Das große Wachstumsrätsel

18.07.2018

Michael Beck, Leiter Asset Management Ellwanger & Geiger / Foto: © Ellwanger & Geiger

Haben die Provokationen und feindseligen Äußerungen des US-Präsidenten Trump gegenüber den (eigentlich) engsten Verbündeten der USA negative Auswirkungen auf das Weltwirtschaftswachstum oder nicht? Finanzmarktakteure sind generell empfindlich, was atmosphärische Störungen aller Art angeht, und so verwundert es nicht, wenn Bedenken wachsen, dass der drohende Handelskrieg der USA mit China auch das gesamte Weltwirtschaftsklima belasten könnte. Zunächst jedoch werden neue Export-Rekordmarken Chinas in Richtung USA vermeldet. Dabei dürfte es sich allerdings um Vorzieheffekte handeln, um noch so viele Waren wie möglich vor den künftigen Zollbelastungen in die US-Wirtschaft zu bekommen.

Die Wirtschaft der USA scheint noch auf sehr gutem Weg zu sein. Jedoch wird mit Argusaugen die Zinsstrukturkurve beobachtet. Sie ist kurz davor, invers zu werden, was seit jeher als Vorbote einer Rezession interpretiert wird. Zudem machen das dilettantische handelspolitische Auftreten der Trump-Administration und die fassungslos machenden politischen Aktivitäten des US-Präsidenten eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Stimmung und Lage in den USA wahrscheinlich. Derweil entstehen neue Allianzen zwischen Europa und China, aber auch zwischen Europa und Japan, wie die soeben gegründete Freihandelszone zwischen diesen beiden Regionen zeigt. Die freundlichen Kursbewegungen vieler Aktienmärkte der letzten Tage scheinen dies zu goutieren.

Dennoch werden diese Bestrebungen nicht ausreichen, um bei einem massiv eskalierenden Handelsstreit der Welt mit den USA negative Auswirkungen auf das Weltwirtschaftswachstum zu vermeiden. Der IWF hat zur Beruhigung vieler Marktteilnehmer immerhin die Prognose für die Weltwirtschaftswachstumsraten für 2018 und 2019 mit jeweils +3,90 % bestätigt, weist aber kryptisch auf die Risiken eines eskalierenden Handelsstreites hin. Umso wichtiger werden nun die aktuellen Ergebnisse der beginnenden Berichtssaison der Unternehmensgewinne sein. Die Spreu trennt sich langsam vom Weizen. Überzeugende Gewinnausweise werden ebenso durch massive Kursaufwertungen belohnt, wie enttäuschende Ergebnisse wahre Kursstürze auslösen. Bis das Wachstumsrätsel gelöst ist, wird uns diese Unsicherheit an den Aktienmärkten begleiten.

Kolumne von Michael Beck, Leiter Asset Management Bankhaus ELLWANGER & GEIGER KG