Bundestag stimmt für Grundgesetzänderung zur Schuldenreform

19.03.2025

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Mit der nötigen Zwei-Drittel-Mehrheit hat der Bundestag am 18. März der Grundgesetzänderung zur Schuldenreform zugestimmt - eine Zustimmung im Bundesrat steht zwar noch aus - gilt aber als wahrscheinlich. Das historische Finanzpaket hat damit die erste große Hürde genommen. Die reformierte Schuldenbremse sowie das 500 Milliarden Infrastrukturpaket dürfte das Wachstum stützen und Abwärtsrisiken mindern – allein in 2025 könnte der Infrastrukturfonds das BIP um bis zu 20 Basispunkte steigern.

Hier die ersten Reaktionen und Stellungnahmen aus der Branche:

"Das Ausmaß dieser fiskalpolitischen Lockerung stellt ein Aufwärtsrisiko für unsere Basisprognose dar. Bislang gingen wir davon aus, dass die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr eine Rezession nur knapp vermeiden und ein bescheidenes Wachstum von 0,4 Prozent verzeichnen wird – hauptsächlich zurückzuführen auf eine Erholung des Privatkonsums. Dem lag die Erwartung zugrunde, dass die Fiskalpolitik im Vergleich zu 2024 einen neutralen Einfluss haben wird. Während die unmittelbaren Auswirkungen des angekündigten Paktes noch unklar sind, haben sich die mittelfristigen Aussichten verbessert.

Im Jahr 2025 mildert die Ankündigung einige der von uns prognostizierten Abwärtsrisiken für das Wachstum, insbesondere in Bezug auf Handelszölle und schwächere Exportaussichten. Darüber hinaus dürfte die Ankündigung die Stimmung heben und möglicherweise zu einer stärkeren privaten Nachfrage führen, was diese Risiken teilweise ausgleicht. Wenn der Infrastrukturfonds noch in diesem Jahr zur Verfügung steht, könnten in 2025 rund 25 Milliarden Euro höhere Kredite aufgenommen werden als im vergangenen Jahr. Das dürfte das Wachstum um 15 bis 20 Basispunkte steigern.

Mit Blick auf die Zeit nach 2025 verbessern sich die Aussichten weiter. Bei den Verteidigungsausgaben wird viel davon abhängen, mit welcher Geschwindigkeit die Behörden das angestrebte Ziel erreichen wollen. Die Art und Weise, wie die Reform präsentiert wurde, deutet darauf hin, dass es keine Begrenzung für die Höhe der Ausgaben gibt. Bei einem Ausgabenziel von drei Prozent des BIP in fünf Jahren, wie es kürzlich vom Kanzler in spe Friedrich Merz vorgeschlagen wurde, könnten sich die kumulierten Ausgaben auf mindestens 800 Milliarden Euro belaufen. Die Auswirkungen auf das BIP-Wachstum werden jedoch vom Umfang und der Herkunft der gekauften Verteidigungsgüter abhängen. Mangels europäischer Alternativen wird die USA wahrscheinlich der Hauptlieferant bleiben. Daher bin ich eher vorsichtig, was die Auswirkungen der Verteidigungsausgaben auf das Wachstum angeht.

Der Infrastrukturfonds, dessen Umfang klar kommuniziert wurde, hätte mittel- bis langfristig erhebliche Auswirkungen. Das BIP-Wachstum könnte sich im Vergleich zur Konsensprognose von einem Prozent beziehungsweise 1,1 Prozent in den Jahren 2026 und 2027 um jährlich 50 bis 70 Basispunkte beschleunigen. Ich sehe auch Aufwärtsrisiken für das potenzielle Wachstum, das wahrscheinlich von 0,6 auf 1,5 bis 2 Prozent nach oben korrigiert wird. Infolgedessen ist realistisch, dass sich das Haushaltsdefizit, das derzeit bei 2,6 Prozent des BIP liegt, in den kommenden Jahren ausweiten und die von der Europäischen Kommission festgelegte Schwelle von 3 Prozent durchaus überschritten wird. Dies dürfte jedoch unproblematisch sein, da die Kommission voraussichtlich eine Aussetzung der Haushaltsregeln ankündigen wird, um den gestiegenen Verteidigungsausgaben in den EU-Mitgliedstaaten Rechnung zu tragen."

Sandra Rhouma, European Economist – Fixed Income bei AllianceBernstein.

"Solch große staatliche Investitionen sind prinzipiell positiv, da sie das Wirtschaftswachstum ankurbeln – der Fokus liegt insbesondere auf höheren Verteidigungsausgaben und auf der Modernisierung der maroden Infrastruktur. Doch es gibt eine Kehrseite: Steigende Staatsverschuldung treibt die Zinsen nach oben, was Kapital teurer macht und den finanziellen Spielraum für Unternehmen einschränkt. Die Rendite der 10-jährigen Bundesanleihe notiert am Mittwoch bei 2,77 Prozent, nachdem sie Ende Februar noch unter 2,4 Prozent notierte.

Wer wissen will, wie es der deutschen Wirtschaft wirklich geht, sollte nicht auf den DAX, sondern vor allem auf den MDAX und SDAX blicken. Sie reflektieren stärker die wirtschaftliche Dynamik innerhalb Deutschlands. Zwar gab es in den letzten Wochen eine solide Kurserholung, doch über die vergangenen Jahre blieben sie weit hinter dem DAX zurück – die Rekordhochs sind noch in weiter Ferne. Es gibt also noch viel aufzuholen. Die fundamentale Lage vieler Unternehmen hat sich drastisch verbessert, und das dürfte sich bald auch in der Anlegerstimmung widerspiegeln. Besonders im Bereich der Mid- und Small Caps könnten sich echte Perlen für Value-Investoren verstecken.

Rüstungsaktien wie Rheinmetall und Hensoldt sind kurzfristig schon stark gestiegen und erscheinen überhitzt. Doch Korrekturen in den kommenden Monaten könnten neue Einstiegschancen bieten, da die langfristige Wachstumsstory intakt bleibt.Auch im Infrastrukturbereich gibt es Titel, die kurzfristig bereits gut gelaufen sind. Hier könnte hingegen gerade erst der Grundstein für einen frischen Aufwärtstrend gelegt werden. Anleger haben also die Chance, bereits in einer frühen Trendphase einzusteigen"

Maximilian Wienke, Marktanalyst bei eToro.