Die schleichende Enteignung

04.10.2016

Rolf Ehlhardt

Nachdem besonders wir Deutsche zur Sparsamkeit erzogen wurden, wird der Sparer heute mit Minuszinsen bestraft! Mit allen negativen Auswirkungen auf Sparer, Lebensversicherungen, Stiftungen, Pensionsfonds, Altersvorsorge. Selbst das Geschäftsmodell der viel gescholtenen Banken wankt. Auch, weil dem Willen der Notenbanken (mehr Kreditvergabe) die Gesetze aus Brüssel (Basel 1,2,3) entgegenstehen. So floss die Geldflut nicht in die Realwirtschaft, sondern in die Finanzwirtschaft. Aber dort findet schlechter Kapitalismus statt (IWF: Deutsche Bank AG eine der gefährlichsten Banken der Welt). Bei Profit sind nur wenige begünstigt. Für Verluste haften Anleger und Steuerzahler.

Der Privatanleger ist jetzt in dem Dilemma, entweder sein Kapital über die Kaufkraftentwertung langsam zu verlieren oder sein Geld entgegen seiner Risikoeinstellung volatil anzulegen. Besonders der globale Derivatemarkt mit einem unfassbaren Volumen von etwa 750 Bill. könnte selbst bei gut gemeinten Entscheidungen der Eliten ungeahnte Schwankungen auslösen, bis hin zum System-Crash. Wer auch noch über Helikoptergeld oder Bargeldverbot nachdenkt sollte wissen, dass unser Geldsystem nur so lange funktioniert, so lange der Glaube an die Einlösung der vielen bunten Geldscheine noch existiert.

Als Haarspalterei erscheint heute die Aussage, der Kunde hat kein Guthaben bei seiner Bank, sondern er gibt ihr Kredit. Aber vielleicht werden so die möglichen Auswirkungen der „Bail-in-Gesetze“ dem Anleger etwas klarer. Der Kunde haftet mit seinem Guthaben für seine Bank und muss für diese Risikoübernahme auch noch Zinsen zahlen. Über drei Bill. Kundeneinlagen stehen dann im Feuer. Die Politik der heutigen Entscheidungsträger stellt also eine reale Gefahr für das Geldvermögen dar. Sie haben uns auch in eine Situation manövriert, in der die Umkehr von der Minuszinspolitik fast so risikoreich geworden ist, wie deren Fortführung.

Die bequemste Lösung erscheint die Inflationierung. Wir leben daher mit der Gefahr, dass die globale Notenbankpolitik irgendwann „Erfolg“ hat. So könnten zum Beispiel weiter steigende Rohstoffpreise ein Auslöser für steigende Inflation sein. Oder wenn das Vertrauen in „Geld“ verloren geht. Eine Begrenzung der Inflationsraten bei zwei Prozent wird sich als „Fata Morgana“ erweisen, da adäquate Zinserhöhungen zur Bekämpfung der Inflation zum Kollaps der Märkte und der Staatsfinanzen führen würden. Inflation ist wie ein Supertanker: langsam, schwer zu lenken, aber mal in Fahrt, noch schwerer zu stoppen. Ohne Bremsen (Zinserhöhungen) schon mal gar nicht.

Vor diesem Hintergrund erscheint eine ausgewogene, individuelle Diversifikation der Vermögen in Liquidität, selbstgenutzter Immobilie, Substanz- und Dividenden starker Aktien sowie Edelmetallen (auch physisch) die größte Chance zu haben, in diesem Umfeld einigermaßen zu bestehen.

Kolumne von Rolf Ehlhardt, Vermögensverwalter, I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim GmbH 

www.i-c-m-mannheim.de

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