Jüngere sparen zu wenig

16.07.2020

Die jüngere GnFoto: © contrastwerkstatt - fotolia.com

In Deutschland deutet sich ein Generationenkonflikt an. Dies zeigt eine repräsentative Studie im Auftrag der Fondsgesellschaft Columbia Threadneedle Investments. Demnach bauen jüngere Menschen hierzulande zu sehr darauf, sich ihre finanzielle Situation durch eine Erbschaft oder Schenkung aufbessern zu lassen. Selbst zu sparen steht bei Ihnen weniger hoch im Kurs als bei älteren Generationen, während Lebensgenuss und Konsum Priorität haben. Gleichzeitig rechnet jedoch ein großer Teil der Älteren damit, ihren Nachkommen keine finanziellen Mittel zu hinterlassen. Zudem gehen die Befragten sogar davon aus, dass Rentner künftig vermehrt auf finanzielle Unterstützung ihrer Nachkommen angewiesen sein werden. Ein weiterer kritischer Aspekt: Junge Menschen in Deutschland suchen finanziellen Rat vor allem bei ihren Eltern – obwohl sie mit einem Umfeld konfrontiert sind, mit dem ihre Eltern kaum Erfahrung haben. In diesem Punkt deutet sich eine positive Wendung an, weil die Jüngeren im Vergleich zu den Älteren zunehmend professionelle Finanzberatung nutzen.

Lebensgenuss wichtiger als Vorsorge

40 Prozent der sogenannten Millennials in Deutschland (Geburtsjahrgänge 1980 bis 2000) wären eigenen Angaben zufolge schwer getroffen, sollten sie keine größere finanzielle Zuwendung wie etwa eine Erbschaft oder Schenkung erhalten. Damit liegt der Anteil in dieser Generation deutlich höher als unter den Baby Boomern der Geburtsjahrgänge 1947 bis 1965 (23 Prozent) und in der Generation X der Jahrgänge 1966 bis 1979 (27 Prozent).

  • Dass Millennials bei ihrer finanziellen Vorsorge eher auf Zuwendungen von außen setzen, als selbst zu sparen, unterstreicht auch ein weiteres Umfrageergebnis: Die Hälfte (50 Prozent) der jungen Generation gibt als finanzielle Priorität an, „das meiste aus dem Leben zu machen“. Zudem ist es jedem Dritten (33 Prozent) in dieser Generation wichtiger, durch Konsum greifbaren Besitz zu erwerben, statt ein finanzielles Vermögen aufzubauen.
  • Allerdings könnte die Corona-Krise hier ein Umdenken bewirken, wie eine ergänzende Sondererhebung im Rahmen der Studie nahelegt. Demnach bedauern 71 Prozent der 25- bis 34-Jährigen, wie sie ihre Finanzen vor der Krise organisiert hatten. Damit ist dieses Bedauern bei jungen Menschen ausgeprägter als in früheren Generationen.

Wer unterstützt denn nun wen finanziell?

  • Gleichzeitig erwarten jeweils rund zwei Drittel der Generation X (64 Prozent) und der Baby Boomer (65 Prozent) nicht, über ihre Lebenspartner hinaus noch weiteren Personen (wie zum Beispiel den eigenen Nachkommen) eine finanzielle Erbschaft zu hinterlassen.
  • Die Studienergebnisse zeigen zudem, dass es genau anders kommen könnte, sprich: dass die Jüngeren den Älteren künftig womöglich stärker unter die Arme greifen müssen. So gaben 37 Prozent der Befragten an, dass Rentner in Deutschland im Jahr 2050 vermehrt bei jüngeren Familienmitgliedern Unterschlupf finden werden. Und 29 Prozent gehen davon aus, dass Rentner im Jahr 2050 auf finanzielle Unterstützung durch ihre Kinder und Enkel angewiesen sein dürften.

