Gutes tun – für sich und andere?

21.10.2024

Prof. Dr. Christoph Juhn Professor für Steuerrecht, Steuerberater JUHN Partner GmbH / Foto: © JUHN Partner GmbH

Mehr als 25.000 rechtskräftige Stiftungen gibt es in Deutschland. 90 % davon sind laut Datenbank des Bundesverbandes deutscher Stiftungen steuerbegünstigt und verfolgen gemeinnützige Zwecke. Beim Rest handelt es sich beispielsweise um Familienstiftungen, die laut dem Bundesverband in den vergangenen Jahren einen Anstieg verzeichnet haben. Kein Wunder: Sie gelten als modernes Mittel, um nicht nur mit Privatvermögen gesellschaftlichen Wandel zu bewirken, sondern auch überdurchschnittlich Steuern zu sparen.

So geht Familienstiftung: Die Praxis

Prinzipiell gibt es zwei Arten von Stiftungen – solche unter Lebenden und solche von Todes wegen (§ 83 BGB). Zudem lassen sie sich nach ihrem Zweck unterscheiden. Privatnützige Familienstiftungen sollen das Wohl einer Familie sichern und das Vermögen des Stifters in seiner Gesamtheit bewahren. Entsprechend eignet sich diese Form auch für Unternehmer, die innerhalb der Verwandtschaft keine geeigneten Nachfolger finden. Das ist sowohl zu Lebzeiten als auch von Todes wegen möglich. Bei Letzterem verfügt der Stifter beispielsweise in einem Testament oder Erbvertrag, dass aus dem Nachlass eine Stiftung errichtet werden soll. Das Vermögen gehört hier der Stiftung und wird als „selbstständige Vermögensmasse“ definiert, die etwa aus dem Privat- oder dem Betriebsvermögen des Stifters entsteht. Neben Geldmitteln kann dieses sogenannte Ausstattungsvermögen auch Wertpapiere, Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Rechte oder sogar Kunstgegenstände enthalten. Dabei muss es so hoch sein, dass sich der Stiftungszweck erfüllen lässt. Entsprechend erkennen Behörden Stiftungen oft erst ab 50.000 oder 100.000 Euro Mindestkapital an. Außerdem unterliegen rechtsfähige Stiftungen der Kapitalerhaltungspflicht. Das bedeutet: Sie müssen ein Grundstockvermögen, bestehend aus Ausstattungsvermögen sowie eventuellen späteren Zuwendungen, erhalten – und das trotz laufender Verwaltungskosten und Abgaben an den Fiskus.

Familienstiftung und Fiskus

Privatnützige Familienstiftungen unterliegen grundsätzlich der Steuerpflicht, und das bereits bei der Übertragung des Vermögens an die Stiftung. Hier wird die Schenkung- oder Erbschaftsteuer fällig. Alle 30 Jahre muss zudem die Erbersatzsteuer an den Fiskus abgeführt werden. Es werden auch die Begünstigten besteuert. Erhalten sie Ausschüttungen, müssen sie Einkommensteuer (Kapitalertragsteuer) zahlen. Allerdings ist die laufende Besteuerung auf Stiftungsebene deutlich geringer als beim Privatvermögen der Familie. Anstatt des Einkommensteuertarifs greift die Körperschaftsteuer von pauschal 15 %, wobei ein Freibetrag von 5.000 Euro geltend gemacht werden kann. Außerdem ist die Familienstiftung nicht gewerbesteuerpflichtig und für Veräußerungsgewinne aus Kapitalgesellschaften entfällt nur eine Minimalsteuer von etwa 0,8 %. Diese Minimalbesteuerung gilt auch für Dividenden, wenn die Familienstiftung eine Mindestbeteiligung von 10 % an der ausschüttenden Kapitalgesellschaft hält. Daher kann die Familienstiftung insbesondere bei Thesaurierung als steuerschonendes Investitionsvehikel genutzt werden. In der Praxis haben umfassende Lösungen zur Steuerersparnis ganz unterschiedliche Formen. So ist Schritt eins etwa die Überführung der GmbH eines Unternehmerehepaares in eine Holdingstruktur. Erst dann folgt die Gründung der Familienstiftung, in die beispielsweise die Ehefrau ihre Immobilien einbringt. Zwar wird so Grunderwerbsteuer fällig, es ermöglicht aber einen sogenannten AfA-Step-up, so dass Mieteinnahmen, die nun der Stiftung gehören, nur mit 15 % Körperschaftsteuer belegt werden. Die Ehefrau erhält von der Familienstiftung Tilgungsleistungen und Zinsen, wodurch ihr finanzielles Einkommen nahezu gleich bleibt. Tilgungsleistungen haben dabei den Vorteil, dass sie steuerfrei bleiben.

So geht Stiftung gemeinnützig

Bei gemeinnützigen Stiftungen fließen die Einnahmen hingegen in die Förderung von Kunst, Kultur, Sport, Gesundheits- oder Bildungswesen sowie den Schutz von Natur und Umwelt. Dabei gibt der Gesetzgeber vor, wie die Verteilung der Erträge erfolgt. Mindestens zwei Drittel des Geldes müssen wohltätigen Zwecken zukommen. Den Rest darf die Stiftung thesaurieren. Welche Mittel im Detail wohin fließen, bestimmt der Stiftungsrat. Im Idealfall orientiert er sich dabei neben den klaren Richtlinien in der Stiftungsatzung, die den Willen der Stifter repräsentieren, auch an der eigenen Expertise im Bereich Vermögens- bzw. Unternehmensmanagement. Um ihren Zweck zu erfüllen, muss zudem mit der Gründung ein entsprechend großes Stiftungsvermögen zur Verfügung stehen. Ein Stiftungsvermögen ab 100.000 Euro hat sich hier als Maßstab etabliert, wobei die staatliche Aufsicht im Einzelfall prüft, ob diese Prämisse erfüllt wird.

Altruismus trifft auf Steuervorteil

Für Menschen, die Geld einem guten Zweck zukommen lassen möchten, ist die gemeinnützige Stiftung das optimale Vehikel – insbesondere da sie ganz nebenbei auch für Steuervorteile sorgt. Ein Beispiel? Ein erfolgreicher Unternehmer möchte in seiner Heimatstadt die Oper durch eine gemeinnützige Stiftung unterstützen. Ohne dass Schenkungsteuer anfällt, hat er als ledige Einzelperson nicht nur die Option, bis zu 1 Mio. Euro an die Stiftung zu übertragen, er kann dieses Geld auch steuermindernd als Sonderausgabe über die eigene Einkommensteuererklärung absetzen. Gemäß der vorher detailliert ausgearbeiteten Stiftungssatzung profitiert die Oper künftig auch dann, wenn der ursprünglich vorgesehene Betrag irgendwann aufgebraucht ist. Denn die Stiftung legt einen Teil des übertragenen Vermögens gewinnbringend an. Ist der Unternehmer zudem noch im Stiftungsvorstand, kann er selbst kontrollieren, ob Fördergelder beispielsweise talentierte Nachwuchskünstler unterstützen oder wie viel vom jährlichen Gewinn thesauriert werden soll.

Kolumne von Prof. Dr. Christoph Juhn,
Professor für Steuerrecht,
Steuerberater
JUHN Partner GmbH