MiFID II: Banken sorgen sich um Folgekosten

20.07.2016

Zwei italienische Banken müssen vom Staat gestützt werden Foto: © bluedesign - fotolia.com

Die Umsetzung der MiFID-II-Richtlinie bei Banken in Deutschland pausiert. Der Grund: Der Starttermin wurde auf Januar 2018 verschoben. Der Readiness-Index, der den Status misst, erreicht daher nur 27 Prozent, lediglich fünf Prozentpunkte mehr als vor neun Monaten.

(fw/rm) Die Banken und Sparkassen sind damit kaum besser auf die Umsetzung der Richtlinie vorbereitet als vor neun Monaten. Sie konzentrieren sich derzeit auf die Einschätzung der Folgeaufwände der neuen Regelungen. Mehr als neun von zehn Instituten erwarten hohe laufende Kosten und eine Veränderung des Vertriebskonzepts. Das zeigt die vierte Auflage der Bankenstudie "MiFID II Readiness" der Unternehmensberatung PPI AG. Die MiFID II-Experten bei PPI raten dazu, den zusätzlichen zeitlichen Spielraum bis zur Umsetzung der Richtlinie in rund 1,5 Jahren zu nutzen. Daher rückt bei den Banken und Sparkassen der Fokus auch zunehmend weg von der Vorbereitung hin zur Zeit danach. Die Umsetzung und Einhaltung der Richtlinie mit ihren Folgekosten macht ihnen Kopfzerbrechen. Alle befragten Institute rechnen mit hohem Aufwand zur Anpassung der IT-Systeme als größte Konsequenz von MiFID II. 96 Prozent glauben an höhere laufende Kosten ab 2018. Die Schätzung haben sie im Vergleich zur Befragung im August 2015 nach oben korrigiert. 75 Prozent der Institute gehen davon aus, dass sich die Einhaltung der neuen Regeln für Beratungs- und Telefonprotokolle deutlich verteuern wird. Diese Einschätzung teilten 2014 und 2015 nur 56 Prozent. Mehr als jedes zweite Institut fürchtet die Folgekosten bei der laufenden Überprüfung der Eignung von empfohlenen Finanzprodukten. Sorge bereiten den Unternehmen zudem die höhere Frequenz, in der finanzmarkt- und anlegerspezifischen Performance Reports in Zukunft erstellt werden müssen.

Aufwand der Richtlinie größer als Nutzen

"Für viele Banken steht der Aufwand in keinem Verhältnis zum Nutzen. Denn die Entscheider in den Geldhäusern zweifeln an dem Erfolg der Richtlinie und fürchten Einschränkungen ihrer Geschäftsmodelle sowie den Wegfall von Einnahmequellen", sagt Christian Appel, Partner bei PPI. Zwei Drittel der Befragten rechnen nicht damit, dass das verlorengegangene Vertrauen der Kunden durch die Einführung von MiFID II zurückgewonnen werden kann. 86 Prozent können in der neuen Richtlinie nur negative Auswirkungen und keinerlei Chancen in Form neuer Geschäftsfelder sehen. Und 43 Prozent sehen sogar konkret Einnahmequellen wegfallen. 93 Prozent der Befragten rechnen damit, dass MiFID II ab 2018 die Vertriebskonzepte durcheinanderwirbeln wird. Produkte zu Festpreisen werden weniger, auch komplexe Produkte, wie Optionsscheine und Zertifikate sollen seltener angeboten werden. Denn für 94 Prozent der Institute haben die neuen Transparenzrichtlinien für komplexe Produkte eine kostenintensive Umstellung von Systemen und Prozessen zur Folge. Die höchsten Erlösausfälle erwarten die Institute durch die Einschränkung der Vertriebsprovision. Den bedeutendsten Aufwand für die Umsetzung transaktionsbezogener Anforderungen erwarten die Banken durch die Pflicht zur Aufzeichnung der Kommunikation bei Ordererteilung und der Einhaltung der neuen Transparenzanforderungen.

Umsetzung aufgeschoben

Angesichts dieser Aussichten haben es die Banken und Sparkassen mit der Umsetzung nicht übermäßig eilig. Nachdem der Termin für die Anwendung der Richtlinie um ein Jahr verschoben wurde, pausiert jedes vierte Institut mit dem gesamten Umsetzungsprozess, 63 Prozent nehmen sich mehr Zeit für die Umsetzung. Seit der Erhebung vor neun Monaten haben die Banken ihre MiFID II-Readiness um lediglich fünf Prozentpunkte auf 27 Prozent verbessern können. Trotz Terminverschiebung liegen sie damit noch weit unter dem avisierten Soll-Wert von 55 Prozent. "Ohne Aufschub hätten sie jetzt bereits bei 80 Prozent stehen müssen. Das sollte den Verantwortlichen zu denken geben", sagt Studienleiter Christian Appel von PPI.

Über die Studie "MiFID II Readiness"

Die Studie "MiFID II-Readiness - Stand der MiFID II-Umstellung in Banken" der PPI AG beschreibt den Status quo der Umsetzung der Finanzmarktrichtlinie MiFID II und zeigt strategische Handlungsoptionen auf. Im Mai 2016 wurden inzwischen zum vierten Mal MiFID-II-Verantwortliche aus 50 Kreditinstituten befragt. Die vorherigen Befragungen fanden im September 2014, März 2015 und August 2015 statt. Auf Basis der Angaben zur bisherigen Laufzeit und zur geplanten Fertigstellung wird der "MiFID II-Readiness-Index" ermittelt, der den aktuellen Stand der Umsetzung widerspiegelt. Um ein möglichst umfassendes Bild über den Fortschritt bei der Einführung von MiFID II in der deutschen Finanzwirtschaft zu erhalten, wird die Studie in regelmäßigen Abständen bis zum Inkrafttreten der neuen Richtlinie 2018 durchgeführt.

PPI Aktiengesellschaft

Die PPI Aktiengesellschaft ist seit 30 Jahren an den Standorten Hamburg, Kiel, Frankfurt, Düsseldorf, München, Paris und Zürich erfolgreich für die Finanzbranche tätig. 2015 erwirtschaftete das Unternehmen mit seinen 415 Mitarbeitern 54,3 Millionen Euro Umsatz in den drei Geschäftsfeldern Consulting, Software-Entwicklung und Software-Produkte. Im Electronic Banking liegt der Schwerpunkt auf sicheren und wirtschaftlichen Standardprodukten für die Kommunikation zwischen Firmenkunden beziehungsweise Privatkunden und ihrer Bank. Für EBICS-Produkte ist die PPI AG Marktführer in Deutschland. In der Software-Entwicklung stellt PPI durch professionelle und verlässliche Vorgehensweise eine hohe Qualität der Ergebnisse und absolute Termin- und Budgettreue sicher. Das Consulting-Angebot erstreckt sich von der strategischen über die bank- und versicherungsfachliche bis zur IT-Beratung. www.ppi.de