollar.

„Dass die Naturkatastrophen im vergangenen Jahr weniger Menschenleben gekostet haben, ist – bei aller Tragik im Einzelfall – eine gute Nachricht. Und diese Entwicklung ist nicht nur zufällig. Vielerorts funktionierten Frühwarnsysteme besser. Behörden brachten Menschen bei heraufziehenden Wetterkatastrophen konsequent in Sicherheit, so vor Auftreffen des Zyklons Hudhud auf die Ostküste Indiens und des Taifuns Hagupit auf die Küste der Philippinen“, sagte Torsten Jeworrek, Mitglied des Vorstands von Munich Re. _„Die in 2014 niedrigeren Schäden dürfen uns aber nicht in Sicherheit wiegen, denn insgesamt hat sich die Risikosituation nicht verändert. Es gibt keinen Anlass, für 2015 einen ähnlich gemäßigten Verlauf zu erwarten. Eine Vorhersage für ein einzelnes Jahr ist aber nicht möglich.“

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Wetter und Klima kosten Geld

Den höchsten Anteil (92 Prozent) bei den schadenrelevanten Naturkatastrophen entfielen auf Wetterereignisse. Auffällig war die deutlich unterdurchschnittliche Hurrikan-Saison im Nordatlantik, wo sich nur 8 starke und daher benannte Stürme bildeten; der langfristige Durchschnitt (1950-2013) liegt bei 11. Dagegen war die tropische Wirbelsturmsaison im Ostpazifik von überdurchschnittlich vielen Stürmen geprägt, die meist aber nicht auf Land trafen. Ein Sturm im Ostpazifik, Hurrikan Odile, zog der Halbinsel Baja California entlang Richtung Norden und verursachte in Mexiko und südlichen Staaten der USA einen Schaden von 2,5 Milliarden US-Dollar. 1,2 Milliarden US-Dollar davon waren versichert. Im Nordwestpazifik trafen vergleichsweise viele Taifune auf die japanische Küste, der Schaden blieb aber wegen der dort hohen Bau- und Infrastrukturstandards gering.

„Die beobachteten Muster passen gut zu dem, was in einer entstehenden El-Niño-Phase erwartet werden kann. Diese Ausprägung der Klimaschaukel ENSO (El Niño Southern Oszillation) im Pazifik beeinflusst Wetterextreme auf der ganzen Welt“, sagte Peter Höppe, Risikoforscher von Munich Re.

Im Nordatlantik lagen die Wassertemperaturen niedriger als im Durchschnitt. Zudem hemmten atmosphärische Bedingungen wie geringere Luftfeuchtigkeit und stärkere Scherwinde die Entstehung von tropischen Wirbelstürmen. Auch Ereignisse wie die heftigen Stürme und Starkniederschläge in Kalifornien im Dezember nach zuvor langer Dürre passen zum El-Niño-Muster.

„Die Wissenschaft geht überwiegend davon aus, dass eine leichte bis moderate El-Niño-Phase bis Mitte 2015 anhalten dürfte. Das könnte die Häufigkeit von Tornados in den USA erhöhen, nach unterdurchschnittlichem Anfall in 2014. Sofern, wie zurzeit von diversen Instituten vorhergesagt, die El-Niño-Phase zur Jahresmitte wieder ausklingt, wären im Atlantik in der Hauptphase der Tropensturm-Saison keine dämpfenden Effekte mehr durch die ENSO-Oszillation zu erwarten“, sagt Risikoforscher Höppe.

Risikoforschung und Prävention wirken

Die teuerste Naturkatastrophe des Jahres, der Zyklon Hudhud, zeigte zugleich, wie sinnvoll Maßnahmen der Behörden zur Schadenbegrenzung wirken. Hudhud erreichte am 10. Oktober über dem Golf von Bengalen seine größte Stärke und war mit Windgeschwindigkeiten von mehr als 190 km/h ein Sturm der Kategorie 4 von 5. Am 12. Oktober traf er bei der indischen Hafenstadt Visakhapatnam an Land, einem wichtigen Wirtschaftszentrum der Region Andhra Pradesh mit 2 Millionen Einwohnern. Teilweise fielen mehr als 120 Liter Regen pro Quadratmeter in 24 Stunden. Aufgrund der Warnungen des indischen Wetterdienstes hatten die Behörden etwa eine halbe Million Menschen evakuiert und in sichere Unterkünfte gebracht. Dadurch blieb die Zahl der Todesopfer für eine Katastrophe dieser Stärke mit 84 niedrig. Von den Gesamtschäden von etwa 7 Milliarden US-Dollar waren etwa 530 Millionen US-Dollar versichert - ein vergleichsweise kleiner Anteil, jedoch nimmt die Versicherungsdichte in Indien erfreulicherweise stetig zu.

