BFH kippt Begrenzung der Verlustverrechnung bei Termingeschäften

12.03.2025

Dr. Marc-Oliver Lux. Foto: Dr. Lux & Präuner

Das deutsche Steuerrecht ist eines der kompliziertesten der Welt. Mitunter treibt es auch bizarre Blüten, wie die Regeln zur Verrechenbarkeit von Verlusten aus Termingeschäften zeigen. Selbst der Bundesfinanzhof kritisierte diese als Verstoß gegen das Grundgesetz.

Klare Worte von den obersten Finanzrichtern: Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem wegweisenden Beschluss klar gemacht, dass die 2021 eingeführten Regeln für die Verlustverrechnungsbeschränkungen bei Termingeschäften nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Sie führen zu einer "doppelten Ungleichbehandlung von Steuerpflichtigen, die Verluste aus Termingeschäften erzielen". Als Termingeschäfte gelten unter anderem Optionen, Futures sowie Contracts for Difference (CFDs).

Worum ging es genau? Seit einer Gesetzesänderung aus dem Jahr 2021 durften Anleger Verluste aus Termingeschäften weitgehend nur noch mit Gewinnen aus gleichen Geschäften verrechnen – bis maximal 20.000 Euro im Jahr. Genau damit kämpfte ein Anleger, der in CFDs investiert hatte. Im Jahr 2021 hatte er mit diesen hochspekulativen Produkten Gewinne in Höhe von 250.631 Euro erzielt, zugleich aber auch 227.289 Euro Verlust gemacht. Unter dem Strich hätte sich also ein Gewinn in Höhe von 23.342 Euro ergeben.

Gemäß der gesetzlichen Regelung berücksichtigte das Finanzamt nur 20.000 Euro der Verluste aus den Termingeschäften – dazu einen Verlustvortrag und den Sparerpauschbetrag. In Summe führte das zu Einkünften aus Kapitalvermögen in Höhe von 213.826 Euro und einer Steuerschuld von 59.860 Euro. Daher legte der Anleger Einspruch gegen den Steuerbescheid ein, wobei ihm das Finanzgericht in Rheinland-Pfalz im vergangenen Dezember recht gab (Az.: 1 V 1674/23). Die Richter hatten "erhebliche Bedenken", dass die Vorschrift im Einkommensteuergesetz, genauer §20 Absatz 6 Satz 5, mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes vereinbar ist.

Die Richter am Bundesfinanzhof wurden noch deutlicher: Sie sprachen von einer "Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz". So gebe es in Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz den Gleichbehandlungsgrundsatz. Durch das Steuergesetz käme es jedoch zu einer "doppelten Ungleichbehandlung" von Steuerpflichtigen: Je nachdem, ob sie Verluste aus Termingeschäften oder aus anderen Kapitalanlagen erzielt haben, werden sie ungleich behandelt. Hinzu komme, dass Gewinne und Verluste aus Termingeschäften nicht gleichbehandelt werden.

Den starken verfassungsrechtlichen Bedenken kam nun die Bundesregierung mit ihrem Jahressteuergesetz 2024 zuvor und schafft die Vorschrift wieder ab. Damit wird die Verlustverrechnungsbeschränkung für Termingeschäfte auf alle offenen Fälle nicht mehr angewendet werden. Verluste aus Termingeschäften sind somit vollständig mit Gewinnen aus Termingeschäften und anderen Kapitaleinkünfte (bspw. Dividenden) verrechenbar. Am 5. Dezember 2024 wurde das Gesetz verkündet und trat damit grundsätzlich zum 6. Dezember 2024 in Kraft.

Eine andere Frage bleibt hingegen weiterhin offen: Bereits im Jahr 2021 hat der BFH dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob es verfassungskonform ist, dass Aktienverluste nur mit Aktiengewinnen verrechnet werden dürfen (Az.: 2 BvL 3/21). Eine Entscheidung steht hier noch aus.

Marktkommentar von Dr. Marc-Oliver Lux von Dr. Lux & Präuner GmbH & Co. KG in München.