Herausforderungen für Retailbanken und Family Offices

18.05.2020

Frieder Olfe / Foto: © imug rating

Aber auch die Nachfrage nach Nachhaltigkeitsprodukten steigt stetig. Eine UBS-Studie stellte 2018 fest: 56 % der deutschen Privatanleger gehen davon aus, dass sich nachhaltige Geldanlagen in den nächsten zehn Jahren zum neuen Standard entwickeln werden.  Für das Thema interessierten sich bereits 44 % der Anleger, die bisher nicht in nachhaltige Finanzprodukte investieren – Tendenz steigend. Ein starker Treiber dieses Trends sticht heraus: jüngere Anleger fragen bereits heute weit häufiger nachhaltige Anlagen nach, als ältere Generationen dies tun. So ist es auch nicht verwunderlich, dass insbesondere nachhaltige Banken wie die GLS Bank, Umweltbank oder Ethikbank, die Nachhaltigkeit quasi in ihrem Geschäftsmodell verankert haben, sehr starke Zuwächse von jungen Kundengruppen verzeichnen.

Standardisierte Angebotsregeln treffen auf differenzierte Nachfrage

Die politischen Bemühungen, allgemeingültige Mindeststandards für nachhaltige Finanzprodukte zu definieren, stehen einer großen Vielfalt an individuellen Nachhaltigkeits-Ansätzen gegenüber. Allein beim Thema fossile Energien wird die Komplexität von „Nachhaltigkeit“ deutlich: Ist eine Anlagestrategie „nachhaltig“, wenn die Finanzierung von Öl-Förderunternehmen ausgeschlossen ist, oder nur, wenn auch Zuliefererfirmen ausgeschlossen werden? Oder ist ein wahres, zukunftsorientiertes Investment vielmehr ein solches, dass die Energieversorger bei der Energiewende unterstützt? Die Erfahrungen verschiedener Generationen machen den Versuch, einen gemeinsamen Nenner zu finden umso schwerer. Während für die erste Generation nachhaltiger Investoren unter den Eindrücken von Tschernobyl beispielsweise noch Atomkraft das wichtigste Ausschlusskriterium war, spricht Fridays for Future öffentlich vor allem den Ausstieg aus klimaschädlicher Kohle an. Die zugrundeliegenden Wertevorstellungen können zu vollkommen unterschiedlichen Investmententscheidungen führen und beide finden aktuell Einzug in nachhaltige Geldanlagen.

Das Beispiel verdeutlicht, dass nicht nur granulare Nachhaltigkeitsdaten erhoben und zugänglich gemacht werden müssen. Mindestens genauso wichtig ist die entsprechende Einordnung solcher Themen durch Produktentwickler, Portfolio Manager, Finanzberater wie auch Endkunden. Auch wenn EU-Verordnungen helfen werden, das Thema „Nachhaltigkeit“ zu definieren, bleiben diese Richtlinien zunächst auf die Dimension des Klimawandels beschränkt. Um ethisch-moralische Fragen innerhalb des Themenfeldes Klimawandel und darüber hinaus zu lösen, bedarf es daher Nachhaltigkeits-Know-Hows bei Finanzinstituten. Eine oftmals unterschätzte Aufgabe einer Nachhaltigkeitsrating-Agentur ist daher die Beratung, eine gewünschtes Strategie zu definieren und diese mit der richtigen Anwendung der erhobenen ESG-Daten zu erreichen.

Welche Herausforderungen bestehen, lesen Sie auf Seite 3