Die sparsamen Schwaben setzen auf China

13.04.2015

Auf dem 9. Finanzplatzgipfel in Stuttgart wurde über die Chancen im Handel, Absatz und Produktion in China diskutiert. Auch die schwäbischen Bausparkassen sind bereits in China beliebt und aktiv.

2015-04-14 (fw/db) Der chinesische Markt bietet deutschen Unternehmen große Chancen. Laut dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) ist Deutschland mit Abstand Chinas größter europäischer Handelspartner und China ist Deutschlands drittgrößter Handelspartner weltweit. Auch für die baden-württembergische Wirtschaft ist China einer der wichtigsten Absatzmärkte.

„Innerhalb kürzester Zeit ist China zu Baden-Württembergs zweitwichtigstem Handelspartner geworden. Viele unserer Weltmarktführer engagieren sich dort mit ihren Technologien schon erfolgreich. Gerade die Neuausrichtung der chinesischen Wirtschaftspolitik hin zu mehr ‚Green Economy‘ bietet große Chancen gerade für baden-württembergische Unternehmen“, sagte Winfried Kretschmann, Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg, in seiner Begrüßung auf dem 9. Finanzplatzgipfel in Stuttgart, der jährlich vom Staatsministerium Baden-Württemberg und Stuttgart Financial ausgerichtet wird. „Doch der Aufstieg Chinas bedeutet auch zunehmende Konkurrenz. Denn China macht kein Geheimnis daraus, dass das Land mittelfristig seine eigene Weltmarktführer aufbauen will. Für uns heißt das, dass wir weiterhin in Bildung, Forschung und Entwicklung investieren müssen, dass wir nicht nachlassen dürfen in unserem Anspruch, Europas Innovationsregion Nummer 1 zu sein.“

Eine schwäbische Tugend wird nach China exportiert. Die Bausparkasse Schwäbisch Hall ist seit einiger Zeit aktiv. Da es mehr Chinesen als Schwaben gibt ist das wohl eine kluge Geschäftsidee.

Die Grundlagen für eine engere Vernetzung mit China hat auch die Deutsche Bundesbank im vergangenen Jahr geschaffen, wie Dr. Joachim Nagel, Mitglied des Vorstands der Deutschen Bundesbank, in der anschließenden Podiumsdiskussion erklärte. „Mit der Renminbi Clearingbank in Frankfurt können seit November 2014 Zahlungen mit China direkt abgewickelt werden. Umwege über andere Finanzplätze sind nicht mehr nötig. Durch die geringere Anzahl der Transaktionen und involvierten Parteien sinken die Transaktionskosten.“

Der Bundesbank-Vorstand betonte, dass die Internationalisierung des Renminbi erfreulich schnell voranschreite: „Deutschland nimmt aufgrund seiner vielfältigen Handelsbeziehungen auch auf der finanzwirtschaftlichen Ebene aktiv an dieser Entwicklung teil. Beispiele sind etwa die Clearingbank in Frankfurt, die Investitionsquoten für institutionelle Investoren (RQFII) und das direkte Fixing des Wechselkurses zwischen Renminbi und Euro.“

Dabei werde der Renminbi zukünftig eine immer wichtigere Rolle spielen: „Als Handelswährung ist er bereits bei vielen Unternehmen etabliert. Durch die direkte Zahlungsabwicklung können kleine und mittlere Unternehmen ihre Preise senken. Die weitere Öffnung des chinesischen Marktes macht den Renminbi als Investitionswährung interessant. Mit der angestrebten Aufnahme in den IWF-Währungskorb würde China auch einen weiteren Schritt in Richtung Reservewährung gehen“, so Nagel.

Auch das schwäbische Familienunternehmen Stihl weiß das Potential des chinesischen Marktes zu nutzen.

„Stihl ist seit 1995 mit einer eigenen Vertriebsgesellschaft in China vertreten“, sagt Dr. Bertram Kandziora, Vorstandsvorsitzender. „Der chinesische Markt gewinnt für uns zunehmend an Bedeutung, und wir erzielen dort hohe Wachstumsraten. Mittel- und langfristig sehen wir in diesem Markt enormes Potential. Die verkauften Mengen sind zum heutigen Zeitpunkt allerdings noch recht überschaubar, da in China kein Consumer-Markt existiert, wie wir ihn in Europa oder Amerika kennen. Zur Stärkung unserer Marktpräsenz investieren wir in die quantitative und qualitative Entwicklung von Fachhändlern.“

Die Gründung einer eigenen Produktion in China in 2006 bezeichnet Kandziora als einen weiteren Meilenstein in der Erfolgsgeschichte des weltweiten Stihl Fertigungsverbundes.

