Nur Minderheit nutzt Chance auf Mehrwert am LV-Zweitmarkt

26.07.2022

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Das Stornovolumen in der Lebensversicherung ist im Jahr 2021 um 1,1 % auf 13,8 Mrd. Euro gestiegen (2020: 13,3 Mrd.), abgesehen vom Jahr 2020 der höchste Wert seit Verabschiedung des Lebensversicherungsreformgesetzes (LVRG) 2014. Laut dem GDV wurden 2,57 % der Verträge storniert (2020: 2,55 %). Die Stornoquote in Bezug auf den mittleren Bestand an laufenden Jahresprämien beträgt laut mehrerer Schätzungen 4,2 % (2020: 4,2%).

„Weder die Umstände während der Corona-Pandemie noch die Situation der Lebensversicherer selbst haben im Jahr 2021 einen Anlass dafür gegeben, dass sich Verbraucher verstärkt von ihren Policen trennen.“, erklärt Henning Kühl, Leitender Aktuar von Policen Direkt und Versicherungsmathematiker (DAV). „Das weiterhin hohe Stornovolumen und die gegenüber dem Vorjahr weitestgehend unveränderten Stornoquoten stehen dafür, dass es seit Jahren ein konstant hohes Bedürfnis gibt, Lebensversicherungspolicen zu verwerten beziehungsweise stillzulegen, um zeitweiligen oder längeren finanziellen Herausforderungen adäquat begegnen zu können. Hier kann der Zweitmarkt den Kunden flexiblere und attraktivere Alternativen bieten.“

Im Jahr 2021 ließen sich beim Verkauf am Zweitmarkt Mehrerlöse von rund vier % im Vergleich zur Kündigung erzielen, und es wurden Policen im Wert von etwa 200 Mio. Euro gehandelt. Aufgrund der gestiegenen Marktzinsen wird 2022 mit einem deutlichen Rückgang gerechnet. Zum einen qualifizieren sich aufgrund gestiegener Renditeanforderungen derzeit weniger Policen für ein Verkaufsangebot, zum anderen betragen die erzielbaren Vorteile bei einem Verkauf in der Regel nur noch ca. ein bis zwei Prozent.

Nichtsdestotrotz lohnt die Anfrage am Zweitmarkt auch weiterhin. So hat die Zeitschrift Finanztest in ihrer Juni-Ausgabe 2022 empfohlen, vor der Kündigung einer Lebensversicherung Angebote am Zweitmarkt einzuholen, da der Verkauf lukrativer als die Kündigung sein kann. Neben dem unmittelbaren finanziellen Vorteil kann der Verkauf oft schneller abgewickelt werden, und im Unterschied zur Kündigung bleibt nach dem Verkauf ein Rest-Todesfallschutz erhalten.

Auch für einen nur vorübergehenden Liquiditätsbedarf gibt es am Zweitmarkt vorteilhafte Angebote. Mittelfristige Engpässe lassen sich beispielsweise über Policendarlehen überbrücken, oft zu deutlich besseren Konditionen als von Versicherern angeboten werden. (hdm)