Das sind die Erfolgsfaktoren erfolgreicher Ökosysteme
22.07.2019
Foto: © Digital Insurance Agenda
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Foto: © Digital Insurance Agenda[/caption]
Kunden interessieren sich hauptsächlich für das Fahrzeug, und nicht die Versicherung. Sie interessieren sich für ein schönes Zuhause, aber nicht die Immobilienhypothek oder die Gebäudeversicherung. In dem Tesla-Beispiel könnte die Versicherung unsichtbar werden. Wie sollten sich Versicherungsunternehmen in den Kontext integrieren? Welche spezifischen Plattformen oder Ökosysteme werden in der Versicherungsindustrie zukünftig eine wichtige Rolle spielen?
Reza: “Mobilität und Wohnen sind die Ökosysteme, in die die Geschäftsmodelle von Versicherungsunternehmen logischerweise expandieren sollten. Die Wettbewerbsrealität – nehmen wir das Beispiel von Tesla – macht alle Ökosysteme jedoch zu einer gewaltigen Herausforderung. Mir persönlich gefällt besonders das Ökosystem Gesundheit. Ich glaube, dass wir noch ein gutes Ökosystem erleben werden, das das Beste der Finanzindustrie und der medizinischen Wissenschaften kombiniert und das Leben der Menschen, ihre Krankenversicherung und ihre Vorsorge- und Behandlungserfahrung verbessert. Die meisten wissenschaftlichen und Ökosystem-bezogenen Bausteine sind bereits vorhanden. Vielleicht wird ein entsprechender Vorstoß von Technologiekonzernen wie Apple, Amazon und Google in diesen Bereich diese Vision irgendwann Wirklichkeit werden lassen. Versicherungsunternehmen können jedoch heute schon damit beginnen, aufzuholen und für gleiche Voraussetzungen zu sorgen.
Auf der einen Seite geht es beim Aufbau von Ökosystemen darum, den Fokus upstream zu lenken – soll heißen, auf neue Wege der Kundenansprache, die Entwicklung neuer Methoden zur Erzeugung von Kundenengagement sowie neue Wege, Kunden und ihre Bedürfnisse besser zu verstehen und auf Basis dieser Erkenntnisse neue Wertangebote zu entwickeln. Auf der anderen Seite muss der Fokus aber auch downstream gerichtet werden.
Reza: “Manchmal muss man sich näher am Kunden bewegen, und manchmal muss man stärker auf die Schadensabwicklung fokussieren. Der Cyberspace ist ein gutes Beispiel. Das ist ein neues Risiko, die Cyberlandschaft verändert sich in einem rasanten Tempo und es gibt nicht genügend aggregierte Marktdaten. In einer solchen Situation erweisen sich die traditionellen Versicherungsangebote unter Umständen als suboptimal. Aus diesem Grund haben wir eine Partnerschaft mit DarkTrace, einem Unternehmen aus dem Bereich KI-Cyber-Defense, angekündigt. Solche Allianzen würden uns in die Lage versetzen, uns in der Wertschöpfungskette upstream in Richtung Prävention zu bewegen, indem wir Diagnosen zur Schutzbereitschaft und Gefahrenabwehr erstellen und Empfehlungen zur Prävention aussprechen könnten. Wir wären aber auch in der Lage, uns downstream zu bewegen und im Falle einer Cyberattacke konkrete Maßnahmen und Unterstützung zur Schadensbehebung anzubieten.”
Eine der InsurTech-Firmen, die wir auf der DIA Amsterdam vorgestellt haben, war Black Insurance aus Estland. Black ermöglicht Versicherungsagenten, Maklern und Generalagenten, ihre eigenen Versicherungsprodukte zu kreieren und schnell auf den Markt zu bringen. Die beinahe einhellige Meinung lautet, dass das Kostenniveau der Wertschöpfungskette von Versicherungen viel zu hoch ist. Zwar kann operative Exzellenz dieses Problem bis zu einem gewissen Grad lindern, der Schlüssel für eine dramatische Kostensenkung liegt aber in der Innovation des zugrundeliegenden Geschäftsmodells – und genau darum geht es bei Black. Black denkt die gesamte Wertschöpfungskette neu und bringt sie mit Blockchain zusammen. Sie haben erwähnt, dass Sie von Black ziemlich beeindruckt waren.
Reza: “Die Plattform war sehr durchdacht, das war wirklich beeindruckend. Wenn Experten und Versicherer den gesamten Wert der Versicherung end-to-end betrachten – also vom Kapitalmarkt bis zur letztendlichen Kundenerfahrung –, wirkt das Ganze bisweilen so komplex, dass niemand es überhaupt wagt, daran zu rühren. Wenn man jedoch zu der grundlegenden Frage zurückkehrt, was die Aufgabe eines Versicherungsunternehmens ist und auf welche Weise sie heute erfüllt wird, und sich fragt, ob man das vielleicht auch anders machen kann, denke ich, dass die Bausteine für das erforderliche Ökosystem bereits vorhanden sind. Eigentlich geht es darum, sich zu überlegen, wie sie sich so kombinieren lassen, dass Versicherer ihren Kunden eine neue Erfahrung bieten können. Wir sehen bereits Fälle, in denen das umgesetzt wird, und meiner Ansicht nach ist die Idee hinter Black Insurance wirklich ein ausgezeichnetes Beispiel.”
Black nutzt die Blockchain-Technologie für sein Ökosystem. Welche Technologien werden Ihrer Ansicht nach eine wichtige Rolle spielen, um das Potenzial von Ökosystemen bestmöglich auszuschöpfen?
Reza: “Auf jeden Fall Künstliche Intelligenz. KI wird zu einer Art digitalem Botschafter, zum Beispiel zwischen den Versicherungsunternehmen und ihren Mitarbeitern und Partnern, sowie den Versicherungskunden und Maklern. Sie kann jede Versicherungsschnittstelle einfacher und intelligenter gestalten. Auf der anderen Seite bedeutet das Wachstum von Ökosystemen eine zunehmende Zahl von Kontaktpunkten. Das resultiert in einem wachsenden Bedarf an maschinellem Lernen, das idealerweise mit dem richtigen UX-Design gepaart ist. Die Rolle von KI wird umso bedeutender, wenn man betrachtet, mit wem die Versicherungsunternehmen in diesem Ökosystem-Trend im Wettbewerb stehen Das sind die gigantischen Technologiekonzerne, deren größter Wettbewerbsvorteil auf dem Design und der Anwendung von KI-Systemen beruht, von denen die Nutzer profitieren.”
Wie wichtig InsurTechs für die Entwicklung von Plattformen und Ökosystemen sind, lesen Sie auf Seite 3