Von der Stange geht nicht

29.12.2020

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Für ein kleines Gewerbe kann ein Schaden genauso verheerende Folgen haben wie für ein großes Unternehmen. Makler sollten deshalb hier auch mit derselben Sorgfalt beraten. Und nicht nur schnell zu einer Multi Risk-Police greifen. Davon rät nämlich selbst so mancher Versicherer ab.

KMU sind das Rückgrat der deutschen Wirtschaft – und überaus vielfältig. Die Bandbreite reicht vom Installationsbetrieb „an der Ecke“ bis zum international vernetzten Familienunternehmen. Entsprechend muss sich natürlich auch der Versicherungsschutz unterscheiden. „Von der Stange“ geht nicht, doch wie individuell können und müssen Versicherungstarife schon alleine beim Kleingewerbe sein, das für sich schon nicht in eine einzige große Schublade passt? Dr. Christian Gründl, Vorstandsmitglied der ERGO und dort verantwortlich für das Individualgeschäft, sagt: „Jeder Kunde braucht – bei aller Standardisierung von Produkten und Prozessen – einen passgenauen Versicherungsschutz. Nur so werden alle Risiken ausreichend bedacht und abgedeckt. Standardisierung muss bis zu einem gewissen Grad sein, um die Prämie günstig halten zu können und trotzdem noch auf die Spezifika einer Branche eingehen zu können.“ Auf Zielgruppen zugeschnittener Deckungsschutz decke die Besonderheiten einzelner Branchen ab. Beispielsweise für Gastronomen der Versicherungsschutz für Außenmöbel und Kühlwaren, für Heilberufe die Inhalte von Arztkoffern und so weiter. In eine ähnliche Richtung gingen in Cyber beispielsweise die Branchentarife und Sonderkonzepte für Heilwesen, Kammerberufe oder Finanzvermittler. Genauso sieht das Michael Groß, Leiter der Hauptabteilung Tarif bei der Barmenia: „Neben einem weitgehend identischen Bedarf für alle Betriebsarten gibt es bei einzelnen Betriebsarten auch besondere Risiken, für die ein besonderer Versicherungsschutz erforderlich ist.“ So sei es insbesondere für Handwerker wichtig, dass auch für sogenannte „Tätigkeitsschäden“ geleistet werde und beispielsweise auch die Möglichkeit bestehe, Risiken der Transportversicherung (Werkverkehrsversicherung) abzusichern.

Im Gastronomiegewerbe seien beispielsweise Risiken wie Fett-/Ölabscheider regelmäßig vorhanden, für die auch Deckung über die Umwelthaftpflicht- und Umweltschadensversicherung bestehen sollte. Aber auch Risiken wie Kegelbahnen, Säle und sogar Sport-/Fitnesseinrichtungen seien dort häufig anzutreffen. Das gelte auch für die Haftung des Gastwirtes für „eingebrachte Sachen“ der Beherbergungsgäste, einschließlich der in Gastgaragen eingestellten Kfz der Gäste.

Multi Risk nicht sonderlich beliebt

Die Art, wie die einzelnen Versicherer ihre Produkte zur gewerblichen Haftpflicht- und Sachversicherung gestalteten, sei durchaus unterschiedlich. Für die Gestaltung der Vertragsbedingungen in seinem Unternehmen bedeute dies, dass alle Leistungen und auch alle Besonderheiten, die gegebenenfalls nur für einzelne Betriebsarten gelten würden, in einem Bedingungswerk geregelt seien – jeweils eines für die Sach- und Haftpflichtversicherung. Auf diese Weise sei sichergestellt, dass die Betriebe, die den erweiterten Schutz brauchten, diesen auch erhielten. Umgekehrt sei es für Gewerbetreibende, die bestimmte Risiken überhaupt nicht hätten, unschädlich.

Von Multi Risk-Policen halten beide Manager nicht sonderlich viel. Dr. Gründl: „Sie sind ein Ansatz, standardisierte Lösungen anzubieten. Oftmals entsprechen sie jedoch nicht dem Kundenbedarf.“ Eine gute Alternative zu Multi-Line-Produkten könnten Bündelpolicen sein – damit könne der Versicherungsschutz über mehrere Sparten zusammengestellt, und es könnten gute Konditionen bei ausreichender Flexibilität generiert werden. Für Groß ist immer das Ergebnis ausschlaggebend – nämlich der passende Versicherungsschutz für den zu versichernden Betrieb: „Durch welche Art der Vertragsgestaltung dieses Ziel erreicht werden soll, gehört zur individuellen Produktphilosophie des einzelnen Versicherers. Um dieses Ziel zu erreichen, muss es sich aber nicht unbedingt um eine sogenannte Multi Risk-Police handeln.“ (hdm)