Brexit: Die Kugelmachung des Würfels

11.10.2019

Foto: © Sebastian Hoffmann - finanzwelt

Was ist der aktuelle Stand im Brexit-Chaos? Dieser Frage ist der britische Versicherer Standard Life in einer hochkarätig besetzten Veranstaltung in der britischen Botschaft in Berlin nachgegangen. Zwar hat Standard Life mit dem Politchaos nichts mehr zu tun, da das Unternehmen inzwischen eine Niederlassung in Irland hat. Doch worüber zerbrechen sich die Entscheidungsträger gerade die Köpfe? Und kommt der Brexit noch vor der Eröffnung des Berliner Flughafens BER?

Zunächst einmal stellen sie anscheinend ihren Fernseher ein. Das berichtet auf dem Event zumindest David McAllister (CDU) aus seiner niedersächsischen Heimat. Dort habe er vor nicht allzu langer Zeit mal in einer Kneipe gesessen und beobachtet, wie die Gäste über das TV-Programm für die Bar berieten. „Soll ich Champions League anmachen?“, fragte der Kneipier. „Nee, lieber britisches Parlament, ist spannender!“, soll ein Bar-Besucher geantwortet haben.

Zwischen Ungewissheit und lustigen Barbesuchen

Theoretisch sollte McAllister am 10. Oktober bei der Veranstaltung den brandneuen Stand, im besten Fall eine Entscheidung, zum Brexit verkünden. Schließlich rückt das anvisierte Austrittsdatum des 31. Oktober 2019 in greifbare Nähe. Doch als der Sohn deutscher und schottischer Eltern ans Rednerpult trat, erklärte er dem gespannten Publikum. „1205 Tage seit dem Referendum, 926 Tage seit dem Austrittsantrag, 21 Tage vor dem eigentlich vorgesehenen Brexit ist unklar, ob das Vereinigte Königreich (UK) überhaupt die Europäische Union verlässt; was für ein Austritt es wird; ob es ein Austrittsabkommen noch geben kann oder nicht; und wofür es im britischen Unterhaus eine Mehrheit geben könnte,“ so McAllister. „Also es ist gar nichts klar.“

Für ihn selbst wäre die Entscheidung sehr einfach: UK soll in der EU bleiben! Ihm falle kein einziger Grund für einen Austritt ein – und das, obwohl er sogar manche Abende mit dem Brexit-Vorreiter Nigel Farrage verbracht habe: „Wir teilen die gleiche Kneipe und er hat einen hohen Unterhaltungswert, so lang er nicht über Politik spricht.“ Diesen Wunsch schlägt ihm der stellvertretende Botschafter von UK in Deutschland, Robbie Bulloch, jedoch aus: „Die britische Regierung ist überzeugt, dass Großbritannien die EU zu diesem Zeitpunkt (31. Oktober 2019, Anm. d. Red.) verlassen muss.“ Denn, so gibt er zu bedenken: „Es sind mehr als drei Jahre vergangen, seitdem sich eine Mehrheit unserer Wähler für den Austritt entschieden hat. Diese Entscheidung müssen wir umsetzen.“

Warum der Brexit ausgerechnet am kleinsten Landesteil des Vereinigten Königreichs hängt, lesen Sie auf Seite 2