„Wir produzieren in Qingdao unter deutscher Leitung und mit bewährter Fertigungstechnologie Produkte für das weltweite Consumer-Segment. Die Qualität unserer Produkte aus China ist erstklassig und zu 100% auf demselben Niveau wie die Qualität an allen anderen Stihl Standorten. Unsere Produktionsfläche haben wir im vergangenen Jahr nahezu verdoppelt – ein Beleg für den bisherigen Erfolg und die Erfolgsperspektiven unserer chinesischen Produktionsstätte. Wir haben dort unsere Produktpalette vergrößert, um unsere Präsenz in Asien zu stärken.“

Neben diesem Standort zur Fertigung von Endprodukten hat Stihl Ende 2008 den Vergaserhersteller ZAMA erworben.

„Damit konnten wir die Lieferbasis einer Kernkomponente unserer Motorsägen und Motorgeräte absichern und in ein neues Geschäftsfeld mit Wachstumspotential einsteigen“, begründet Kandziora. „Mittlerweile beschäftigen wir in China über 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Alles in allem ist China also ein wichtiger Standort für uns.“

Dr. Michael Völter, der neue Vorstand der Vereinigung Baden-Württembergische Wertpapierbörse e.V. erläuterte: „Da die Stärke des Finanzplatzes Stuttgart das dynamische wirtschaftliche Umfeld in Baden-Württemberg ist, richtet sich der Finanzplatzgipfel insbesondere auch an Vertreter der Realwirtschaft. Mit dieser Ausrichtung hat sich der vom Staatsministerium Baden-Württemberg und Stuttgart Financial ausgerichtete Finanzplatzgipfel Stuttgart mittlerweile als einer der jährlichen Höhepunkte für die baden-württembergische Wirtschaft etabliert.“

Veränderungen in der Börsenleitung und Aufsicht an der Stuttgarter Börse

In der gemeinsamen Aufsichtsratssitzung der EUWAX AG, der Börse Stuttgart Holding GmbH und der Börse Stuttgart AG wurden Dr. Michael Völter zum Vorsitzenden und Ingo Mandt zum stellvertretenden Vorsitzenden der Aufsichtsräte der drei Gesellschaften am Börsenplatz Stuttgart gewählt. Der bisherige Aufsichtsratsvorsitzende Thomas Munz verbleibt bis zum Ende der Wahlperiode 2017 als Mitglied im Aufsichtsrat. Sein Amt als Vorstand der Vereinigung Baden-Württembergische Wertpapierbörse e. V. wird Thomas Munz zum 30. April 2015 niederlegen. Sein Nachfolger ist auch in dieser Funktion Dr. Michael Völter, der dieses Amt bereits zum 1. März 2015 angetreten hat.

Im Prüfungsausschuss aller drei Gesellschaften wurden mit sofortiger Wirkung Thomas Kölbl zum Mitglied sowie Dr. Manfred Pumbo zum Vorsitzenden bestellt. Seit 2013 war der Prüfungsausschuss unter dem Vorsitz von Dr. Michael Völter mit Dr. Manfred Pumbo und Dr. Christian Holzherr besetzt. Zur gelebten Praxis am Börsenplatz Stuttgart gehört es, dass der Aufsichtsratsvorsitzende nicht gleichzeitig dem Prüfungsausschuss angehört. Dr. Michael Völter hat daher im Zuge seiner Wahl zum Aufsichtsratsvorsitzenden Vorsitz und Mitgliedschaft im Prüfungsausschuss niedergelegt.

Der Geschäftsführer der Stuttgarter Börse Christoph Lammersdorf wird nach dem Erreichen der Altersgrenze sein Amt als Vorsitzender der Geschäftsführung der Börse Stuttgart Holding GmbH zum 30. April 2015 niederlegen und im Zuge dessen als Vorstand der Börse Stuttgart AG und der EUWAX AG ausscheiden. Ralph Danielski wird mit Wirkung zum 1. Mai 2015 Sprecher des Vorstandes der EUWAX AG.

Dietmar Braun