Kunstkauf: In diese Werke sollten Sie jetzt investieren
12.05.2022
Kunstmarktexpertin Ruth Polleit Riechert / Foto: © Anne Simon
finanzwelt: Ist es also eine gute Idee in Kunst zu investieren, um die Inflation zu kontern? Polleit Riechert: Kunst kann ein Mittel sein. Es eignen sich aber nur ganz wenige Werke als Anlageobjekte. Vor einem Kauf gilt es daher, sich genau zu überlegen, was die Zielsetzung des Investments ist. Darauf aufbauend wird dann entschieden, welches Werk man kauft und zu welchem Preis. Als Inflationsschutz eignen sich in erster Linie Klassiker von bekannten Künstlern. Sie lassen sich in der Regel mit Wertsteigerung verkaufen.
finanzwelt: Welche Werke sind ein gutes Investment? Polleit Riechert: In der Regel ist es so, dass sich Unikate sehr gut eignen. Sie sollten von den 100 umsatzstärksten Künstlern stammen. Auflagenkunst, sprich Grafiken, Drucke oder Editionen, die in einer bestimmten Auflagenhöhe produziert werden, eignen sich weniger. Ausnahmen sind Warhol und Banksy. Bei ihnen entwickeln sich auch die Editionen gut. Als Richtlinien für ein gutes Investment habe ich eine Methode entwickelt, die sich an den Regeln von Investorenlegende Warren Buffett orientiert. Die Methode stelle ich erstmals in meinem Buch „Kunst kaufen“ vor.
finanzwelt: Sind junge Künstler zu empfehlen? Polleit Riechert: Jedem, der mit kleineren Summen anfangen möchte und sich noch nicht gut auskennt, empfehle ich, sich mit jungen Künstlern zu beschäftigen. Man muss aber wissen, dass sich Nachwuchskünstler unterschiedlich entwickeln können. Insofern handelt es sich hierbei eher um Spekulation. Man steigt zwar niedrig ein, hat aber keine Sicherheit, dass das Werk zum Einkaufspreis oder gar teurer verkauft werden kann. Das Werk sollte einem also unbedingt gefallen. Bei der Auswahl hilft zudem, wenn die Künstler eine namhafte Akademie besucht haben, bereits eine eigene Bildsprache entwickelt und international ausgestellt haben.
finanzwelt: Wie erkennt man „gute Kunst“, die sich als Geldanlage eignet? Gibt es bestimmte Kriterien, um sich auf dem Markt zu orientieren? Polleit Riechert: Eine ganze Reihe von Kriterien zum Kunstwerk und zur Persönlichkeit des Künstlers als auch das gesamte Werk tragen zur Qualität eines einzelnen Objektes bei. Allgemeingültige Kriterien für gute Kunst gibt es nicht, der Kriterienkatalog variiert von Fall zu Fall. Dies unterscheidet den Kunstmarkt derzeit noch von anderen Branchen, wo der Käufer mitbestimmt, ob das Produkt in der Praxis erfolgreich wird oder nicht – etwa bei Filmen oder Musik. Kunstwerke mussten bislang diesem allgemeinen Publikums- oder Praxistest nicht standhalten, weil das Werk eines zeitgenössischen Künstlers zunächst nur einigen wenigen Entscheidern zusagen muss, bevor es der Öffentlichkeit präsentiert wird. Das Internet schafft neue Möglichkeiten für zeitgenössische Künstler, ihre Werke dem Publikum zu präsentieren und es direkt über deren Qualität entscheiden zu lassen. Die Vorauswahl durch Galerien entfällt in einigen Teilen. Unabhängig davon zeigt sich erst über einen langen Zeitraum, welche Werke den Betrachter nach wie vor faszinieren und somit zeitlose Qualität belegen und ihren immateriellen und materiellen Wert erhalten. Käufer sollten sich bestenfalls selbst ein geschultes Auge und das nötige Wissen erarbeiten.
finanzwelt: Wie kann ich mir das aneignen? Polleit Riechert: Das ist für Laien mit viel Zeit verbunden und kann eine lebenslange Beschäftigung werden. Ich empfehle zunächst, sich ganz viel anzuschauen: online, in Ausstellungen oder Büchern. Es gibt auch die Möglichkeit, an Kunsthochschulen und in Ateliers zu gehen und sich mit Künstlern auszutauschen. Wer beim Kauf ganz sichergehen will, sollte sich von einem unabhängigen Experten beraten lassen.
Weitere Informationen zur Kunstmarktexpertin Ruth Polleit Riechert finden Sie hier. (lb)