Dauerhaftigkeit der Berufsunfähigkeit wegen Brustkrebs?
12.10.2023
Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke. Foto: Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte
Das OLG Dresden entschied über die Frage zu befassen, ob eine Berufsunfähigkeit eine Dauerhaftigkeit der Erkrankung voraussetze. Zu entscheiden war dies anlässlich einer an Brustkrebs erkrankten Versicherungsnehmerin (OLG Dresden, Beschl. v. 12.10.2022 – 4 U 673/22).
Führt eine Erkrankung an Brustkrebs zur Berufsunfähigkeit?
Die Versicherungsnehmerin erhielt im Dezember 2017 die Diagnose: Brustkrebs. Im Anschluss daran folgten zwei Operationen und eine Strahlentherapie. Die zuvor als Kundenberaterin beschäftigte Versicherungsnehmerin war danach von Dezember 2017 bis September 2018 arbeitsunfähig. Im Februar 2018 wurde bei ihr ein Grad der Behinderung in Höhe von 50% (GdB 50) durch den zuständigen Landkreis festgestellt. Die Verssicherungsnehmerin beantragte im Juli desselben Jahres bei dem Berufsunfähigkeitsversicherer die Zahlung einer Rente (siehe hierzu Der Leistungsantrag) und nimmt dabei Bezug auf § 15 der allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) ihres Versicherers:
„Als berufsunfähig ist derjenige anzusehen, der durch körperliche Gebrechen oder wegen Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte unfähig ist, eine seiner Vorbildung und seiner bisherigen Tätigkeit entsprechenden Beschäftigung auszuüben. Berufsunfähigkeit ist anzunehmen, wenn die Berufsfähigkeit um mehr als die Hälfte herabgesetzt ist“
Nach Auffassung des Versicherers treffe ihn keine Einstandspflicht bzw. Leistungsverpflichtung. Deshalb lehnte er den Antrag der Versicherungsnehmerin ab. Begründet hat der Versicherer dies mit der fehlenden Dauerhaftigkeit der gesundheitlichen Einschränkungen. Die Versicherungsnehmerin ist hingegen der Auffassung, den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (§ 15) sei kein Dauerhaftigkeitserfordernis zu entnehmen. Schließlich musste die Versicherungsnehmerin ihr Anliegen gerichtlich geltend machen.
Erfordernis der Dauerhaftigkeit?
Das Gericht war der Auffassung, dass eine Berufsunfähigkeit der Versicherungsnehmerin nicht vorlag. Sie habe weder etwas vorgetragen noch Belege für die dauerhafte gesundheitliche Einschränkung um mehr als 50 % aufgrund der Krebsdiagnose vorgelegt. Bei einer Krebserkrankung handele es sich zwar um eine schwere Erkrankung. Eine dauernde Einschränkung in der Berufsfähigkeit könne trotzdem nicht ohne weiteres angenommen werden. Insbesondere führe die Diagnose Krebs nicht automatisch zu einer dauerhaften Berufsunfähigkeit (siehe hierzu Berufsunfähigkeit wegen Krebs).
Der Begriff der Berufsunfähigkeit enthalte ein ungeschriebenes immanentes Erfordernis der Dauerhaftigkeit: Dieses gelte auch dann, wenn es in den Versicherungsbedingungen nicht ausdrücklich erwähnt wurde.
Ein Gastbeitrag von Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke, Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte.