CEO der Assekuranz als Redner

21.06.2017

Redner werden verständlicher - aber nicht alle. /Foto: © Romolo Tavani - Fotolia.com

Bereits zum sechsten Mal untersuchte die Universität Hohenheim die Verständlichkeit von Reden der Chefs führender Konzerne. Noch schneiden die CEO von Munich Re und Allianz SE dabei schlecht ab.

Die Universität Hohenheim analysiert bereits zum sechsten Mal die Reden der Spitzenmanager deutscher DAX-Unternehmen auf formale Verständlichkeit.

Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die Reden deutscher CEOs sind immer besser zu verstehen. Professor Dr. Frank Brettschneider und sein Team untersuchen seit 2012, wie verständlich die Vorstandsvorsitzenden der DAX-30-Unternehmen auf den Hauptversammlungen ihrer Unternehmen sprechen. Im Schnitt erreichen die Werte in diesem Jahr 14,4 Punkte auf einer Skala von 0 bis 20. Damit hat sich die formale Verständlichkeit nun zum fünften Mal in Folge verbessert. Eine aktuelle Kurzfassung der Studie finden interessierte Leser hier im Internet.

Nach dem Hohenheimer Verständlichkeits-Index erreicht Timotheus Höttges (Telekom) mit 19,8 Punkten den höchsten bisher gemessenen Wert. In den letzten sechs Jahren war kein Redner verständlicher als der Vorstandsvorsitzende der Telekom. Auf dem zweiten Platz folgt ein CEO-Neuling: Mit 19,1 Punkten bietet Stephan Sturm von Fresenius SE eine Top-Leistung. Auf Platz 3 folgt Dr. Frank Appel (Deutsche Post) mit 18,9 Punkten.

Verbesserung bei vielen Rednern

Deutlich mehr Wirtschaftsbosse als im Vorjahr haben Reden gehalten, die sich nicht nur an Anleger, Analysten sowie Finanz- und Wirtschaftsexperten richten. Im Schnitt erreichen sie einen Verständlichkeits-Wert von 14,4 Punkten – das sind 0,1 Punkte mehr als im Vorjahr und sogar 4,6 Punkte mehr als im Jahr 2012 (9,8).

„Erfreulicherweise hat sich damit zum fünften Mal in Folge die formale Verständlichkeit der Reden im Vergleich zum Vorjahr verbessert", erläutert Prof. Dr. Frank Brettschneider, Inhaber des Lehrstuhls für Kommunikationswissenschaft an der Universität Hohenheim.

Einige Redner bemühen sich, Fachsprache so zu übersetzen, dass auch fachfremde Personen den Inhalt der Rede verstehen. „Für den Auf- und Ausbau von Reputation ist dies sinnvoll", meint Prof. Dr. Brettschneider.

Einen besonders deutlichen Verständlichkeits-Sprung, so der Experte, haben in diesem Jahr vor allem Rolf Buch (Vanovia) und Dr. Kurt Bock (BASF) mit über vier Punkten Verbesserung zu verzeichnen.

Assekuranz-CEO und Linde-Chef haben noch Potential

Auf den hinteren Plätzen im CEO-Ranking finden sich – mit weniger als zehn Punkten – der Vorstandsvorsitzende der Allianz, Oliver Bäte (9,4) und Henkel-Chef Hans Van Bylen (8,9 Punkte). Das Schlusslicht bildet Linde-Chef Dr.-Ing. Aldo Belloni (5,9 Punkte).

„Damit ist die Rede von Dr. Belloni nur wenig verständlicher als eine politikwissenschaftliche Doktorarbeit", sagt Experte Brettschneider. Mit durchschnittlich 17,8 Wörtern formuliert er auch die längsten Sätze aller Redner. Auffällig sei zudem, dass es sich bei vier der fünf letzten Plätze um Reden von CEO-Neulingen auf ihren Positionen handelt.

