Die kleinen Eigenheiten

13.03.2018

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Die auf Investmentfonds spezialisierte Researchfirma Morningstar hat ein Ranking der Fondsanbieter in Europa auf Grundlage des verwalteten Vermögens per Ende 2017 veröffentlicht. Allerdings beschränkten sich die Analysten nicht darauf, einfach die in den Geschäftsberichten nachlesbaren Volumina zu addieren zu vergleichen. Sie beziehen die Qualität der Fonds ein und gewichten die Summen der einzelnen Fonds gemäß ihrer hauseigenen Qualitätsbewertung. Als Bezugspunkt wurden die von Morningstar vergebenen Sterne herangezogen. Das mag für das Ranking auf den ersten Block merkwürdig erscheinen, liefert aber bei näherer Betrachtung interessante Hinweise für die Berater.

Beim reinen Größenvergleich werden zunächst nur von den Ratings erfasste Teile des Vermögens beim Vergleich berücksichtigt. Daher rangiert ein Schwergewicht vom deutschen Markt wie die zur Sparkassengruppe gehörige DEKA mit einem verwalteten Vermögen von rund 126 Mrd. Euro auf Platz 27 unter „ferner liefen“, weil eben nur rund 54 Mrd. Euro den von Morningstar bewerteten Bereich zugeordnet entfallen. Ähnlich bei den Assetmanagern der Genossenschaften bei der Union Investment, die sich selbst ein verwaltetes Vermögen von rund 320 Mrd. Euro zuschreiben, von denen die Morningstar-Analysten aber nur rund 93 Mrd. Euro in den Blick nehmen.

Aber auch die französischen Asset-Manager kommen dabei nicht sonderlich gut weg: Für die Amundi, die sich mit einem verwalteten Vermögen von 1,4 Billionen Euro (1.400 Milliarden Euro) als Nummer 1 in Europa sieht, werden von Morningstar nur 208,6 Milliarden angerechnet, was Platz 2 nach Blackrock (den Amerikanern werden rund 262,2 Mrd. Euro zugerechnet) bedeutet. Offenbar passen die französischen Häuser nicht allzu gut zur amerikanisch geprägten Sicht von Morningstar. In diese Richtung deutet nämlich auch, dass Amundi und die ebenfalls französische BNP-Paribas zu den drei am schwächsten bewerteten Häusern gehören anhand der durchschnittlichen Bewertung aller Fonds. Die Fonds der BNP-Paribas erhalten im Durchschnitt über alle Fonds gerade 2,88 Sterne, bei Amundi sind es 2,99.

Aber auch das nach den durchschnittlichen Bewertung „beste“ große Haus, die niederländische Robeco (mit durchschnittlich 3,64 Sternen) muss sich bei der Gewichtung des Volumens einen kräftigen „Haarschnitt“ gefallen lassen: Von den nach eigenen Angaben verwalteten rund 161 Mrd. Euro zählen für das Ranking bei Morningstar nur 52,7 Mrd. Euro. Immerhin: Bei Robeco liegen 76% des Vermögens in Fonds der beiden höchsten Kategorien, die mit 4 oder 5 Sternen ausgezeichnet werden.

Die beiden französischen Häuser Amundi und BNP-Paribas landen auch bei diesem Vergleich auf den hinteren Plätzen mit 35% bzw. 36%. Die Deka schneidet mit 33% noch ein wenig schlechter ab. Hier präsentiert sich unter den bankorientierten deutschen Anbietern die zur Deutschen Bank gehörige DWS ebenfalls als eher schwach (nur 45% des Volumens liegen in „guten“ Fonds mit 4-5 Sternen). Die DWS wirkt von den Ergebnissen her insgesamt eher graumausig und ziemlich überdurchschnittlich durchschnittlich, was nicht so recht zum Image der Deutschen Bank passt, das immer noch vom offiziell bereits abgeschafften Slogan „Leistung aus Leidenschaft“ geprägt ist. Interessanterweise haben die Genossenschafter von der Union Investment auch in diesem Vergleich die Nase klar vorn (57%).

Jenseits dieser diskussionswürdigen Bewertungsfragen enthält das Ranking aber auch wichtige Hinweise auf die speziellen Qualitäten der Häuser. Eine gute Grundlage dafür ist die Bewertung anhand des durchschnittliche Ratings der Fonds (gewichtet mit dem Volumen), welches die Analysten jeweils gesondert für die drei großen Gruppen Aktien („Equity“), Renten („Fixed Income“) und Mischfonds („Allocation“) vorgenommen haben. Damit wird ein grobes Stärken-Schwächen-Profil insbesondere der 100 Häuser greifbar, die in zwei Gruppen aus der wesentlich größeren Datenbasis herausdestilliert worden sind, einemal die 50 größten sowie die 50 besten gemäß durchschnittlichem Rating aus den 75% (zweites bis viertes Quartil) der kleineren Anbieter.

Betrachtet man die Aktien- und Rentenfonds jeweils für sich, liegen die angelsächsisch geprägten Häuser PIMCO, Robeco, Jupiter und Schroders (in dieser Reihenfolge) klar vorne. Nur diese vier erzielen im gewichteten Durchschnitt in beiden Sparten jeweils mehr als 4 Sterne. Genau das aber gelingt keinem dieser Häuser bei den Mischfonds. In dieser Kategorie liegen mit Vanguard, M&G, Allianz Global Investors, Natixis, Danske Invest, Union Investment, Invesco und Nordea ganz andere Häuser an der Spitze mit durchschnittlich mehr als 4 Sternen für diese Fonds. Die größte Fallhöhe weist Schroders auf mit durchschnittlich nur 2,97 Sternen bei den Mischfonds. Offenbar ergibt sich aus hoher Kompetenz für die beiden wichtigsten Märkte der Mischfonds (Aktien und Renten) nicht automatisch eine Kompetenz zur Steuerung der komplexeren Strategien wie umgekehrt die strategischen Qualitäten der Mischfonds-Manager kaum einen greifbaren Vorteil bei den „reinrassigen“ Fonds bringen.

Das verblüffendste ist wohl, dass es zwischen den jeweiligen Spitzengruppen kaum Überschneidungen gibt. Überspitzt gesagt: Wer „Mischfonds kann“, ist bei reinen Aktien- und Rentenfonds bestenfalls Durchschnitt. Umgekehrt beweisen viele bei den Mischfonds eher durchschnittliche Häuser mit ihren reinrassigen Aktien- oder Rentenfonds hohe Qualität. Nur beides zusammen, das kommt nicht vor. Wir haben unter den 50 größten Häusern keines gefunden, das sowohl bei den Mischfonds als auch den „reinrassigen“ jeweils mindestens 4 Sterne im Durchschnitt erreicht. Es passt immer nur auf einer Seite. Man könnte vermuten, dass sich in den einzelnen Häusern klar unterschiedliche Kulturen entwickelt haben, die jeweils eine der beiden Sparten bevorteilen. Von daher liefern die Morningstar-Daten trotz der eingangs geschilderten Vorbehalte in den Bewertungsfragen mit Hilfe des aufscheinenden Stärken-Schwächen-Profils der einzelnen Häuser einen wertvollen Beitrag zur Orientierung bei der Fonds-Selektion gerade auch für Berater, die sich fragen, welches Haus, welche Investment-Philosophie zum jeweiligen Kunden passen könnte. (mk)