Koalitionsverhandlungen: Whatever it takes

05.03.2025

Über Nacht haben die CDU/CSU und die SPD den größten fiskalpolitischen Wandel in Deutschland seit Jahrzehnten angekündigt. Bevor die Legislaturperiode des alten Bundestages endet, beabsichtigen sie, drei wichtige Maßnahmen genehmigen zu lassen.

Erstens, die Einführung eines Infrastruktur-Investitionsfonds von 500 Milliarden Euro, der über 10 Jahre verteilt eingesetzt werden soll. Zweitens, die Reform der "Schuldenbremse" des Landes, um Verteidigungsausgaben über 1% des BIP von der Berechnung auszuschließen, was die Verteidigungsausgaben aus inländischer Sicht effektiv unbegrenzt macht (obwohl EU-weite Beschränkungen weiterhin gelten). Drittens, die Zulassung eines Defizits von 0,35% für die Bundesländer, die derzeit überhaupt kein Defizit haben dürfen. Technisch gesehen ist die Unterstützung der Grünen notwendig, um diese Maßnahmen im Parlament durchzusetzen, aber angesichts ihrer grundsätzlichen Ansichten zur Schuldenbremse und zu Infrastrukturausgaben wird dies als Formalität angesehen.

Auswirkungen auf Haushaltsdefizit erst zeitverzögert spürbar

Sowohl die Zahlen als auch der Einstellungswandel sind bemerkenswert. Wir haben bereits in der Vergangenheit darauf hingewiesen, dass Deutschland mehr investieren und weniger sparen muss, und im Vergleich zu den G7-Staaten ist es in der seltenen Position, dafür ausreichend Spielraum zu haben. Obwohl mehr Details nötig sind, um die Auswirkungen der Änderungen auf die Wirtschaft und das mögliche Haushaltsdefizit richtig einschätzen zu können, sieht es zunächst so aus, als ob der größte Teil des potenziellen Wachstumseinflusses erst mit einer gewissen Verzögerung zu spüren sein wird, da Investitionen Zeit zur Realisierung benötigen. Eine grobe Schätzung von JP Morgan am Mittwochmorgen deutete darauf hin, dass das Defizit 5,5% des BIP erreichen könnte, obwohl dies nicht unbedingt ihr Basisszenario ist, da mehr Informationen benötigt werden.

Nach der Wahl gingen wir und die meisten anderen Marktteilnehmer zwar davon aus, dass mehr fiskalische Ausgaben sowie Änderungen an der Schuldenbremse anstehen würden, insgesamt wurden aber keine riesigen Zahlen erwartet.

Deutliche Abweichung von fiskalischen Normen

Nun werden die geplanten Maßnahmen zwar nicht ganz den gleichen Markteinfluss haben wie die berühmte "Whatever it takes"-Rede von Mario Draghi im Juli 2012. Trotzdem geht die neue Regierung in eine ähnliche Richtung, was die im Raum stehenden Zahlen und die deutliche Abweichung von Deutschlands jüngsten fiskalischen Normen angeht.

Die Märkte reagierten entsprechend in den frühen Handelsstunden am Mittwoch mit steigenden Aktien, engeren Kreditspreads und einem deutlichen Abverkauf von Bundesanleihen zu Handelsbeginn. Wann genau zusätzliches Angebot an Bundesanleihen auf den Markt kommen wird ist noch unsicher, aber die Richtung ist ziemlich klar.

Ändert sich die geldpolitische Haltung der EZB?

Für Investoren wird es nun darauf ankommen, ob dies die geldpolitische Haltung der Europäischen Zentralbank (EZB) verändert. Wie bereits erwähnt, sind die Details zu den Plänen noch spärlich, daher glauben wir nicht, dass die EZB sofort Anpassungen vornehmen wird, aber es besteht die Möglichkeit, dass sie dies letztendlich tun wird. In einer Rede in der letzten Woche wies EZB-Vorstandsmitglied Isabel Schnabel darauf hin, dass das erhöhte Angebot an Staatsanleihen Teil der Erklärung dafür ist, warum der reale Zinssatz r* (der Zinssatz, auf den die Wirtschaft langfristig konvergieren soll, sobald die aktuellen Schocks ihren Lauf genommen haben) heute höher ist als vor 2008. Bisher sind die Erwartungen an den Endzinssatz für die Eurozone um etwas mehr als 10 Basispunkte gestiegen, was kein besonders starker Anstieg ist.

Die Märkte erwarten immer noch, dass die EZB morgen um 25 Basispunkte senken wird. Aber dieser massive Fiskalplan kommt zu einem Zeitpunkt, an dem die Inflation noch nicht ihren Zielwert erreicht hat, was in die Überlegungen der Zentralbank einfließen muss.

Renditen sind gestiegen

Aus Sicht internationaler Investoren sehen die Renditen auf in Euro denominierte Vermögenswerte attraktiv aus. Das Rollen eines monatlichen EUR/USD-FX-Forwards fügt den Euro-Renditen etwa 200 Basispunkte hinzu, wenn sie in Dollar abgesichert werden, und die Renditen sind aufgrund dieser Nachrichten deutlich gestiegen. Der beste Weg, um die attraktiven Renditen in Europa zu nutzen, erfolgt unserer Meinung nach über Kredite und nicht über Staatsanleihen, mit hohen Gesamtrenditen, die durch wirtschaftlichen Rückenwind unterstützt werden, der weiterhin robuste Kennzahlen antreiben sollte.

Marktkommentar von Felipe Villarroel, Portfoliomanager bei TwentyFour Asset Management.