GDV: EU-Pläne greifen zu kurz
19.03.2025

Moritz Schumann, Stellv. Hauptgeschäftsführer, Kompetenzzentrum Lebensversicherung, GDV / Foto: © GDV
Heute hat die Europäische Kommission ihr Arbeitsprogramm zur Savings- und Investment Union (SIU) vorgestellt. Das Ziel: Mehr privates und institutionelles Kapital für Investitionen in die europäische Wirtschaft lenken, um somit den Kapitalmarkt und die Wettbewerbsfähigkeit der EU zu stärken. Aus Sicht der Versicherer bleibt die Kommission deutlich hinter ihren eigenen Ansprüchen zurück.
Angesichts der enormen wirtschaftlichen und geopolitischen Herausforderungen sind Milliardeninvestitionen in Wirtschaft, Infrastruktur und Sicherheit nötig. Damit die SIU ein Erfolg wird, muss das Investitionsumfeld attraktiver gestaltet werden.
„Als größter institutioneller Investor Deutschlands spielen die Versicherer eine Schlüsselrolle, um den Investitionsstau in Europa aufzulösen. Sie verwalten schon heute über 1,9 Billionen Euro, finanzieren Straßen, Energieversorgung, Unternehmen und öffentliche Haushalte. Nur, während die Branche bereitsteht, tritt Brüssel auf die Bremse. Die vorgestellten Maßnahmen wirken wie ein Geschenk mit schöner Schleife – doch wer es öffnet, findet wenig Inhalt. Die Kommission muss endlich aufwachen und größer denken, um den notwendigen Kapitalbedarf zu decken”, so Moritz Schumann, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).
Bereits 70 Prozent ihrer Anlagen investiert die deutsche Versicherungswirtschaft im europäischen Binnenmarkt. Die Versicherer fordern gezielte Reformen, damit sie ihr Potenzial als Investor ausschöpfen können und noch stärker zur Finanzierung von Märkten, Infrastruktur und Altersvorsorge beitragen können.
Tiefgreifende Reformen statt kleinteiliger Maßnahmen
Das Aufsichtsregelwerk Solvency II verpflichtet Versicherer, Kapital für Extremsituationen vorzuhalten. Die EU-Kommission will nun durch Anpassungen dieser Eigenkapitalanforderungen mehr Spielraum für langfristige Aktieninvestitionen schaffen. Doch das allein reicht nicht aus, um den enormen Finanzbedarf für Wirtschaft, Infrastruktur und Sicherheit zu decken. Der GDV warnt, dass ohne tiefgreifende Reformen Investitionshemmnisse bestehen bleiben und Europa Chancen zur Stärkung seines Kapitalmarkts verspielt. Versicherer sind zentrale Kapitalgeber – doch auch sie brauchen Rechtssicherheit. Stärkere Gläubigerrechte im Insolvenzrecht könnten das Investitionspotenzial aller Investoren erheblich steigern und grenzüberschreitende Kapitalflüsse in Europa spürbar ankurbeln.
Altersvorsorge als Chance zur Kapitalmobilisierung
Die SIU läuft Gefahr, das Potenzial der Altersvorsorge zur Entwicklung des EU-Kapitalmarktes zu verschenken. Aus Sicht der Versicherer ist ein gründlicher Review-Prozess des europäischen Altersvorsorgeprodukts überfällig. Statt an starren Strukturen festzuhalten, braucht es eine echte Reform, die Kapital mobilisiert und Altersarmut wirksam bekämpft. Bislang scheitern die Bemühungen, das sogenannte Pan-European-Pension Product (PEPP) zu etablieren, an zu strikten Vorgaben und Details. Ein solches Vorhaben braucht Flexibilität, um auf die Bedürfnisse der Verbraucher reagieren zu können und auf bewährten Angeboten aufzubauen.
Steuervorteile können bei der Verbreitung europäischer Altersvorsorgeprodukte eine zentrale Rolle spielen. Das Problem: Steuererleichterungen auf europäischer Ebene sind kaum realisierbar. Daher spricht sich der Verband dafür aus, nationale Steueranreize besser in EU-Initiativen zu integrieren. (mho)

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