Kommentar zum griechischen Referendum

05.07.2015

Dr. Christoph Bruns (li.) und Ufuk Boydak (re.)

Mit deutlicher Mehrheit hat das griechische Wahlvolk der Regierung von Ministerpräsident Tsipras am Sonntag das Vertrauen ausgesprochen.

Damit drücken die Bürger des bankrotten Staates aus, dass Sie an Reformen und einer konstruktiven weiteren Zusammenarbeit mit ihren Gläubigern nicht interessiert sind. Die Länder der Euro-Gruppe werden dadurch gezwungen, ihre Fehleinschätzungen zur Reformfähigkeit Griechenlands zu korrigieren und ihren seit Jahren andauernden Rettungskurs zu verändern. Griechenland sollte nun konsequenterweise eine eigene Landeswährung schaffen und den Euroraum verlassen. Sofern die Europäische Zentralbank ihre Zahlungen an Griechenland einstellt ist der Grexit vollzogen. Für eine fortgesetzte Staatsfinanzierung fehlt der EZB das Mandat. Die offenen Forderungen gegen Griechenland müssen realistischerweise als uneinbringlich angesehen werden, sodass die Finanzminister die an Griechenland vergebenen Kredite der verschiedenen Rettungstöpfe auf null abschreiben sollten, wie das in Unternehmen üblich wäre. Der deutsche Finanzminister darf sich auf einen Zahlungsausfall von mindestens 90 Milliarden Euro einrichten.

Griechenland selber fällt zurück in einen Schwellenländerstatus und muss versuchen, mit Hilfe einer neuen Währung Güter und Dienstleistungen zu günstigen Kosten zu produzieren und - wenn möglich - zu exportieren. Zugleich muss das dysfunktionale Staats-, Verwaltungs-, und Steuerwesen vollkommen restrukturiert werden, um im Verlauf von ein bis zwei Generationen die Chance zu haben, wirtschaftlich zu den Staaten der EU aufzuschließen. Die Regierungskoalition aus links- und rechtsradikalen Parteien hat in Athen jetzt das Mandat erhalten, ohne die Hilfe der europäischen Partner an die Aufräumarbeiten der verkorksten letzten dreißig Jahre zu gehen.

Für die Börsen gleicht die Entwicklung, abgesehen vom Schock der ersten Überraschung, einem ´Non-Invent´, denn Griechenland spielt weder an den Zins-, noch an den Aktien und Währungsmärkten eine ökonomisch wahrnehmbare Rolle. Entsprechend erwartet das LOYS Fondsmanagement eine alsbaldige Rückbesinnung der Finanzmärkte auf die drängenderen Probleme der globalen Wirtschaft. Dabei dürfte der Frage hohe Aufmerksamkeit zukommen, ob die im Frühjahr begonnene Zinswende am langen Ende der Zinsstrukturkurve eine Fortsetzung findet. Zudem spricht manches dafür, dass die amerikanische Notenbank zum Ende des Jahres die Leitzinsen leicht anheben wird. Folglich wird man die Wachstumsentwicklung der USA im zweiten Quartal sehr sorgsam analysieren müssen, nachdem es zuletzt eher schwache Konjunktursignale aus Nordamerika gab.

Ebenfalls von Interesse ist der jüngste Börseneinbruch in China nach vorangegangener Superhausse. Wenngleich die Entwicklung lediglich die chinesischen Inlandsbörsen betrifft und Hongkong untangiert lässt, empfiehlt es sich, die Lage im Reich der Mitte sorgfältig im Auge zu halten.

Demgegenüber kann sich Europa auf eine Fortsetzung der Dauernullzinspolitik der EZB einrichten. Die Aktienmärkte, die seit geraumer Zeit durch die niedrigen Zinsen Unterstützung erhalten, erfahren durch die niedrigen Rohstoffpreise und den seit vielen Monaten schwächelnden Euro zusätzlichen Rückenwind. Wahrscheinlich werden sich die Rotationstendenzen raus aus Anleihen und rein in Eigenkapitaltitel in den vor uns liegenden Monaten verstärken. Hinzu kommt, dass in wenigen Tagen die Quartalsberichtssaison der Unternehmen beginnt und sich die Aufmerksamkeit sodann auf die Unternehmen fokussieren dürfte.

Die europäische Einheitswährung Euro dürfte in den kommenden Wochen und Monaten aufwerten, sofern das schwächste Glied der Eurokette – Griechenland – den Währungsraum verlässt.

Das Fondsmanagement hat in allen LOYS Fonds Liquiditätspuffer aufgebaut, die ein opportunistisches Zukaufen kurzfristig unter Druck geratener Qualitätsaktien erlauben.

Chicago und Frankfurt am 6. Juli 2015

Autoren: Dr. Christoph Bruns und Ufuk Boydak