Vorteil Systemrelevanz

17.06.2020

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Schon seit Jahrzehnten tummelt sich die Hahn-Gruppe auf dem Markt und besetzt eine ganz spezielle Nische: Den großflächigen Einzelhandel. Er stellt im Zusammenhang mit der baurechtlichen Genehmigung bei der Ansiedlung eine eigenständige Kategorie dar, in die alle Betriebe ab 800 Quadratmeter Verkaufsfläche fallen. Die Grenze bei 800 Quadratmetern ist nicht willkürlich gewählt, sondern beruht auf der Überlegung, bestehende kleinteiligere Strukturen des Einzelhandels in den Innenstädten zu schützen. (So erklärt sich auch die begrenzte Flächen bei den Einzelhändlern, die im Zusammenhang mit Corona zuerst wieder ihre Geschäfte öffnen durften.) Aus diesem Grund genehmigen die Kommunen weitere zusammenhängende Flächen dieser Größe nur sehr restriktiv. Die Standorte des großflächigen Einzelhandels genießen daher einen hohen Schutz gegen die Ansiedlung von Wettbewerbern. Sie sind nicht beliebig vermehrbar und somit ein knappes Gut. Diese besondere Nachfrage belegt das aktuelle Angebot der Hahn-Gruppe. Anders als bei den Blind-Pool-Konzepten der Konkurrenz weiß der Anleger beim „Pluswertfonds 175“, was mit seinem Geld geschieht. Er beteiligt sich an einem riesigen Fachmarkt mit knapp 14.000 Quadratmetern Mietfläche in Langenfeld, nicht weit von Düsseldorf entfernt. Hauptmieter mit rund 90 % der Einnahmen ist Real, ein Unternehmen, das der russische Investor SCP kürzlich übernommen hat. Seitdem herrscht einigermaßen Unsicherheit, wie es mit der Supermarktkette weitergeht. Gibt das Kartellamt seinen Segen, gehen 88 Real-Märkte an Kaufland, weitere 53 Filialen an Edeka. Doch was tatsächlich mit den Supermärkten geschieht, kann den Anlegern des Pluswertfonds 175 letztlich egal sein, denn die Hahn-Gruppe hat bereits einen Vertrag mit Kaufland abgeschlossen für den Fall, dass Real ausfällt. Mit einem geplanten Eigenkapitalvolumen von rund 30 Mio. Euro ist der AIF deutlich größer als die vergangenen Angebote für private Investoren. Dennoch ist Hahn-Vorstand Thomas Kuhlmann zuversichtlich, die Anteile zügig zu platzieren. „Wir haben eine sehr hohe Wiederanlagequote, und unsere Vermittler haben bereits vor der Corona-Krise erste Gespräche mit ihren Kunden geführt“, sagt er. Will der potenzielle Anleger sein Geld in diesen Zeiten überhaupt langfristig binden, oder möchte er sein Kapital lieber trocken halten? „Der typische Investor bei uns hat viel Liquidität auf dem Konto und fürchtet eher, dass das Geld in absehbarer Zeit an Wert verliert“, so Kuhlmann.

Chancen mit Lebensmittelmärkten erwartet sich erstmals auch die Deutsche Investment KVG. Sie legt nach fünf Wohn- und einem Büroimmobilienfonds ihren ersten Fonds in der Assetklasse Food Retail auf. Bei dem „Deutsche Investment – Food Retail I“ handelt es sich um einen offenen Immobilien-Spezial-AIF mit einem geplanten Investitionsvolumen von 300 Mio. Euro. Die angestrebte Ausschüttungsrendite auf Gesamtfondsebene beträgt durchschnittlich 5,25 bis 5,50 % p. a. Als erstes Investitionsobjekt für den Fonds wurde ein Combi-Verbrauchermarkt in Neuenkirchen-Vörden in Niedersachsen mit einem Ankermieter der Bünting Gruppe in den Bestand übernommen. Weitere Ankäufe befinden sich in fortgeschrittenem Stadium und sollen in diesen Tagen beurkundet werden. Das Transaktions-, Asset- und Property Management übernimmt die DIR Deutsche Investment Retail GmbH. Geschäftsführerin Susanne Klaußner singt das bekannte Lied: „Der Lebensmitteleinzelhandel stellt aufgrund seiner langfristigen Mietverträge mit bonitätsstarken Mietern und stabilen Renditen ein attraktives und nachhaltiges Anlageprodukt für institutionelle Anleger dar.“ Besonders in der aktuellen Krisensituation zeige sich, dass die Versorgung der Bevölkerung durch den stationären Lebensmitteleinzelhandel in Deutschland eine zentrale Rolle spielt und sich im Vergleich zu anderen Einzelhandelssegmenten als deutlich robuster gegenüber der Konkurrenz durch den Online-Handel erweist. Oder anders ausgedrückt: Der Supermarkt ist systemrelevant.

Markus Gotzi, Chefredakteur „Der Fondsbrief“