Optimistische Prognosen bedingt gerechtfertigt

03.01.2020

Dr. Jens Ehrhardt, Vorstandsvorsitzender DJE Kapital AG / Foto: © DJE Kapital AG

In Japan haben die Unternehmen für fast 5 Bio. Dollar flüssige Reserven, in den USA trotz dreimal so großer Volkswirtschaft nur 2 Bio. Dollar. Die Bilanzen japanischer Unternehmen sind wesentlich besser als die amerikanischer Unternehmen, die sehr viel Schulden aufgenommen haben (im laufenden Zyklus ca. 5 Bio. Dollar), auch teilweise, um eigene Aktien zurückzukaufen. Japanische Aktien sind im historischen Vergleich ungewöhnlich preiswert und bei einem Wiedererstarken der chinesischen Wirtschaft dürfte der Export Richtung China, der schon in den letzten Jahren die japanischen Gewinne antrieb, wieder neu anziehen.

Auch europäische Aktien könnten 2020 überdurchschnittlich gut abschneiden. In den letzten zwei Jahren haben internationale Anleger Europa den Rücken gekehrt und für in noch nie dagewesenem Ausmaß Aktienfonds und Aktien-ETFs sowie Einzelaktien verkauft. Die Schwäche des Euros und die geringen Wachstumsraten, bedingt durch die (außer in Frankreich) rigide Sparpolitik nach den Maastricht-Grundsätzen, hat die europäische Konjunktur genauso gedämpft wie die verschlechterten Exporte als Folge des amerikanisch/chinesischen Handelskriegs. Würde Deutschland z. B. 5 % vom Bruttoinlandsprodukt jährlich neue Staatsschulden machen (wie dies die USA zurzeit tun), wäre das Wachstum wahrscheinlich deutlich höher als in den USA. Mit anderen Worten: Europa wurde zu negativ vom Ausland eingeschätzt. Hier könnte es eine Neubewertung geben. Kehrt nur ein Teil der Gelder wieder nach Europa zurück und würden die europäischen Anleger nicht nur allzu einseitig in amerikanischen Technologieaktien, sondern in preiswerten europäischen Dividendentiteln investiert sein, so könnte es sogar eine positive Überraschung in Deutschland 2020 geben.

Optimistische Prognosen sind allerdings nur dann gerechtfertigt, wenn Trump den Handelskrieg nicht wieder neu entfacht (im Wahljahr eher unwahrscheinlich) und wenn es in Deutschland nicht zu einer grün-rot-roten Koalition kommt. Anders als z. B. Ex-Kanzler Schröder, der eine langfristige Strategie hatte, in Deutschland Arbeitsplätze zu schaffen, dürfte eine absehbar mögliche Politik in Deutschland, ausgerichtet nach nicht-wirtschaftlichen Zielen, Rezession und Arbeitslosigkeit bringen. Deutschland als viertgrößte Wirtschaftsmacht der Welt könnte so auch negativen Einfluss auf die Weltbörsen nehmen. Käme es zu einem Comeback Europas, dürfte sich auch der Euro wieder erholen bzw. der Dollar abschwächen. Als Anleger sollte man die Goldanlage und besonders die relativ preiswerten Goldaktien nicht vergessen. Angesichts der zahlreichen potenziellen Krisen ist eine Rückversicherung mit Gold in Teilen des Depots sehr empfehlenswert. Gold sollte unter langfristigen Aspekten gekauft werden, da die Markttechnik kurzfristig eine übergekaufte Situation aufweist.

Dr. Jens Ehrhardt, Vorstandsvorsitzender DJE Kapital AG