Hoffen auf den Frühling
04.03.2020
Michael Beck, Leiter Asset Management Ellwanger & Geiger / Foto: © Ellwanger & Geiger
Die letzten Monate und Jahre wurde allenthalben auf Zeichen geachtet, wie stark sich der beginnende Klimawandel nun in der Natur zeigt. Neben stärkeren Stürmen, mehr Starkregenereignissen oder ausgeprägten Dürrephasen fiel auf, dass in den letzten Jahren immer früher sehr hohe, teils sommerliche Temperaturen erreicht wurden. Menschen, die niedrigere, eher nordische Temperaturen mögen, war dies ein Graus. Aber selbst diese fiebern mit den Sonnenanbetern jetzt den ersten sommerlichen Frühlingstemperaturen entgegen. Der Grund liegt darin begründet, dass die Übertragung von Viren im Allgemeinen ab einer Temperatur von 20 Grad zunehmend erschwert wird und Erkältungs- oder Grippewellen relativ schnell auslaufen. Auch das neuartige Corona-Virus, das sich zurzeit weltweit verbreitet und aufgrund seiner Neuartigkeit und noch nicht existierender Impfstoffe für große Besorgnis sorgt, hält sich zum Glück an diese Eigenschaft, die allen Viren eigen ist.
Bis sich die sommerlichen Temperaturen hierzulande einstellen, dauert es allerdings noch eine ganze Weile. So werden uns die täglichen „Wasserstandsmeldungen“ über neue Ansteckungsfälle erhalten bleiben. Die Finanzmärkte haben auf die Erkenntnis, dass sich das Corona-Virus nun überall ausbreitet, panisch und mit crashartigen Zuständen reagiert. War bisher nur die Industrie in einem rezessiven Umfeld gefangen, droht nun der Dienstleistungssektor in Mitleidenschaft zu geraten, der die letzten 12–15 Monate die Konjunktur am Laufen gehalten hat. Absagen von Messen, Großveranstaltungen und die massenhafte Reduzierung von Reisen, Restaurantbesuchen oder Einkäufen (außer Lebens- und Desinfektionsmittel) werden zu einer massiven Eintrübung der Konjunkturperspektiven und wahrscheinlich auch zu rezessiven Tendenzen führen. Sollten in Deutschland die ersten Todesfälle, die wohl ebenso wie bei der „normalen“ Grippeepidemie unvermeidlich sein werden, vermeldet werden, könnte die Hysterie um das Corona-Virus nochmal einen Höhepunkt erreichen. Die Epidemie wird jedoch auslaufen und die Aufregungen werden sich legen. Die Frage wird sein, wie viel Abwärtspotential die Aktienmärkte noch haben. Die überraschend hohe Leitzinssenkung der US-Notenbank Fed hat die Lage nur stabilisiert, aber noch für keine Erleichterungsrally gesorgt. Es steht zu erwarten, dass bis zum Wiederaufleben der Epidemie im Herbst Medikamente bzw. Impfstoffe entwickelt sein werden. Diese werden zwar noch nicht den offiziellen Behörde-Genehmigungsweg gegangen sein, aber das dürfte in diesem Fall beschleunigt werden. So besteht die Möglichkeit, dass die Aktienindexstände zwar derzeit eine Rezession einpreisen, sich aber über den Sommer beruhigen und zum Jahresende ihre Übertreibungs- und Panikregionen verlassen können.
Marktkommentar von Michael Beck, Leiter Asset Management Bankhaus ELLWANGER & GEIGER