Nasse Füße

09.01.2019

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Es stürmt, es hagelt, und es schüttet vom Himmel wie wild in Deutschland. Schwere lokale Unwetter werden von einer Ausnahme zum Normalzustand. Noch streiten die Experten, ob daran der Klimawandel schuld ist. Sicher ist hingegen, dass gegen Folgeschäden am Eigenheim häufig nur eine Elementarversicherung hilft – die die Mehrheit der Eigenheimler jedoch nicht besitzt.

Naturgewalten haben 2017 insgesamt 2,9 Mrd. Euro Versicherungsschäden verursacht. Im Jahr zuvor waren es noch 400 Mio. Euro weniger. Davon gingen rund 2,6 Mrd. Euro und damit 90 % allein auf das Konto von Sturm und Hagel. 2016 lag dieser Anteil bei 1,6 Mrd. Euro; das entsprach rund 65 % des Gesamtschadens. Gut 300 Mio. Euro Schäden richteten Starkregen und Hochwasser an. „Wenige verheerende Stürme über weiten Teilen Deutschlands und viele lokale Unwetter mit Hagel und Starkregen prägen das Schadenjahr 2017. Es war erneut ein Jahr der extremen Ereignisse“, sagte der Präsident des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), Wolfgang Weiler, bei der Vorstellung des Naturgefahrenreports in Berlin. Von den 2,9 Mrd. Euro Gesamtschaden entfielen auf die Sachversicherer Schäden an Wohngebäuden, Hausrat, Gewerbe, Industrie und Landwirtschaft in Höhe von zwei Mrd. Euro. Die Kfz-Versicherer schulterten Schäden an Fahrzeugen in Höhe von 860 Mio. Euro. In der Langzeitbetrachtung seit 2000 verursachten alle Naturgewalten im Durchschnitt einen versicherten jährlichen Schaden von 3,5 Mrd. Euro. Die Stürme des Winters 2017/2018 schlugen bei den Wohngebäudeversicherern bereits mit über 1,2 Mrd. Euro zu Buche. „Wir gehen davon aus, dass 2018 in die Liga der fünf schwersten Sturmjahre der letzten 20 Jahre fallen wird“, sagte Weiler. Mehr als die Hälfte der Schäden geht auf das Konto der Stürme „Friederike“ und „Burglind“ im Januar 2018. Nur die Winterstürme „Lothar“ (1999), „Jeanett“ (2002) und „Kyrill“ (2007) waren seit 1997 noch stärker als „Friederike“.

93 % der Hausbesitzer sind zwar gegen Sturm- und Hagelschäden versichert. Einen Rund-um-Schutz fürs Haus haben jedoch lediglich 41 %: Und nur sie sind auch gegen weitere Naturgefahren wie Starkregen und Hochwasser abgesichert. Warum das so ist, darüber rätseln die Experten. Dr. Immo Dehnert, Kommunikationschef der Württembergische, erklärt: „Warum Hausbesitzer sich nicht ausreichend gegen Hochwasser und Überschwemmung versichern, darüber möchten wir nicht spekulieren. Das sind persönliche Entscheidungen.“ In der Tat spreche aber viel für den Abschluss einer so genannten Elementarversicherung, da in den letzten Jahren in Deutschland verstärkt schwere Unwetter aufgetreten seien und entsprechende Schäden verursacht hätten. Zudem wollten Bundesländer Hilfsgelder künftig nur noch an Betroffene vergeben, wenn diese sich zuvor erfolglos um eine Elementarversicherung bemüht hätten oder ihnen eine solche Versicherung nur zu unzumutbaren Konditionen angeboten worden sei. „Staatliche Hilfen dürfen und können kein Ersatz für einen eigenen Versicherungsschutz sein“, begründet etwa die bayerische Landesregierung ihre Entscheidung, die Soforthilfen künftig nur noch in Härtefälle zu gewähren. Wobei Hausbesitzer mit einer Versicherungspolice ohnehin besser fahren. Daraus gibt es in der Regel nämlich deutlich mehr Geld als von staatlicher Seite. Carsten Pribyl, Sprecher der LVM, mutmaßt hingegen: „Das kann daran liegen, dass dieser Versicherungsschutz häufig nur bei Wohnlagen in unmittelbarer Nähe zu Flüssen oder Bächen für notwendig gehalten wird.

Manche Hauseigentümer schätzen den Umfang ihrer Wohngebäudeversicherung auch falsch ein.“ In vielen Verträgen seien jedoch oft nur die Gefahren Feuer, Leitungswasser, Sturm und Hagel versichert, nicht jedoch Überschwemmungen beziehungsweise Rückstau durch Starkregen oder Hochwasser. Ein Irrtum sei es übrigens, dass für viele Häuser kein Versicherungsschutz verfügbar stehe. 99 % der Gebäude in Deutschland seien versicherbar. Deshalb steht immer mal wieder die Frage im Raum, ob nicht gleich eine allgemeine Versicherungspflicht für Elementarschäden eingeführt werden soll. Bisher ohne großen Konsens. Rolf Mertens, Bereichsleiter Sparten Management Haftpflicht- und Sachversicherung Privatkunden Deutschland bei ERGO, setzt ganz klar auf private Initiative und erklärt zugleich, wie man die Prämie für den Versicherungsschutz drücken kann: „Versicherungsschutz ist flächendeckend verfügbar – sogar für Gebäude, denen statistisch alle zehn Jahre ein Hochwasserschaden droht. Mithilfe von Präventionsmaßnahmen wie beispielsweise druckwasserdichten Fenstern und vertretbaren Selbstbehalten können Immobilienbesitzer in ZÜRS 4-Gebieten die Prämie soweit reduzieren, dass der Versicherungsschutz bezahlbar wird.“ Eine Immobilie gegen Extremwetter zu versichern, koste im Jahr etwa so viel wie die Vollkaskoversicherung für den Pkw. Mertens: „Hier geht es im Schadenfall aber um die Existenz. Denn ein Haus zu sanieren oder gar neu zu bauen kostet Hunderttausende von Euro, manchmal sogar Millionen.“ Selbstbeteiligungen in der Elementarschadenversicherung seien wichtig, damit die Prämien auch bei insgesamt steigenden Risiken bezahlbar blieben. (hdm)