Da geht die Post ab

12.06.2016

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Der Kampf „Aktiv gegen Passiv“ ist nicht mehr neu. Im Wettstreit um Investorengelder haben es aktiv gemanagte Fonds mittlerweile alles andere als einfach. Die Konkurrenz in Form von passiven Exchange Traded Funds lebt – und wie.

Man jagt von einem Rekord zum Nächsten. Auch Vermögensverwalter setzen immer mehr diese börsennotierten Indexfonds bei ihrer Portfolioallokation ein. Und Ideenreichtum ist ihr zweiter Vorname. Wann schlägt der Fondsmanager den Index? Ist er dabei sogar Wiederholungstäter, oder glückt ihm das nur einmal? Seit Exchange Traded Funds (ETFs) in Europa zum Vertrieb zugelassen sind, machen sie den aktiven Fondsmanagern zunehmend das Leben schwer. Nicht zuletzt sind es die scheinbar unschlagbaren Argumente, die den ETF-Boom beflügelt haben. „Ein attraktives Preis-Leistungs-Verhältnis, vorhandene Liquidität und die Transparenz des Produktes. Auch deshalb setzen wir sie schon seit geraumer Zeit in der Portfolioallokation ein. Die Vielzahl an emittierten Produkten ermöglicht eine breite und vergleichsweise einfache Diversifikation des Vermögens. Allerdings müssen wir auch bei ETFs in die detaillierte Analyse einsteigen, insofern gibt es keinen Freifahrtschein für dieses Anlagevehikel in der Allokation“, erläutert Jan Meister, Geschäftsführer Meritum Capital Managers GmbH.

Steigende Handelsvolumina

Mittlerweile gibt es nach dem europäischen ETF-Start im Jahr 2000 hierzulande mehr als 1.000 solcher börsengehandelten Indexfonds. Noch befinden sie sich im direkten Wettstreit mit den aktiven Fonds zahlenmäßig klar in der Minderheit, und auch die Summe der verwalteten Vermögen ist vergleichsweise gering. So lag das ETF-Fondsvermögen am Ende des 1. Handelsjahres bei knapp 500 Mio. Euro (Dezember 2000), im März 2016 jedoch konnte sich die Branche weiter über steigende Volumen freuen. Insgesamt stiegen die verwalteten Vermögen in diesem März auf 437 Mrd. Euro. Der Zuwachs von knapp 9 Mrd. Euro seit Jahresanfang war dabei hauptsächlich auf die Entwicklung der Märkte zurückzuführen, während der Neuabsatz von börsengehandelten Indexfonds ca. 4 Mrd. Euro betrug. Insbesondere Schwellenländer- und Unternehmensanleihen-ETFs hatten zuletzt weiterhin von der Erholung der Rohstoffpreise und der generösen Geldpolitik in weiten Teilen dieser Welt profitieren können. Sascha Specketer, Managing Director Head of Germany, Austria & Eastern Europe bei Source ETF, sagt: “Seit Beginn des Jahres sehen wir eine starke Nachfrage nach Gold ETFs zur Absicherung von stark schwankenden Aktienmärkten. Ferner glauben wir, dass Renten-ETFs ein großes Aufholpotenzial zu Aktien ETFs haben. Derzeit sind in diese nur 27 % des in ETFs verwalteten Vermögens von insgesamt 430 Mrd. Euro in Europa investiert. Wir selber setzen derzeit auf das Hochzins-Segment mit kurzer Durations-Laufzeit. Das Hochzins-Segment weist derzeit eine erwartete Rendite bis zum Laufzeitende der Bonds von 7,5 % auf.“