Ähnlich verhielt es sich bei Taifun Hagupit, der am 6. Dezember die philippinische Insel Samar traf und dann Kurs auf die Hauptinseln mit der Hauptstadt Manila nahm. Bei Landfall war Hagupit ein Taifun der Stufe 3 mit Windgeschwindigkeiten von teilweise mehr als 175 km/h. Damit war der Sturm zwar schwächer als Supertaifun Haiyan ein Jahr zuvor, bei dem mehr als 6.000 Menschen gestorben waren, aber dennoch sehr zerstörerisch. Vor dem Auftreffen von Hagupit hatten die Behörden 165.000 Menschen entlang der Zugbahn evakuiert. 18 Menschen kamen ums Leben.

Die Erde bebt – erste Warnsignale

Einem Weckruf kam ein Erdbeben im Napa Valley in Kalifornien gleich, das sich am 24. August nahe der Stadt Napa ereignete. Napa liegt in einer hochgefährdeten 70 km breiten Zone mit mehreren Verwerfungen, die zum San-Andreas-Graben gehören. Dort verschiebt sich die Pazifische Platte im Westen gegen die Nordamerikanische Platte im Osten mit etwa 6 cm pro Jahr. Das Beben wies eine Magnitude von 6,0 auf, für diese Region keine außergewöhnliche Stärke. Dennoch wurden zahlreiche Gebäude erheblich beschädigt. Der gesamtwirtschaftliche Schaden betrug etwa 700 Millionen US-Dollar, davon waren 150 Millionen US-Dollar versichert. Im bedeutenden Weinanbaugebiet dieser Region wurden in vielen Betrieben Maschinen zur Weinverarbeitung beschädigt und Lagerbestände zerstört.

„Das Beben zeigt, dass die Region San Francisco auf weitere, auch größere Beben vorbereitet sein muss. Vorhersagen lassen sich diese allerdings nicht“, sagte Höppe.

Eiskaltes Amerika

Die größten Schäden in Nordamerika verursachte der ungewöhnlich kalte Winter. Wochenlanger strenger Frost in weiten Teilen der USA und Kanadas sowie starke Schneefälle mit Blizzards insbesondere an der Ostküste verursachten 2014 Schäden von 3,7 Milliarden US-Dollar, davon waren 2,3 Milliarden US-Dollar versichert.

„Schadenrelevante durch Gewitter bedingte Unwetter, in der Fachsprache konvektive Ereignisse, nehmen in verschiedenen Regionen wie etwa den USA und in Mitteleuropa nachweislich zu. Hagelschläge können extreme Schäden verursachen. Daher haben Maßnahmen zur Verringerung der Schadenanfälligkeit beispielsweise von Gebäuden größte Bedeutung“, sagte Risikoforscher Höppe.

Verhagelte Bilanz in Europa

In Europa kam es im Sommer wie schon im Jahr zuvor wieder zu einem sehr teuren Hagelsturm. Auslöser war das Sturmtief Ela, das im Juni mit hohen Windgeschwindigkeiten und örtlich bis zu 10 cm großen Hagelkörnern über Frankreich, Belgien und den Westen Deutschlands hinweg zog. Der Gesamtschaden betrug 3,5 Milliarden US-Dollar (2,5 Milliarden Euro), davon waren 2,8 Milliarden US-Dollar (2 Milliarden Euro) versichert. In Deutschland verursachte dieser Hagelsturm Gesamtschäden von 1,2 Milliarden US-Dollar (880 Millionen Euro) und versicherte Schäden von 890 Millionen US-Dollar (650 Millionen Euro).

Dietmar Braun