Fluch und Segen zugleich

14.04.2020

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Digitalisierung ist das große Thema für die Versicherungswirtschaft – die Makler jedoch hinken offenbar deutlich hinterher. Denn ihre Präsenz in den sozialen Medien ist zumindest stark ausbaufähig. Dabei könnten sie in jeder Hinsicht von der technischen Entwicklung profitieren. Und zwar nicht nur hinsichtlich ihrer Kundenbeziehungen und Vertragsabschlüsse, sondern auch im Hinblick auf den eigenen Geschäftsbetrieb. Mangelnde Akzeptanz digitaler Konzepte könnte allerdings auch eine Altersfrage sein.

Wenn es um das Thema Digitalisierung geht, benötigen Makler nicht nur ein neues Rollenverständnis – sie müssen auch selbst deutlich aktiver werden. Auf diesen Nenner bringt Dirk Pappelbaum, Geschäftsführer des Software-Unternehmens Inveda.net GmbH, die aktuelle Situation. Die Firma wurde 2002 gegründet und hat ihren Sitz in Leipzig. Schwerpunkt ist die Entwicklung von Software-Lösungen für die Versicherungswirtschaft in den Bereichen CRM, Beratungsprotokolle, Tarifvergleiche, Antragstellung, Provisionsabrechnung und Online-Portale. Pappelbaum sagt: „Auf den ersten Blick droht keine Gefahr.“ Immerhin werde laut GDV ein Viertel des Neugeschäfts in Deutschland über Makler vermittelt. Und deren Zahl liege stabil bei rund 46.000. Doch der Manager warnt auch unmissverständlich: „Allerdings ist vielen offenbar nicht bewusst, dass sie Gefahr laufen, ähnlich auszusterben wie einst die Dinosaurier.“ Nicht durch einen unerwarteten Meteoriteneinschlag, sondern durch Ignoranz gegenüber einer Entwicklung, die seit Jahren schon Alltag und Wirtschaft durcheinanderwirbele. Nach wie vor treffe man auf viele Versicherungsmakler, die die Zeichen der Digitalisierung nicht erkennen wollten, die Facebook, XING und LinkedIn ignorierten und das Internet für einen Feind hielten. Sie setzten – und das sei grundsätzlich auch richtig – allein auf Persönlichkeit und das gute alte Verkaufsgespräch. Frage man nach, hieß es, Versicherungen seien ein schwieriges Geschäft, das schließe der Kunde nicht im Internet ab. Pappelbaum: „Ein kurioses Phänomen dabei ist die Tatsache, dass eben jene Digitalverweigerer im Privaten selbstverständlich Produkte bei Amazon bestellen, Hotels via Booking.com buchen und Informationen zu Produkten im Internet recherchieren. Hier sind sie im digitalen Zeitalter angekommen, nur nicht in ihrem ureigenen Business.“ In der Tat würde ein Blick in diverse aktuelle Studien diese Makler eines Besseren belehren. Sie zeigen nämlich klar und deutlich, dass die deutschen Versicherungskunden immer offener für neue Vertriebskanäle werden und die digitale Revolution in der Versicherungswirtschaft antreiben. So sind laut der Adcubum-Untersuchung „Digitale Versicherung 2019“ bereits 69 % der Bundesbürger bereit, Versicherungen komplett online abzuschließen. 70 % haben das bereits einmal getan. Noch deutlicher ist eine Studie des GDV aus dem Jahre 2016, die sogar die Beratungs- und Informationskompetenz der Vermittler in Frage stellte. Weit vorne in der Beliebtheit der befragten Teilnehmer lagen stattdessen Verbraucherzentralen und Internet-Vergleichsportale. Ein Trend, der sich noch verstärken wird. Klar ist laut Pappelbaum, dass der Versicherungsmakler als Einzelkämpfer kaum eine echte Chance hat, in digitale Konkurrenz zu den Branchenschwergewichten oder smarten InsurTechs zu treten, schon gar nicht mit einer simplen Website. Welcher Makler könne es sich schon leisten, bei Google für das Keyword Hausrat zehn Euro und mehr für einen Klick auf seine Webseite auszugeben? Das mache auch wirtschaftlich keinen Sinn.

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