Gewinner und Verlierer im Vertrieb oder Vertriebsweg

23.04.2015

Vermittlungsunternehmer haben es nicht leicht. Politik, Verbraucherschutz und Medien haben die Berufsgruppe im Fokus. Welcher Vermittler-Status oder Vertriebsweg ist zukünftig Gewinner und wer sind die Verlierer?

2015-04-24 (fw/db) Unter dem Motto „VEMA eG, weil‘s einfach passt!“ besuchten 1.753 Makler und 446 Fachausteller und deren Mitarbeiter die diesjährigen VEMA-Tage 2015 in Fulda. Am ersten Tag, dem Fachmessetag mit Podiumsgespräch und Vorträgen der VEMA-Vorstände, waren es 841 Maklerunternehmer und die 446 Fachausteller. Zum zweiten Tag, dem Weiterbildungstag mit 29 Fachvorträgen und der ordentlichen Hauptversammlung der Maklergenossenschaft besuchten 912 Versicherungsmakler. Die VEMA Versicherungs-Makler-Genossenschaft e.G. ist heute die größte Maklergenossenschaft in Deutschland.

Im Podiumsgespräch „Sind unsere Verbände mit der richtigen Strategie für uns unterwegs?“ vor über 2.100 Fachbesuchern ging es um Grundfragen, ob die von der Verbraucherschutz-Lobby getriebenen Regulierungswut als Verbraucherpolitik in Europa und Deutschland praxisnah ist und mit welcher Strategie der Schutz der Arbeitsplätze in den mittelständischen Vermittlungs-Unternehmen erfolge. VEMA-Vertriebsvorstand Andreas Brunner war es gelungen alle relevanten Verbände an einen Tisch zu bekommen.

Wolfgang Marzin, vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) als der Experte für Außendienst- und Maklerfragen sagte: „Wir haben einen hautengen Kontakt zur Politik. Vor allem beim Lebensversicherungs-Reformgesetz (LVRG) geht es um eine Absenkung in Höhe von 37,5 Prozent bei den bilanziellen Abschreibungen der Vertriebskosten. Hier soll Druck auf die deutschen Versicherer aufgebaut werden die Abschlusskosten zu senken. Das wurde beim als Verband der Versicherer als Mahnung aus der Politik verstanden. Entsprechend werde jetzt gehandelt. Honorarberater seien für die Versicherungsvermittlung ohne Zulassung. Für Versicherer gäbe es keine Honorarberatung, wohl aber einige Netto-Tarife.“

Für den Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute e.V. (BVK) erklärte Andreas Vollmer in der Podiumsrunde: „Wir sind in einer Marktwirtschaft. Das gibt den Versicherungsunternehmen das Recht sich zu differenzieren. Wir schreiben aktuell die führenden Maklerversicherer an, was sie denn wirklich im Schilde führen. Courtagen und Provisionen sind das soziale Vergütungsmodell. Der BVK müsse mit der Politik reden, wie das Kerngeschäft der Vermittlungsunternehmer funktioniere. Die Wahrnehmung wie das Geschäft eines Versicherungsmakler funktioniere ist weder in der Politik noch in der breiten Öffentlichkeit vorhanden.

Dr. Hans-Georg Jenssen stellte für den Verband Deutscher Versicherungsmakler (VDVM) klar: „Wir haben mit unserer Strategie erreicht, dass die zuvor geforderte Offenlegung der Abschlusskosten nicht mehr erfolgen muss. Es ist uns auch gelungen eine Verlagerung der Abschlusskosten zugunsten einer fortlaufenden Bestandsvergütung zu erreichen. Es gäbe kein Signal seitens der Europäischen Union für eine Abschaffung von Courtagen. Sonderpositionen wie das von Sven Giegold (MdEP) geforderte Honorarmodell würden sich bei der MiFID nicht durchsetzen. Für die Versicherer gelte aktuell ‚wer spät bremst fahre länger schnell‘, so werde sich die Vergütungsmodelle der Zukunft erst langsam zeigen. Der VDVM rechne mit zwei bis drei unterschiedlichen Vergütungsmodellen im Markt.“

„Die Versicherer versuchen über das Lebensversicherungs-Reformgesetz die Maklerverträge zu verändern. Die neu angebotenen Maklerverträge ähneln den Umstellungen bei den Verträgen für Versicherungsvertreter. Es würden in den Papieren nur Pflichten der Vermittler genannt und keinerlei Pflichten für die Versicherer“, sagte Michael Otto, für die Interessengemeinschaft Deutscher Versicherungsmakler (IGVM).