Verständlichkeitshürden managen

„Bandwurmsätze, abstrakte Begriffe, zusammengesetzte Wörter und nicht erklärte Fachbegriffe schmälern die Verständlichkeit am meisten", erklärt Experte Brettschneider. „Das Ergebnis ist dann Kauderwelsch statt Klartext."

Aber überlange Sätze werden seltener. Und immer weniger Reden enthalten zusammengesetzte Wortungetüme.

Grobe Verstöße gegen Verständlichkeits-Regeln finden sich in den Reden deutlich seltener als in früheren Jahren. Allerdings verwenden immer noch viele CEOs Passiv-Formulierungen. Sie verschweigen „Ross und Reiter". Es bleibt unklar, wer handelt.

Besonders häufig finden sich Passiv-Formulierungen in der Rede von Dr. Belloni (13,9% aller Sätze). In der Rede des Erst-Platzierten Höttges sind es nur 0,2 Prozent.

Passivsätze sind schwer verständliche Beispiele

„Der geplante Zusammenschluss würde nur dann umgesetzt werden, wenn das Umtauschangebot für mindestens eine qualifizierte Mehrheit aller Linde-Aktien angenommen wird. Damit ist sichergestellt, dass die Transaktion nur zustande kommt, wenn sie von der weit überwiegenden Mehrheit der Linde-Aktionäre mitgetragen wird." (Linde, Dr. Belloni)

„Zukünftig werden unsere Führungskräfte neben den erwirtschafteten Ergebnissen genauso nach ihrem Führungsverhalten bewertet." (Allianz, Bäte)

„Das EBITDA vor Sondereinflüssen soll in unseren Life-Science-Geschäften im mittleren bis oberen einstelligen Prozentbereich erhöht werden." (Bayer, Baumann)

Beispiele: Wortungetüme und Fachbegriffe 2017

  • Schaden-Unfall-Rückversicherung (Münchener Rück, von Bomhard)
  • Ergebnisverbesserungsprogramme (Lufthansa, Spohr)
  • Flüssigkristallfenster-Module (Merck, Oschmann)
  • Effizienzsteigerungsmaßnahmen (RWE, Schmitz)
  • Joint-Venture-Abkommen (Lufthansa, Spohr)
  • Platform-as-a-Service-Angebot (SAP, McDermott)

Beispiele: Schachtelsätze 2017

„Sie werden ausführliche schriftliche Unterlagen erhalten, in denen insbesondere die geplante Transaktion, der Fusionspartner Praxair, die Unternehmensführung der neuen Holdinggesellschaft, die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses, die erforderlichen Genehmigungen, die finanziellen, bilanziellen und steuerlichen Auswirkungen der Transaktion sowie deren technische Abwicklung im Detail beschrieben werden." (Linde, Dr. Belloni)

„So können wir dank dieser Analysen etwa die potentiellen Auswirkungen von Ereignissen, sei es ein Taifun in Asien oder ein technischer Defekt in einem Zulieferbetrieb, der zu einer Betriebsunterbrechung führt, viel präziser abschätzen und unser Risikomanagement entsprechend anpassen." (Münchener Rück, von Bomhard)

Klartext überzeugt

Die formale Verständlichkeit sei zwar nicht das einzige Kriterium für eine gelungene Rede, betont Prof. Dr. Brettschneider. Wichtiger noch sei der Inhalt. Und hinzu kämen Kriterien wie der Aufbau der Rede oder der Vortragsstil.

Dennoch sollte ein Redner nicht vergessen: „Formal verständliche Botschaften werden von den Zuhörern besser verstanden und erinnert. Und verständliche Botschaften genießen mehr Vertrauen als unverständliche", hält der Experte fest.

Daher sollte man laut Prof. Dr. Brettschneider einige Grundregeln für verständliche Reden einhalten: kurze Sätze, gebräuchliche Begriffe, Fachbegriffe übersetzen und zusammengesetzte Wörter möglichst vermeiden. „Denn nur wer verstanden wird, kann auch überzeugen." (db)