Ratgeber ohne aktuelle Erfahrung

  • Erschwerend kommt der Umfrage zufolge hinzu, dass Millennials finanziellen Rat vor allem bei ihren Eltern suchen. 37 Prozent von ihnen gaben Mutter und Vater als wichtigste Ansprechpartner in Finanzfragen an. Dies ist problematisch, da das aktuelle Umfeld und vermutlich auch das künftige anders aussehen, als es die Elterngeneration aus der Vergangenheit kennt. Das betrifft gerade auch das staatliche Rentensystem.
  • Doch setzt sich die Einsicht durch, dass künftige Generationen ganz andere Herausforderungen vorfinden werden. So meint sowohl unter den Rentnern (48 Prozent) als auch unter den Nicht-Rentnern (52 Prozent) jeweils etwa die Hälfte, dass die jüngeren Generationen mit weitaus schlechteren finanziellen Bedingungen konfrontiert sind, als die älteren es früher waren. Speziell auch die Erwartungen an die staatliche Rente gehen zurück: Millennials erwarten, dass diese nur 28 Prozent ihrer gesamten Alterseinkünfte abdecken wird – deutlich weniger als in der Generation X (40 Prozent) und unter den Baby Boomern (44 Prozent).

Professionelle Finanzberatung zunehmend gefragt

Ein Silberstreif am Horizont ist in diesem Zusammenhang, dass die Deutschen offener für professionelle Finanzberatung werden. Jüngere Menschen tendierten bereits vor der Corona-Krise dazu: So gaben 14 Prozent der Millennials in der Studie an, regelmäßig Dienstleistungen eines professionellen Finanzberaters zu nutzen. Damit bleibt zwar nach wie vor viel Luft nach oben. Im Vergleich zu früheren Generationen ist jedoch ein Anstieg der Quote erkennbar: In der Generation X liegt der entsprechende Anteil mit 6 Prozent nicht einmal halb so hoch, unter den Baby Boomern macht er sogar nur 4 Prozent aus.

  • Vermehrter professioneller Rat ist generationenübergreifend nützlich, um das Spar- und Anlageverhalten der Deutschen zu optimieren. Laut der Studie hält gut jeder zweite Befragte Sparen für die beste Methode, um seine langfristigen finanziellen Ziele zu erreichen. Über Geldanlagen an den Kapitalmärkten denkt nur rund jeder Dritte so. Selbst in den Anlageportfolios – sofern vorhanden – haben entsprechende Barmittel einen hohen Anteil, wie die Umfrageergebnisse zeigen. Dagegen machen Aktien im Schnitt nur etwa ein Viertel des Portfolios aus, obwohl sie deutlich interessantere Renditechancen bieten.

Florian Uleer, Country Head Deutschland bei Columbia Threadneedle Investments, kommentiert die Ergebnisse wie folgt: „Dass das Thema Vermögensaufbau und Altersvorsorge jüngeren Menschen abstrakt erscheint, ist verständlich. Objektiv betrachtet ist es jedoch irrational. Denn zum einen schwindet das Vertrauen in das staatliche Gesundheits- und Sozialsystem auch unter den Jüngeren. Zum anderen lohnt es sich, möglichst früh mit privater Vorsorge zu beginnen. Denn je länger der Anlagehorizont, desto weniger fallen Kursschwankungen wie während der Corona-Krise ins Gewicht, und desto höher ist die Chance auf eine positive Wertentwicklung. Hinzu kommt, dass Aktien im Anlagemix zunehmend an Bedeutung gewinnen. Denn mit Sparbüchern und Anleihen allein lassen sich früher übliche Renditen nicht mehr erzielen. Insofern ist es folgerichtig, dass Millennials und im Zuge der Krise auch Anleger generell eher dazu tendieren, professionelle Finanzberatung zu nutzen. Schließlich können Finanzberater Mythen rund um das Thema Geldanlage aufklären, finanzielle Ziele bestimmen helfen und Lösungen aufzeigen, um diese zu erreichen. Die Corona-Krise könnte sich im Hinblick auf das Spar- und Anlageverhalten der Deutschen also als positiver Katalysator erweisen. Aktives Portfoliomanagement ist im Zusammenhang mit langfristiger finanzieller Vorsorge aus unserer Sicht entscheidend. Denn erfahrene Fondsmanager können aktuelle Kapitalmarktentwicklungen einordnen und Portfolios entsprechend aufstellen – eine Voraussetzung für langfristigen Vermögensaufbau.“ (ah)