Nicht den Draht zum Kunden verlieren

21.10.2019

Harald Seliger, Jan Wendt, Stefan Hedrich (v.l.n.r.) im Gespräch / Fotos: © finanzwelt

finanzwelt: Viel Geschäft wird über Online-Plattformen abgewickelt. Verliert der Makler nicht dadurch den Draht zu seinen Kunden? Hedrich: Wenn es der Makler richtig gut macht, dann verliert er nicht den Draht zu seinem Kunden. Seliger: Wir sehen in den letzten Jahren verstärkt, dass Kunden wieder in den personengestützten Vertrieb kommen, ob Ausschließlichkeit oder Makler. Das sind überwiegend die Kunden, die Stress gehabt haben, z. B.eine falsche Police, die Rechnung stimmt nicht mit dem Angebot überein, oder wenn es um die Schadensabwicklung geht und das nicht richtig passte. Dann kommen die Leute eben wieder zurück. Ich glaube, da liegt die Chance für den personenbezogenen Vertrieb. Das zeigen ja auch die GDV-Zahlen, dass sich da was tut. Wendt: Wir stellen unseren Maklern Onlinevergleichsrechner zur Verfügung, damit der Makler nicht seinen Draht zum Kunden verliert. Der Makler muss einfach schauen, wie der Kunde mit ihm kommunizieren möchte. Nicht bei jedem Termin muss der Makler beim Kunden am Wohnzimmertisch sitzen. Das will der Kunde gar nicht mehr. Der Kunde möchte vielleicht erstmal online schauen, erstmal in der App was gucken. Dann erst kommt der Makler ins Spiel. Wenn der Makler den Kunden da auf dem Laufenden hält, da hält er auch den Draht zu seinem Kunden. Das wollen wir mit dem Angebot erreichen. Hedrich: Wir haben Erfahrungen mit Maklern in unserem Stammgebiet im Südwesten gemacht, da ist die Abschlussquote relativ hoch. Die Kunden informieren sich und wollen informiert werden. Wenn die Informationen vom Makler kommen, dann hat der Makler den Kontakt und verdient auch seine Courtage. Wendt: Ob letztlich der Kunde oder der Makler entscheidet, welcher Tarif gewählt wird, hängt davon ab, wie eng der Kontakt zwischen Makler und Kunde ist. Seliger: Bei der KRAVAG arbeiten wir über viele Jahre im mittelpreisigen Segment mit vielen Maklern, die ihre Tarife über Leistung verkaufen. Wir haben bei der KRAVAG auch einige Produkte, die ein paar Euro mehr kosten, wo man aber den Kunden mit Leistung überzeugen kann. Seit dem 01. 07. haben wir ein neues Produkt „fahr mit“ für junge Fahrer auf den Markt ge-bracht, die das Auto ihrer Eltern nutzen. Meiner Meinung nach ist das ein starkes Kundenbindungsinstrument und damit für den Makler wirklich interessant, weil der Kunde nicht so schnell weder vom Makler oder dem Tarif weggeht.

finanzwelt: Ein Trend seit einigen Jah-ren scheinen viele Telematik-Tarife zu sein. Ist das die Zukunft? Hedrich: Bei uns im Haus haben wir einen Telematik-Tarif. Die Nachfrage nach dem Tarif ist nicht nennenswert. Ich befürchte, dass wir als Versicherer in zehn Jahren etwa „nur“ Risikoträger sein werden. Der Fahrzeughersteller hat die Datenhoheit. Bei uns könnte es deswegen irgendwann so sein wie z. B. heute schon in China: Da rollt das Auto versichert vom Hof des Händlers, da spricht kein Mensch mehr über die Autoversicherung. Diese ist automatisch im Gesamtpaket integriert. Seliger: Wir haben vor vielen Jahren mit einer Box angefangen und diese bei mehr als 1.200 Mitarbeitern installiert. Wir haben festgestellt, dass die Mitarbeiter von ihrem Fahrverhalten die Box nach zwei bis drei Wochen vollkommen vergessen haben. Junge Leute sollen mit der Box dazu angehalten werden, vorsichtiger zu fahren. Aber ich sehe da keinen erzieherischen Effekt. Ob das Thema Routenplanung oder Fahrerscorewert die Menschen anspricht oder ihren Ehrgeiz weckt, das kann ich nicht beurteilen. Aber wenn jedes Auto einen Bremsassistenten hat, wird das die Telematik komplett ablösen.