"Deutschland geht diesen Weg in einer Zeit steigender Schulden"
17.03.2025

Pascal Kielkopf - Foto: Copyright HQ Trust
Es ist Mitte März und die Nachrichten überschlagen sich. Trump, Geopolitik und natürlich die neue Bundesregierung. Gesprächsstoff en masse für einen kurzen Austausch mit Pascal Kielkopf, Kapitalmarktanalyst HQ Trust.
finanzwelt: Herr Kielkopf, die Zeit seit Jahresbeginn hatte es in sich. Zunächst der Hype um die Trump-Administration, nun der Abverkauf. Hat Sie das in der Form überrascht?
Pascal Kielkopf: Die hohe Volatilität der letzten Monate kam nicht völlig überraschend. Wir hatten zu Jahresbeginn einen sehr optimistischen Markt, insbesondere bei den großen US-Tech-Werten, die von einer KI-Euphorie und starken Unternehmensgewinnen getragen wurden. Allerdings war das Bewertungsniveau in einigen Bereichen bereits ambitioniert. Der jüngste Abverkauf reflektiert eine Mischung aus Gewinnmitnahmen, steigenden geopolitischen Unsicherheiten und dem Umstand, dass die Märkte durch die Zollpolitik Trumps verunsichert sind. Dennoch sehen wir keinen Grund für Panik: Korrekturen sind Teil eines gesunden Marktmechanismus. Mittel- bis langfristig werden sich immer die fundamentalen Unternehmensentwicklungen durchsetzen.
finanzwelt: Mit Blick auf den Nasdaq – sehen Sie punktuell schon Überverkauft-Signale?
Kielkopf: Der Nasdaq war schon immer stark von den Wachstumserwartungen der Technologiekonzerne getrieben. In den letzten Jahren haben vor allem die „Magnificent 7“ jedoch bewiesen, dass ihr Kurswachstum nicht nur auf Spekulation beruht, sondern von starken Fundamentaldaten und beeindruckenden Gewinnwachstumsraten gestützt wird. Dennoch sind viele dieser Werte inzwischen hoch bewertet und nehmen eine dominante Rolle in den großen Indizes ein. Eine gewisse Marktkonsolidierung war früher oder später daher absehbar.
Der jüngste, relativ starke Abverkauf des Nasdaq mag kurzfristig drastisch wirken, doch er folgt auf eine ebenso dynamische Aufwärtsbewegung in den vergangenen zwei Jahren. Entscheidend für die weitere Entwicklung bleiben die Fundamentaldaten: Unternehmen, die mit ihren Geschäftszahlen überzeugen, werden sich langfristig behaupten.
Auch aufgrund ihrer enormen wirtschaftlichen Bedeutung sollten die „Magnificent 7“ grundsätzlich in jedem Portfolio vertreten sein. Dennoch erscheint in der aktuellen Schwächephase eine Untergewichtung ratsam, um das Risiko von weiteren Rücksetzern zu reduzieren.
finanzwelt: Lassen Sie uns zu Deutschland kommen. Es wird viel geredet und diskutiert um Sondervermögen für Verteidigungsausgaben und Infrastrukturmaßnahmen. Wortbruch hin oder her. Ist das ein Paket, um Deutschland als Konjunkturlokomotive wieder flott zu machen?
Kielkopf: Die Investitionen in Verteidigung und Infrastruktur sind zweifellos notwendig – Deutschland hat in diesen Bereichen lange zu wenig getan. Insbesondere die digitale Infrastruktur, Verkehrsanbindungen und die Bundeswehr benötigen dringend Modernisierungen. Diese Maßnahmen bringen konjunkturellen Rückenwind, da sie direkte Nachfrage schaffen und langfristig die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands stärken können.
Allerdings darf man die Kehrseite nicht ausblenden: Deutschland geht diesen Weg in einer Zeit steigender Schulden. Die Schuldenquote steigt, während die Zinslast für den Staat ebenfalls zunimmt. Hier muss ein Gleichgewicht gefunden werden. Investitionen, die wirklich den Kapitalstock verbessern und die Produktivität steigern, sind positiv zu bewerten. Aber wenn zu viel in konsumtive Ausgaben fließt, könnte die steigende Zinslast langfristig zur Wachstumsbremse werden.
Kurzfristig sind fiskalische Impulse positiv für die Konjunktur, insbesondere nach der wirtschaftlich schwachen Phase. Die Herausforderung liegt darin, wie effizient diese Mittel eingesetzt werden. Wenn die Programme strategisch klug gestaltet sind, können sie Deutschland tatsächlich helfen, wieder eine stärkere Wachstumsdynamik zu entwickeln.
finanzwelt: Geopolitik mit höherer Volatilität prägt das Geschehen. Was würden Sie Anlegern derzeit mit auf den Weg geben?
Kielkopf: Geopolitische Risiken haben in den letzten Jahren spürbar zugenommen – sei es durch die Ukraine-Krise, Spannungen zwischen den USA und China oder Unsicherheiten um die künftige US-Politik unter Trump. Diese Faktoren führen zu mehr Marktschwankungen und erfordern eine breite Diversifikation.
Anleger sollten sich bewusst sein, dass geopolitische Risiken zwar kurzfristig Druck auf die Märkte ausüben können, aber oft nicht die langfristige Richtung bestimmen. Der Ukraine-Krieg beispielsweise hat gezeigt, dass Märkte nach einer ersten Schockphase oft Wege finden, sich anzupassen. Zudem besteht durchaus Potenzial für Entspannung – eine Friedenslösung in der Ukraine könnte beispielsweise einen erheblichen Erholungsschub auslösen.
Trump tritt in den USA weiterhin äußerst dominant auf und sorgt für politische Unsicherheit, doch seine Handlungsspielräume sind nicht unbegrenzt. Wenn er zu weit geht, kann der Kongress seine Maßnahmen einschränken oder rückgängig machen.
Für Anleger heißt das: Ruhe bewahren, nicht überhastet reagieren und auf eine robuste Portfoliostruktur setzen. Regionale Diversifikation, eine gesunde Mischung aus Wachstums- und Substanzwerten sowie Beimischung defensiver Elemente bleiben entscheidend. Und vor allem gilt: Chancen nutzen, wenn die Märkte übertreiben – denn in Phasen hoher Unsicherheit gibt es oft die besten Einstiegsmöglichkeiten.

Globale Dividendenstrategie: Warum eine breite Streuung entscheidend ist