Gegenläufige Trends

In der Gunst der Investoren sind Aktien-ETFs, die in den zurückliegenden Jahren verstärkt für das starke Wachstum der Branche verantwortlich waren, rückläufig. Laut Lyxor Asset Management, dem drittgrößten europäischen Anbieter von passiven Indexfonds, ist es bei Aktien-ETFs seit Jahresbeginn zu Rückflüssen gekommen. Insgesamt würden sich diese seit Januar auf 5 Mrd. Euro summieren. Vor allem europäische und asiatische Aktien-ETFs seien von diesen Rückflüssen betroffen gewesen, da einerseits die Volatilität weiter hoch sei und zudem noch kein Anstieg der Inflation zu beobachten sei, so Lyxor. Auf der anderen Seite gibt es satte Zuflüsse. „In Bezug auf US-Aktien denken Investoren kurzfristig wieder positiver. So flossen in entsprechende ETPs unter dem Strich 11,5 Mrd. US-Dollar, womit die starke Nachfrage vom März anhält“, kommentierte kürzlich Ursula Marchioni, Chef-Strategin in der Region Europa, Naher Osten und Afrika (EMEA) für iShares bei BlackRock die aktuellen Zahlen. Dessen ungeachtet steigen Produktvielfalt und -ideen. Auch sog. Weiterentwicklungen der Branche, Stichwort: Smart Beta, bedürfen jedoch eines differenzierten Blicks. Berater könnten verwirrt werden, zumal jeder Anbieter darunter etwas anderes versteht. Eine eindeutige Begriffsklarheit wäre in diesem Fall von Nöten. „In Europa sind bereits knapp 100 Mrd. Euro in solche ETFs (Smart Beta ETFs) investiert und machen somit bereits einen Anteil von 23 % aus“, stellt Specketer mit Blick auf die Marktentwicklung fest.

Nutzenstiftende Musterportfolien

Daneben ist es für den Berater wichtig, dass er den Index genauestens kennt, den ein ETF abbildet. Hierzu haben die Emittenten eine ganze Palette von Informationsangeboten/Leitfäden für Berater entwickelt. Zudem sollte dieser wissen, wie er ganz konkret ETFs in der Portfolioallokation einsetzen kann. Kerninvestment oder Beimischung? Insbesondere die Musterportfolien auf ETF-Basis für den Vermögensaufbau, wie sie von den Anbietern in Zusammenarbeit mit einigen Pools erarbeitet werden, können vor diesem Hintergrund nutzenstiftende Tools sein. BlackRock bietet beispielsweise schon seit über 2 Jahren in Zusammenarbeit mit Online-Banken oder Berater-Pools ETF-Musterportfolios an. Dass die Entwicklung voranschreitet, Passiv und Aktiv sich nicht gänzlich trennen lassen, zeigt auch ein neues Angebot aus dem Hause Commerzbank. Deren ETF-Tochter ComStage lancierte kürzlich den Vermögensstrategie ETF, eine Art Komplettlösung für Investoren. Das Multi-Asset-Portfolio besteht aus 60 % Aktien, 30 % Anleihen und 10 % Rohstoffen. Investiert wird in 10 unterschiedliche ComStage-ETFs. Im laufenden Jahr sind es Rohstoff-ETFs, die in ihrer Wertentwicklung hervorstechen. So liegt der ComStage NYSE Arca Gold BUGS UCITS ETF in der Rangliste ganz weit oben. Der NYSE Arca Gold BUGS Index setzt sich dabei aus Unternehmen aus dem Goldabbau zusammen. Der Index bildet kurzfristige Kursbewegungen des Goldpreises ab, indem Unternehmen in den Index aufgenommen werden, die ihre Goldproduktion nicht über einen Zeitraum von mehr als eineinhalb Jahren absichern. Der volumenmäßig größere iShares Gold Producers UCITS ETF schafft im laufenden Jahr ebenfalls eine satte Performance von über 60 %. Mit Abstand kommen dann beispielsweise auf den brasilianischen Index Bovespa basierende Exchange Traded Funds, wie der Lyxor Brazil (IBOVESPA) UCITS ETF. Allerdings sollte sowohl bei den Gold-ETFs als auch Schwellenländer-ETFs nicht unerwähnt bleiben, dass deren Wertentwicklung in 2014/2015 eindeutig im roten Bereich war. (hsd) Fazit ETFs sind längst im Investmentuniversum angekommen. Die Auswahl an ETFs ist mittlerweile riesig, so dass sich in so gut wie jedes Segment investieren lässt. Die meisten ETFs bilden Aktienindizes ab, daneben gibt es aber auch zahlreiche Renten- und einige Rohstoff-ETFs. Letztere sind im Aufwind. Auch das Thema Nachhaltigkeit wird gespielt. Da sich ein ETF immer so wie der zugrunde liegende Index entwickelt, ist er vergleichsweise starr. Aktive Fonds können per Definition beweglicher sein und umschichten. Das Kostenargument sticht natürlich und spielt ETF-Anbietern unter anderem in die Hände.   (Anlageuniversum ETF / finanzwelt 03/2016)