Aon Marktreport 2024: Risiken werden immer komplexer
03.09.2024
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Das Beratungs- und Dienstleistungsunternehmen Aon hat seinen Marktreport 2024 für den deutschen Versicherungsmarkt veröffentlicht. Der Report fasst die wichtigsten Trends zusammen und liefert eine Einschätzung zur aktuellen Marktsituation.
Die globale Risikolandschaft stellt Unternehmen und Versicherer vor immer größere Herausforderungen. Die Anspannung auf dem Versicherungsmarkt hat im vergangenen Jahr weiter zugenommen; das Gefahrenszenario aus fortdauerndem Ukraine-Krieg, den Konflikten im Nahen Osten sowie den Risiken im asiatisch-pazifischen Raum sorgt für Unruhe hinsichtlich der Vorhersehbarkeit sowohl bestehender als auch neuer Risiken. Nicht zu vergessen sind in diesem Zusammenhang die zunehmenden Terrorgefahren, die weltweit zu finanziellen Schäden bei Unternehmen führen können. Auch die Lieferkettenproblematik wirkt sich weiterhin nachhaltig auf Unternehmen aus – dies häufig in Verbindung mit anderen Risiken wie geopolitischen Spannungen, Terror und Naturgefahren. Neue Gesetzgebungen zu Produkt- und Cybersicherheit, Künstlichen Intelligenz oder auch der EU-Entgelttransparenzrichtlinie, die teilweise mit hohen Strafen bei Nichteinhaltung garniert sind, versetzen viele Unternehmensleiter in Anspannung.
Versicherungsmarkt sehr heterogen
In diesem Szenario, welches zusätzlich von steigenden Energiekosten und den immer einflussreicheren ESG-Kriterien geprägt ist, sind Organisationen gefordert, weitsichtige Entscheidungen für ihr Risikomanagement zu treffen.
Der Versicherungsmarkt zeigt sich derweil sehr heterogen. Er ist geprägt von knappen Kapazitäten und hohen Preisen, während gleichzeitig ein gesteigerter Risikoappetit seitens der Versicherer zu beobachten ist. Wie sich diese Situation langfristig auswirken wird, bleibt abzuwarten.
Sachversicherung Top Thema 2024
Top-Thema des Marktreports 2024 ist die Sparte der Sachversicherung. Hier können die Versicherer bei einer Schadenquote von 103 Prozent (Vorjahr: 98 Prozent) trotz eines Beitragswachstums von 10 Prozent keine nachhaltig besseren Ergebnisse verzeichnen. „Die Möglichkeiten der Prämienerhöhungen sind begrenzt“, so Hartmuth Kremer-Jensen, Geschäftsführer und Chief Broking Officer für die DACH-Region bei Aon. „Für die anstehenden Renewals werden sich die Versicherer kompromissbereit zeigen müssen.“
Die Herausforderung einer veränderten Risikolandschaft, in der die Entwicklung der Naturgefahrenschäden für die Marktteilnehmer die Hauptrolle einnimmt, bleibt bestehen und verändert auch die geeignete Risikobewältigungsstrategie. „Der klassische Marktzyklus gehört der Vergangenheit an. Neben dem Risikotransfer muss eine geeignete Risikobewältigungsstrategie der Unternehmen für die erfolgreiche Transformation in eine klimaneutrale Wirtschaft durch eine fundierte Risikoberatung unterstützt werden“, so Kremer-Jensen.
Sowohl in der Haftpflicht- als auch in der Warentransportversicherung zeichnet sich ein stabiler bis positiver Trend ab. Im Bereich Haftpflicht stehen die Vorzeichen speziell für risikounauffällige, mittelständische Industrieunternehmen günstiger als im Vorjahr; die Versicherer haben speziell in diesem Segment wieder mehr Risikoappetit. Mit Blick auf Konzerne und komplexen Risiken sind die Versicherer dagegen vorsichtiger. Neue gesetzliche Vorschriften schaffen neue Risikoqualitäten, die ggf. bei Renewals geprüft und angepasst werden müssen. Die Sparte Warentransport entwickelt sich dagegen zunehmend vom Verkäufer- zum Käufermarkt und wendet sich ab von allgemeinen Themen wie Inflation und Cybergefahren und hin zum individuellen Kundenrisiko. Bisweilen zeigen sich jedoch auch hier die Einflüsse der weltpolitischen Lage. Dies unter anderem in Form von Deckungskündigungen für Politische Risiken, hohe Mehrprämien im Falle von schwierigen Risiken, höheren Versicherungssummen oder aber durch Reduzierung von Kapazitäten sowie den zunehmenden Einfluss von ESG-Kriterien auf die Zeichnungsbereitschaft der Versicherer.
Der Einfluss der vier Megatrends Handel, Technologie, Klima und Personal, die bereits im aktuellen Aon Client Trends Report thematisiert wurden, ist auch im deutschen Versicherungsmarkt in allen Sparten und Specialties bemerkbar und beeinflusst die Versicherungslandschaft maßgeblich. Dies gilt für Unternehmen ebenso wie für Versicherer. Vor diesem Hintergrund sind individuelle Risikoanalysen und die detaillierte Aufbereitung von Risikoinformationen für ein lückenloses Risikomanagement seitens der Unternehmen zwingend notwendig. Kremer-Jensen unterstreicht: „Je komplexer die Risiken, desto dringender wird es, flexibel und weitsichtig damit umzugehen.“ (mho)