Honorarberatung hat keine Zukunft

23.02.2015

Die Diskussion um die Honorarberatung geht in die entscheidenden Runden. Eine flächendeckende Einführung in Deutschland erscheint fraglich. Die Deutschen lehnen die Bezahlung für Beratung ab.

2015-02-24 (fw/db) Die Honorarberatung gilt immer noch bei europäischen Regulierern und der Verbraucherschutz-Lobby als Alternative zur Beratung auf der Basis einer in Versicherungen einkalkulierten Courtage oder Provision. Studien in Deutschland zeigen aber, dass die Menschen mehrheitlich keine Präferenzen für die Honorarberatung haben. Die Form der Beratung und den Nutzen einer Vorsorge- und Risikoanalyse sind für Laien in Versicherungs- und Finanzfragen oft nur schwer zu bewerten.

„Die Honorar-Beratung in Deutschland hat keine Zukunft“, sagt Andreas Brunner, Vorstand der Maklergenossenschaft VEMA und selbständig tätiger Versicherungsmakler. „Die Honorarberatung kann im Bereich der klassischen Sachversicherung und Altersvorsorge für Privatkunden und Mittelstand in Deutschland nicht umgesetzt werden, da der Markt dafür nicht da ist. Weder auf Berater noch auf Kundenseite. Wichtig ist: Ich spreche hier nicht von der Vermittlung von Finanzanlageprodukten wie geschlossenen Immobilien-, Flugzeug- oder Schiffsfonds. Dort sehe ich Regulierungsbedarf. Unsere klassischen Versicherungsprodukte wie eine Hausrat oder eine Maschinenversicherung brauchen keine neuen Spielregeln.“

Die Menschen suchen nach fairen Vorschlägen, die vor allem zu ihrer Situation, Bedarf und Zukunft passen. Ein Zwang zur Honorarberatung ist da weder erforderlich, noch hilfreich oder in der Fläche verfügbar. Den Menschen und Unternehmen bietet die unabhängige Form einer Beratung und Vermittlung durch die Beauftragung eines Versicherungsmaklers die beste Möglichkeit um an den geeigneten Versicherungsschutz zu gelangen. Da der Berufsstand der Versicherungsmakler die Interessen der Kunden gegenüber den Versicherungsunternehmen vertreten, kann er auf die Breite des Versicherungsmarktes zugreifen und das geeignete Produkt bei der zum Kunden passenden Gesellschaft auswählen, anbieten, vermitteln und den Kunden laufend betreuen.

Zu viele praktische Probleme

Eine größere Akzeptanz einer von der Vermittlung unabhängigen Honorarberatung setzt faire Rahmenbedingungen voraus. Die zu Beratenden sollten zunächst in der Lage sein, sich aktiv an der Definition seines Absicherungs- oder Vorsorgebedarfs zu beteiligen. Ein späterer Kunde muss bereit sein, eigenverantwortlich Entscheidungen unter Unsicherheit zu treffen, die erst langfristig Auswirkungen auf sein Risiko und seine finanziellen Handlungsspielräume haben.

Die erst oft mittel- und langfristig spürbaren und sichtbaren Auswirkungen einmal getroffener Entscheidungen bieten wenig Anreiz für die Inanspruchnahme einer Honorarberatung, da das Ergebnis einer bestimmten Deckungs- oder Vorsorge-Entscheidung im Nachhinein kaum noch einer speziellen Beratung zugeordnet werden kann.

Vielen Menschen sind in der Schule, Berufsausbildung oder Studium zumeist keine allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Grundkenntnisse oder Bedeutung von Risiko-Management vermittelt worden. Viele haben folglich kein Verständnis für Risiko- und Vorsorgethemen. Die meisten empfinden das Umgehen mit Finanzthemen sogar als so lästig, wie das Erstellen einer Steuererklärung. Beratungsgespräche scheitern oft in einer frühen Phase daran, dass sich der mögliche Kunde von einem ihm überlegen erscheinenden Experten überfordert fühlt und im Gespräch nur beschränkt rational reagiert.

Versicherungsmakler, die als Versicherungsmarktwächter an der Seite ihrer Mandanten arbeiten, wissen dass die meisten Ratsuchenden zunächst ihren Beratungsbedarf gar nicht überblicken, da sie die gesamte Spannweite der für sie persönlich relevanten Risiken und Absicherungsthemen nicht kennen. Die Komplexität versicherungstechnischer und finanzieller Fragestellungen führt dazu, dass die Laien ab einem bestimmten Punkt bei der Aufnahme zusätzlicher Informationen überfordert sind. Die Bereitschaft, nach einem Erstgespräch Entscheidungen zu treffen, ist in der Praxis sehr begrenzt. Der Anleger verspürt eine eher geringe Kompetenz in Versicherungs- und Risikofragen, die er gegenüber dem Experten oft nicht eingestehen möchte. In der Praxis erwarten die Menschen, Unternehmen und Organisationen zumeist eine sehr konkrete Handlungsempfehlung anstelle der Notwendigkeit, unter den verschiedenen Alternativen und Deckungskonzepten eigenverantwortlich auszuwählen und ihr Lösungs-Paket zusammenzustellen.

Die Bürger wollen oder können für Beratung nicht zahlen

Am Anfang sind nur wenige Anleger bereit, für diese Dienstleistung zu bezahlen, die sie im klassischen Vermittlungsgespräch bisher vermeintlich kostenfrei erhalten haben. Selbst eine Minderheit die dazu bereit wäre hat Schwierigkeiten, für ein Beratungsgespräch ohne konkrete Handlungshinweise, ohne Vertragsabschluss und ohne Eintritt eines Erfolgs den branchenüblichen Mindeststundensatz von 100 bis 150 Euro für die Honorarberatung zu akzeptieren.

Bei der Absicherung eines Eigenheims, die Versicherung der Fahrzeuge und vorhandenen Fahrräder, der Gestaltung von Vorsorgen für die Themen Erwerbsunfähigkeit, Berufsunfähigkeit, Gesundheit, Pflege und Altersvorsorge sind da durchschnittlich 20 Stunden Aufwand erforderlich, was einem Honorar von 2.000 bis 3.500 Euro entspricht. Die regelmäßige Überprüfung, Schadensservice und erneuter Marktanalyse würde ein jährliches Folgehonorar von mindestens 2.500 Euro auslösen.

„Vor allem hängt die Qualität und der nachhaltige Erfolg nicht von der Form der Beratung, sondern ausschließlich von der richtigen Wahl der passenden Lösungen“, sagt Brunner. „Und für diese Leistungen haften wir Versicherungsmakler bis zu mehreren Millionen Euro direkt gegenüber unseren Kunden. Bei den Honorarberatern wäre ist diese Haftung zumeist nur auf das Honorar begrenzt und das ist bei existenziellen Fragen viel zu wenig.“

Dietmar Braun