Ulrich Neumann, Vizepräsident im Bundesverband der Assekuranzführungskräfte e.V. (VGA) und Leiter des Maklervertriebs der Gothaer Versicherungsgruppe warf da in die Podiumsrunde ein: „Wir reden immer über das Fell des Bären. Ich habe den Eindruck der Bär stirbt irgendwann aus. Viele Versicherer stellen ihre Garantieprodukte ein, weil sie damit kein Geld verdienen. Zunehmend verabschieden sich Maklerunternehmer direkt oder indirekt vom Markt weil sie mit der Regulierung nicht klar kommen. Wenn wir die nächsten zwei Jahre es nicht schaffen bei den Versicherern die Kosten reduziert zu bekommen, dann kriegen wir sie von der Politik per Gesetz reduziert. Wer seinen Maklerbetrieb vor allem auf die Komposit- und Sachversicherung aufbaut oder umstellt hat eine gute Zukunft. Die gewerbliche Sachversicherung (Non-Life-Insurance) ist die starke Alternative zum Personenversicherungsgeschäft (Life-Insurance). Die Honorarberatung habe bei allen Versicherern ein sehr geringes Geschäftsvolumen. Für die Gothaer habe es sich bis heute nicht gelohnt dafür Tarife zu kalkulieren.“

Für die VEMA e.G. sagte Vorstandsvorsitzender und Maklerunternehmer Hermann Hübner in der Podiumsrunde: „Die Abschlusskosten der Assekuranz sind das eine, das andere sind der Blick auf die Gesamtkosten bei der Produktion und Verwaltung von Versicherungsschutz. Wichtig sei also nur, wieviel gibt ein Versicherer von seinen Gesamtkosten für den Vertrieb aus. Zurzeit sei das etwa ein Drittel, da sei die Halbierung von Courtagen oder Provisionen von fünf bis 4,5 auf 2,5 Prozent in der Lebensversicherung nur ein Teil, zwei Drittel der Kosten der Personenversicherer entfallen auf die eigene Verwaltung. Bei den Sachversicherern seien es sogar nur 25 Prozent oder neun Prozent seiner Gesamtkosten als Vertriebskosten.“

finanzwelt-Fazit: Die Politik trifft veranlasst mit den Regulierungen die Versicherungsmakler, als Berater und Versicherungsfacheinkäufer auf der Kundenseite, sich noch stärker im Kerngeschäft der gewerblichen Sachversicherung zu engagieren. Maklerpools könnten bei schwerem Fahrwasser ins Strudeln geraten, da ihr Geschäftsmodell auf Personenversicherung und Sachwertanlagen als Kerngeschäft aufgebaut sei.

Die Beratung breiter Bevölkerungsschichten über Honorarberatung kann als gescheitert betrachtet werden. Die Verbraucherpolitik hat vor allem den strukturierten Vertrieb gefördert, da dieser im Gegensatz zu Einzelvermittlern die Vergütung über alternative Verrechnungsmodelle mit den dahinter stehenden Versicherern als deren Premium-Partner verrechnen könne.

Auf den Punkt gebracht: Der aktuelle Verbraucherpolitik befördert den strukturierten Vertrieb und den Direktvertrieb im Massengeschäft. Für das gewerbliche Sachgeschäft und die Beratung von Vermögenden erweitern Versicherungsmakler ihre Kompetenz. Versicherungsvertreter haben es in Zukunft besonders schwer, da ihre vom Ausschließlichkeits-Versicherer vorfinanzierten Provisionen nicht mehr so leicht abzuschreiben sind und die bis zu drei hierarchischen Führungsschichten (Bezirks-, Regional- und Landesdirektion) für Vertreter im Rahmen der Kosteneinsparung im Innendienst der Versicherer eingespart werden. In der Maklerbetreuung werden auf Seiten der Versicherer Kapazitäten eingeschmolzen, da diese Aufgabe durch Maklerpools oder die Maklergenossenschaft selbst getätigt wird.

Das von der VEMA vorgestellte Prinzip der Schwarm-Intelligenz und eigene Weiterbildungskonzepte erscheinen da besser und praxisnah als jede Fremdbetreuung oder praxisferner Service.

Dietmar Braun