61. Verkehrsgerichtstag in Goslar: Positionen der Versicherungswirtschaft
23.01.2024
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Auf dem 61. Verkehrsgerichtstag vom 24. bis 26. Januar 2024 in Goslar diskutieren Experten über die Zukunft des Verkehrsrechts. Im Mittelpunkt stehen dabei für den GDV die Positionen der Versicherungswirtschaft zu den Themen Unfallflucht (Arbeitskreis V), Vorschäden (Arbeitskreis VI), Haushaltsführungsschäden (Arbeitskreis II) und der Haftung von Reedern (Arbeitskreis VIII).
Arbeitskreis V: Weniger Strafe bei Unfallflucht?
Nicht viele Normen des Verkehrsstrafrechts polarisieren in einem Ausmaß wie der Paragraf 142 StGB „Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort“. Besteht noch weitgehend Konsens, dass eine Warteverpflichtung am Unfallort in Zeiten moderner Kommunikationstechnik antiquiert zu sein scheint, spaltet die aktuelle Entkriminalisierungsdebatte für die Flucht bei Unfällen ohne Personenschaden die Lager: Würde die Androhung eines Bußgelds genügen, um Fluchten nach Unfällen mit Sachschäden zu verhindern? Können Polizei und Justiz durch eine solche Reform entlastet werden?
Arbeitskreis II: Haushaltsführungsschaden – wenn das Unfallopfer nicht mehr staubsaugen kann
Haushaltsführungsschäden entstehen, wenn Verletzte aufgrund ihrer unfallbedingten Einschränkungen im eigenen Haushalt nicht mehr tätig werden können. Art und Umfang der zu erledigenden Arbeiten differieren dabei sehr stark – abhängig von den persönlichen Lebensverhältnissen und unterschiedlichen Gewohnheiten und Ansprüchen der Verletzten. Zur Feststellung des Schadens müssen die Verletzten darlegen, welche Haushaltstätigkeiten sie vor dem Unfall ausgeführt haben, wie oft und mit welchem zeitlichen Aufwand sie diesen Verrichtungen nachgegangen sind und in welchem Maße ihre Verletzungen sie an deren Ausführung hindert. Der Arbeitskreis will der Frage nachgehen, ob sich die Darlegungen vereinfachen lassen. Lässt sich der Bedarf objektivieren? Und welche Hilfsmittel sind dazu geeignet?
Arbeitskreis VI: Vorschaden und Schadensgutachten
Fast jedes gebrauchte Fahrzeug weist kleinere oder größere Vorschäden auf, die durch normalen Gebrauch oder durch einen Unfall entstanden sein können. Der AK wird den durch sie verursachten technischen und rechtlichen Fragen bei der Schadensregulierung nach einem Unfall mit weiterer Beschädigung des Fahrzeugs nachgehen.
Arbeitskreis VIII - Gefährdungshaftung des Reeders für Drittschäden?
Der Arbeitskreis wird sich mit der Frage befassen, ob die geltenden Haftungsregeln für Reeder beim Betrieb eines Schiffes noch zeitgemäß sind. Nach deutschem Recht haftet ein Reeder nach Schiffsunfällen für Schäden Dritter nur dann, wenn der Geschädigte der Schiffsbesatzung oder dem Reeder ein Verschulden nachweisen kann – es gilt die sogenannte Verschuldenshaftung. Bei Unfällen von Autos, Eisenbahnen oder Flugzeugen ist dies anders, denn dort gilt eine Gefährdungshaftung: Die Halter der Fahrzeuge haften hier auch ohne Verschulden.
Da Seeschifffahrt im globalen Kontext stattfindet, sind für die Haftung des Reeders aber nicht nur deutsche Gesetze, sondern auch verschiedene internationale Übereinkommen einschlägig. Diese sehen – abweichend vom deutschen Recht – zumindest für potentiell umweltgefährdende Transporte eine Gefährdungshaftung vor, zum Beispiel für den Transport von Öl. Der Arbeitskreis will in diesem Zusammenhang diskutieren, ob sich Rechtsänderungen auf nationaler oder internationaler Ebene empfehlen.
Die Versicherer halten das bestehende Haftungssystem mit einer Verschuldenshaftung des Reeders bei Sachschäden für ausgewogen. Auch die im Comité Maritime International (CMI) versammelte internationale Schifffahrtspraxis hat sich jüngst einhellig für die Beibehaltung einer Verschuldenshaftung des Reeders in einem internationalen Übereinkommen zum Zusammenstoß von Schiffen ausgesprochen. Eine schärfere Haftung für Sachschäden an Schleusen, Kanälen oder Offshore-Windkraftanlagen würde das nationale Recht davon entfernen und wird daher von den Versicherern skeptisch gesehen. (mho)