Schneller, besser, einfacher

17.06.2021

Ortwin Spies von der degenia (li. oben), Henning Bohm von der Biometric Underwriting (li. unten), Jörg Schmidt von Care Concept (r. oben) und Carsten Möller von der Deutsche Assekuradeur (r. unten)

finanzwelt:  Es gab Dinge, die konnte man nur mit sehr, sehr viel Geld aufbauen. Seien es Vertriebsstrukturen oder das Durchrechnen von Tarifen. Was es auch immer ist, es wird jetzt revolutioniert durch die Technik. Ich glaube, dass das, was eben kurz im Raum stand, dass man verschiedene Produkte miteinander kombiniert, dass dadurch das Endprodukt, das der Kunde haben will, einfach durch Technik deutlich günstiger werden wird. Das war früher vielleicht schwieriger umzusetzen. Wenn man z. B. an ein Kombiprodukt denkt. Schmidt: Das stimmt. Vor 20 Jahren hat alles mit Großrechnern stattgefunden. Das konnte sich kein Assekuradeur leisten. Heute machen wir mehr auf einem iPhone oder iPad als damals auf einem Großrechner. Die Kosten für Digitalisierung spielen uns deutlich in die Karten. Wir sind auch in der Lage, uns anders aufzustellen. Wir haben eine eigene IT mit sieben Programmierern, die auch entsprechend die Anwendungsentwicklungen und die Onlinestrecken machen. Seit 1999 machen wir Online-Geschäft. Kostenvorteile kommen daher, dass wir in der Lage sind, vieles in die Dunkelverarbeitung zu geben. Wir haben eine teilautomatisierte Bearbeitung in der Leistung, die bei 45 % liegt. Da kommen entsprechend noch Kostenvorteile neben der Geschwindigkeit hinzu. Wir haben bei uns eine durchschnittliche Erstattung im Krankenbereich, die bei drei bis vier Tagen liegt. Wenn ich das in der Hochsaison beim Versicherer sehe, der das in der Reisesparte abwickelt, da warten die Leute trotz Technologisierung heute noch sechs bis acht Wochen auf die Erstattung. Von daher teile ich diese These, dass die Digitalisierung es uns als Kleine – im Vergleich – doch einfacher gemacht hat. Bohm: Ich habe gehört, in den USA gibt es schon eine Schadensabwicklung durch diese neue GPT-3-Technologie im Bereich Autoversicherung, die eine hundertprozentige Schadensabwicklung übernimmt. Möller: Ich möchte etwas zum Nachdenken geben. Wir sitzen hier und reden über das viele Geld, das die großen Finanzdienstleistungsunternehmen, Versicherungen etc. haben und reden über Digitalisierungs- und Transformationsprozesse. Die Unternehmen, die heute der Meinung sind, aus dem großen Konzern heraus, sie haben eine tolle digitale Welt für den Vertrieb aufgebaut, sind auf der anderen Seite die Unternehmen, die gerade ihre Betriebsrentner versuchen zurückzuholen, wenn sie EDV-Bezug haben, um mit ihren alten Bestandsführungssystemen überhaupt noch überleben zu können und auf eine neue Stufe zu kommen. Ich stelle mir die Frage: Wie passt denn das zusammen? Da habe ich den modernsten Digitalprozess. Dann kommen die Sachen über den Digitalprozess in den alten Host. Dann sitzen da 73-jährige Experten, die geholt werden, um diesen Host überhaupt am Leben zu erhalten. Das hat für mich nichts mit Fortschritt zu tun. Da baust du vorn etwas an und hinten fliegt dir alles irgendwann um die Ohren. Das ist die Situation bei vielen Gesellschaften. Das ist schrecklich. Und da reden wir über Digitalisierung und Transformation? Bohm: In der Baufi-Welt war in den letzten drei Jahren eine sensationelle Entwicklung. Vor fünf Jahren habe ich unter 10 % meiner Anträge digital eingereicht bei den Banken. Heute sind wir bei 99 %. Da hat sich richtig viel getan. Allerdings auch da: Die Banken, die dann die Daten bekommen – wie die damit umgehen? Da gibt es Banken, die drucken es nochmal aus. Möller: Es gibt auch Vorstände bei Versicherern, die sich die Mails ausdrucken lassen.

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