Die Druckerpresse läuft noch
16.07.2013
Die momentanen Kursverluste an vielen Anleihe- und Aktienmärkten geben einen Vorgeschmack auf die irgendwann bevorstehende Zinswende. Die Diskussion über eine eventuelle Straffung der amerikanischen Geldpolitik ist in vollem Gange. finanzwelt hakte nach bei Michael Krautzberger, Leiter des europäischen Rentenfondsteams bei BlackRock.
finanzwelt: Langsam mehren sich die Stimmen, dass – ausgehend von den USA – die Notenbanken beim Gelddrucken einen Gang zurückschalten könnten. Steht uns nun in absehbarer Zeit die Zinswende ins Haus?
Krautzberger: Was den US-Markt angeht, sollten Anleger ein mögliches Szenario steigender Zinsen nicht außer Acht lassen. Denn vergleicht man die Probleme der USA mit denen in Europa, scheinen die USA dem Ende der Krise näher. In Europa sieht es dagegen nicht nach einer Zinswende aus. In einem Zeitstrahl gedacht, befinden wir uns in der Mitte der europäischen Schuldenkrise. Vor diesem Hintergrund dürften die Leitzinsen in den kommenden drei bis fünf Jahren extrem niedrig bleiben. Aber auch die US-Notenbank wird eine Normalisierung der Geldpolitik sicher nicht überstürzen, solange Arbeitslosigkeit und Inflationserwartungen sehr niedrig sind.
finanzwelt: Welche Konsequenzen hätten steigende Zinsen für Investoren? Lohnt dann nicht der Umstieg auf Aktien?
Krautzberger: Steigende Zinsen gehen in der Regel mit sinkenden Anleihekursen einher. Davon sind Papiere mit langen Laufzeiten erfahrungsgemäß stärker betroffen als Kurzläufer. Anleger sollten daher überlegen, wie sie durch Durations-Management Chancen auf der Zinskurve optimieren können. Eine Rotation von Anleihen in Aktien ist derzeit nicht erkennbar. Es wäre zu pauschal zu sagen, dass bei einem möglichen Szenario steigender Zinsen Aktien die bessere Wahl wären. Denn beispielsweise betrachten viele Anleger Aktien der eher defensiven Versorgerbranche als Alternative zum Anleihemarkt. Daher könnten Versorger-Aktien bei steigenden Zinsen unter Druck geraten. Aber die aktuelle Situation ist auch eine Gelegenheit, sowohl auf der Aktien- als auch dem Anleihemarkt gute Einstiegschancen zu finden, beispielsweis im Bereich der Hochzins- und Schwellenländeranleihen, bei dividendenstarken Papieren oder Aktien aus konjunkturabhängigen Branchen.
finanzwelt: Auf der Suche nach Anlagemöglichkeiten jenseits von Bundesanleihe und Anleihen kränkelnder Eurostaaten (spanische und italienische Papiere) schauen sich Investoren verstärkt Bonds der Schwellenländer an. Emissionsvolumen und Renditen sprechen hierfür. Was gilt es dabei zu beachten?
Krautzberger: Dass sich Investoren vermehrt für Schwellenländeranleihen interessieren, ist nicht verwunderlich. Ein Grund dafür sind die attraktiven Renditen. Im vergangenen Jahr gehörten Emerging-Market-Bonds zu den Anlageklassen mit den höchsten Wertentwicklungen. Zudem hat sich die Schuldnerqualität von Schwellenländeranleihen in den vergangenen Jahren deutlich verbessert. Beispielsweise liegt der Anteil von Papieren mit Investmentgrade im J.P. Morgan EMBI Index derzeit bei rund 60 %. Im Jahr 2007 waren es nur 40 % gewesen. Angesichts des wachsenden Marktes erfordert die Auswahl geeigneter Papiere eine zunehmende Sorgfalt und Expertise. Außerdem sollten Anleger beachten: Auch wenn die Handelsqualität in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen hat, bergen Schwellenländeranleihen ein höheres Liquiditätsrisiko als zum Beispiel Staatsanleihen aus entwickelten Märkten. Und schließlich könnte der Markt für Schwellenländer-Anleihen angesichts verstärkter Investitionen volatiler werden. Wer dies beachtet, kann die Risiko-Rendite-Profile seiner Portfolios durch Investitionen in Schwellenländeranleihen verbessern.
Michael Krautzberger ist seit 2005 für BlackRock tätig. Neben der Leitung des europäischen Rententeams ist er Mitglied des Leadership Committee für Europa, den Mittleren Osten und Afrika. Zuvor leitete er bei Union Investment das europäische Rentenfonds-Team. Von 1994 bis 1999 war er Fondsmanager mehrerer globaler Rentenfonds bei der DWS.
(Das Interview führte Alexander Heftrich)